Bei VulPro lebt seit einer Weile ein süßes Wollkopfgeier-Pärchen, das sehr verliebt ist. Die beiden haben sogar dieses Jahr erstmalig ein Ei gelegt, obwohl niemand sie je bei einer Kopulation beobachtet hatte. Leider entpuppte sich das Ei als unbefruchtet, aber es zeigte sich schnell, dass die beiden vermutlich tolle Geiereltern abgeben würden.
Als nun ein Weißrückengeier-Küken schlüpfen wollte, die Geiereltern aber keine Anstalten machten das Ei wieder anzunehmen, da traf Kerri die Entscheidung das Ei ins Nest der Wollkopfgeier zu legen, damit diese ihren Nachwuchswunsch ausleben könnten. Natürlich ist es eine riskante Sache, aber immerhin sind beide Geierarten Baumbrüter, so dass zumindest ihr Nistverhalten ähnlich ist.
Vorsichtig wird das Ei ins Nest der Wollkopfgeier gelegt. Das Küken hat bereits mit seinem kräftigen Eizahn die harte Eierschale durchbrochen. Jetzt muss es nur noch den restlichen Schlupf aus dem Ei schaffen.
Aus sicherer Entfernung beobachteten wir die beiden Wollkopfgeier, ob sie das fremde Ei annehmen würden. Leider passiert es nicht selten, dass Geiereltern von dem fiependen Ei irritiert sind und das Ei zerstören bzw. das Küken beim Schlupf töten und sogar fressen.
zunächst saßen beide Geiereltern im Nest, schauten neugierig auf das "sprechende" Ei herab und schienen ziemlich verwirrt oder sogar erschrocken zu sein. Zweimal flatterte das Geierweibchen davon (sie ist übrigens an den weißen Schwungfedern zu erkennen). Beim dritten Annäherungsversuch überwogen offenbar die Muttergefühle und sie legte sich schüchtern brütend aufs Ei. Die erste Hürde wurde erfolgreich genommen!
Später entdeckte ich auch den Geierpapa im brütend im Nest, während das Weibchen neugierig daneben stand. Für die beiden muss es eine ziemliche Überraschung sein, dass plötzlich Leben in ihrem Nest das Licht der Welt erblickte.
Zur Kontrolle ging ich bei jeder Gelegenheit an der Voliere vorbei. Die beiden Geiereltern machten einen guten Job. Interessanterweise konnte ich das Weibchen beobachten, wie es vorsichtig dem Männchen am Auge herum knabberte. Oder reinigte sie ihm die Wimpern? Bei den großen Schnäbeln kann ich nur hoffen, dass die Gute genau weiß, was sie da tut!
Gemeinsamer Blick auf das kleine Wunder im Nest!
So sehen stolze, überraschte Geiereltern aus!
Verliebter Elternblick aufs Küken.
Wir legten genug Futter aus, so dass sich die Eltern jederzeit ihren Kropf vollfressen konnten. Die Fütterung war unsere größte Sorge, da Weißrückengeier für ihre Küken Aasbrei hochwürgen, während Wollkopfgeier das Futter eher für das Küken zurechtzupfen. Am ersten Tag konnte ich sogar eine Fütterung beobachten, aber am zweiten Tag nicht mehr. Daher begannen wir am Nachmittag des zweiten Tages das Küken mit der Pinzette zu füttern. Die Geiermutter ließ sich nur mit viel Widerstand aus dem Nest jagen und ließ uns bei der Fütterung nicht aus den Augen. Kaum hatten wir das Nest verlassen, kam sie sofort zurück geflattert, um ihr Küken zu beschützen.
Das Nest befindet sich - wie weiter oben gezeigt - auf einer hohen Plattform in einer abgedunkelten Ecke der Voliere. Daher ist das Fotografieren nicht leicht. Das Küken ist ja noch winzig und versteckt sich im Trichter des Nestes unter den Stöckchen und dem Gefieder seiner Eltern. Aber dann gelang mir doch noch die erste Sichtung des winzigen Kükenkopfes aus der Ferne.
In den folgenden Tagen fütterten wir das Küken mehrfach täglich mit winzigen Stückchen gehäuteter Mäuse. Geierküken wachsen sehr schnell und verdoppeln sich innerhalb weniger Tage. Schon nach einer Woche verschlang das Küken drei große Mäuse am Tag.
Leider übernahmen die Geiereltern den Futterjob nicht, obwohl es immer wieder so aussah. Sie kümmerten sich toll ums Küken, wechselten sich mit dem Bewachen aus und schauten das Küken immer wieder verzückt an. Aber leider fütterten sie es nicht.
Geiermama und Adoptivküken.
Schon nach zwei Tagen wurde die Geiermama so wütend, wenn wir ihr Küken fütterten, dass sie immer wieder versuchte zurück ins Nest zu fliegen.
Daher mussten wir den Fütterer auf der Leiter zu zweit mit Besenstielen beschützen, um den angreifenden Geier abzuwehren. In Sachen Beschützerinstinkt sind die beiden Wollkopfgeier absolut vorbildlich!
Ich bin wirklich gespannt, wie diese Geschichte weitergeht. In den zwei Wochen konnte ich tolle Geiereltern beobachten, die innerhalb weniger Augenblicke das Küken einer anderen Geierart adoptierten und sofort vergötterten. Ob sie das wichtige Füttern noch lernen? Ob das Küken vielleicht doch aus dem Nest entfernt werden muss? Kann das Küken später freigelassen werden?
Die Alternativen zu dieser Entscheidung hätten eine spätere Auswilderung von Anfang an ausgeschlossen, so dass ich absolut hinter dieser Adoption stehe. Ich hoffe, dass das Küken ganz normal heranwächst und in 6-9 Monaten freigelassen werden kann. Außerdem hoffe ich, dass die beiden Wollkopfgeier durch ihre Erfahrung umso bessere Eltern werden, wenn ihr nächstes eigenes Ei hoffentlich befruchtet ist.
Schade, dass ich nicht bei der Weiterentwicklung dabei sein kann, aber ich hoffe, dass VulPro mich auf dem Laufenden hält.
(c) Alize Veilland-Muchensturm |
(c) Alize Veilland-Muchensturm |
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