Freitag, 14. August 2015

Wieder ein Abschied :-(

Wieder sind zwei wunderbare Wochen in einem Geierprojekt vergangen, wieder heißt es Abschied nehmen. Diesmal von dem schönen Schmutzgeierprojekt LifeNeophron in Madzharovo, Bulgarien. Und wie immer versuche ich mir zu sagen, dass es besser ist, nur eine kurze Zeit dieses Projekt unterstützt zu haben, als es gar nicht kennen gelernt zu haben. Mal ehrlich, hätte ich ohne Geier jemals einen Abstecher nach Bulgarien unternommen? Eher nicht! Und dann hätte ich all die hübschen Schmutzgeier, Gänsegeier, Mönchsgeier und die vielen netten Leute hier nicht kennengelernt! Also bin ich sehr dankbar, dass ich hierher eingeladen wurde und eine herrliche Zeit verbringen konnte!
Zum Abschied möchte ich aber endlich noch unseren Stützpunkt vorstellen, die einzige Internetquelle der Umgebung und unsere ChillOut-Area, wenn wir nicht unterwegs oder in der Unterkunft waren. Unser Geiercenter:
In dem Haus gibt es ein paar Gästezimmer, die zur Zeit allerdings nicht gut besucht sind, und ein Restaurant, in dem ich mir oft ein Mittagessen genehmigt habe.
 Auf dem kleinen Kinderspielplatz gibt es einen Holzgeier zum Wippen! Toll!!!
Geiermäßiges Infoschild.
Flattergeier auf dem Balkon.
Der Treffpunkt fürs gemeinsame Abhängen, Speisen und Internetnutzen.
In der 1. Etage gibt es ein kleines Geiermuseum, in dem man sich einen 8-minütigen Film über die Geier der Umgebung anschauen kann. Natürlich habe ich mir den Film mit seinen tollen Aufnahmen nicht entgehen lassen.
Nachbau eines Geierbrutfelsens.
Und ein geierhaftes Gästebuch.
Wahrscheinlich habe ich während meines Aufenthaltes nur einen Bruchteil der Infos hier niedergeschrieben, die ich erfahren habe. Teils, weil sie zu sensibel sind, teils weil ich einfach nicht immer Internet griffbereit hatte und vielleicht daher vergessen habe Infos nachzutragen. Ich werde aber in den nächsten Tagen nochmal alles durchlesen und eventuelle Infos ergänzen.
Ich wünsche den gut 20 Schmutzgeierpaaren (28 in Bulgarien insgesamt) mit ca. 24 Küken, den ca. 75 Gänsegeierpaaren mit ca. 45 Küken und den etwa 35 Mönchsgeierpaaren auf Griechischer Seite sowie allen weiteren Einzelgeiern sämtlicher Arten alles, alles Gute für eine sichere, aasreiche Zukunft!!!
Vor allem natürlich den Junggeiern, die hier zur Zeit das Fliegen lernen und sich dann tapfer den Herausforderungen der Natur stellen müssen. Bisher sind 7 Küken flügge geworden, meine Schützlinge leider vermutlich noch nicht. Aber nachher schaue ich sie mir nochmal an, falls das Wetter mitspielt.
Mein herzlichster Dank geht an Vladi (rechts) und Emo (links), die mich zwei Wochen lang herumgefahren haben, mich mit allem Wissenswerten rund um die Geier und die Umgebung sowie vielen Interessanten Themen versorgt haben. Vor allem natürlich für die Ausflüge in die Geierrestaurant-Beobachtungshäuser und die tapfere, geduldige Unterstützung bei der langen Wanderung zur Geierkolonie. Ihr habt diese Zeit wirklich zu etwas ganz Besonderem gemacht!!!
Und meine besten Grüße an Stoyan sowie alle Helfer des Projektes, die ich in den vergangenen zwei Wochen kennenlernen durfte!!!

Donnerstag, 13. August 2015

Perseiden unter Geiern

In den letzten beiden Tagen gab es wieder viel bei LifeNeophron zu sehen, allerdings habe ich kaum Bilder gemacht. Daher diesmal nur eine schriftliche Zusammenfassung.
Gestern, am Tag nach der großen Wanderung, habe ich morgens und nachmittags wieder das Schmutzgeiernest und die Gänsegeier in den Klippen beobachtet. Es war auch besser, sich nicht zu viel zu bewegen, weil die Beine sich doch sehr, sehr schwer anfühlten. Aber immerhin hatte ich 8 Stunden nonstop durchgeschlafen, was sehr gut für eine schnelle Erholung war. Die beiden Küken im Nest werden immer aktiver und hüpfen und flattern im Nest um die Wette. Es wäre sehr schön sie noch ausfliegen zu sehen, während ich hier bin.
Morgens musste ich mich allerdings erstmal mit einer Ameisenstraße auseinandersetzen, die munter meinen Rucksack belagert hat, während ich mit den Augen am Teleskop hin. Zum Glück konnte ich sie überzeugen ihre Route zu verlagern und mich und meinen Rucksack in Ruhe zu lassen.
 
Da die Nacht von gestern auf heute auch der Höhepunkt der Perseiden ist, wollten wir uns die Sternschnuppennacht natürlich nicht entgehen lassen. Darauf habe ich mich besonders gefreut, weil ich sie bisher noch nie bewundern konnte. Einmal hatte ich es im Ruhrgebiet probiert, aber bei all den künstlichen Lichtern und einer Wolkendecke war einfach nichts zu sehen. Hier hingegen sind die Bedingungen perfekt. Wir kletterten also zu fünft gegen halb zwölf auf ein Hochhausdach und machten es uns auf Isomatten gemütlich. Kaum angekommen, zischte schon die erste Sternschnuppe mit langem Schweif über den Himmel. Irgendwann habe ich dann aufgehört zu zählen, weil ich die Sternschnuppen einfach nur noch genießen wollte. So blieben wir bis halb drei auf dem Dach liegen und genossen die Sternschnuppen und den Sternenhimmel inklusive gut sichtbarer Milchstraße. Dabei wurden wir von einer Fledermaus, einer fetten Eule und ein paar Tauben umflattert. Ob die Geier wohl auch von ihren Nestern aus die Sternschnuppen bewundern? Wohl leider eher nicht, da Geier im Dunkeln nicht gut sehen können. Es war sehr verlockend einfach die ganze Nacht oben zu verbringen, aber dann entschieden wir uns doch lieber für eine Rückkehr in die Appartments.
Nach nichtmal vier Stunden unruhigen Schlafes ging es morgens los auf große Autorundfahrt. Vladi, Emo und ich setzten erst eine andere Helferin an ihrem Beobachtungsnest ab und besuchten dann einen weiteren Beobachter. Unterwegs entdeckten wir nahe der Griechischen Grenze einen kreisenden Mönchsgeier. Leider war er viel zu weit weg für ein Foto, aber durchs Teleskop konnte ich ihn eindeutig erkennen. Einen Helfer sammelten wir ein und brachten ihn in einer größeren Stadt zum Busbahnhof. Dort gönnten wir uns ein Mittagessen und fuhren noch ein paar Stunden durch die Gegend, um kurz bei ein, zwei weiteren Nestern nach dem Rechten zu sehen.
Abends sollte ich dann eigentlich nochmal das Schmutzgeiernest beobachten, aber leider zogen sehr dunkle Wolken auf. Daher musste die Beobachtungs vorsichtshalber gecancelt werden und ich begnügte mich mit einem kurzen Spaziergang durch den Ort und Abhängen auf dem Balkon mit Blick in die herrlichen Wolken und auf ein Stück Regenbogen.
Schnief, jetzt ist der schöne Urlaub fast schon wieder vorbei...

Dienstag, 11. August 2015

Ruckedigu...

...Blut ist im Schuh!
Heute habe ich die längste Wanderung meines Lebens überlebt! Das Smartphone im Rucksack zählte 30.000 Schritte, 22,5 km. Wer weiß, wieviel noch obendrauf käme, hätte ich das Telefon in der Hosentasche gehabt... 3 Stunden je Richtung, erster Anflug von "ich will zurück zum Auto" nach 20 Minuten, tausend gestorbene Tode, da völlig untrainiert. Und das Wissen, dass Vladi und Emo von LifeNeophron die Strecke in 2 Stunden je Richtung geschafft hätten. Warum müssen die Krummschnabelviecher überhaupt so weit abseits der Straße brüten? Stundenlanges Selbstmitleid ging mir durch den Kopf, während ich alle paar Minuten eine Verschnaufpause brauchte.
Zu Beginn war die Strecke noch unscheinbar...
...doch schon bald ging es eine Schotterpiste steil bergauf in der prallen Sonne. Ächtz!
Die beiden sagten mir zwar, dass der Anfang das schwerste Stück der Strecke sei, aber selbst wenn der Rest nur halb so anstrengend wäre, würde ich das keine zwei Stunden aushalten.
Mit Mühe und Not und 2 Liter Wasser im Rucksack schleppte ich mich also irgendwie den Hügel hoch, während mir gefühlte 10 km immer wieder gesagt wurde, dass ich es fast geschafft hätte. Nach Erreichen des Gipfels ging es eine Weile flach geradeaus, bis wir dann wieder bergab stiegen. Statt mich zu freuen, kam direkt die blanke Panik, dass wir dort ja später wieder hoch müssen. Egal, jetzt gab es eh kein Zurück mehr. Also weiter gelatscht, an kleinen Quellen vorbei und durch einen Wald, wo uns der Abstieg durch viele umgestürzte Bäume erschwert wurde, die beim letzten Unwetter umgekippt waren. Immer weiter bergab im Schatten der Bäume, aber immer mehr Horror vor dem Heimweg. Irgendwann kamen wir aus dem Wald heraus und der Anblick des Stausees vor uns war genial!!!
Von jetzt an ging es halb im Freien, halb im Wald entlang, aber die meiste Zeit mit Blick auf die schönen Windungen des Stausees. Es kreiste sogar ein Gänsegeier über uns hinweg, aber leider hatte ich die Kamera nicht griffbereit. Ich habe leider sowieso nicht viele Bilder gemacht, weil ich die anderen nicht noch mehr aufhalten wollte und beide Hände brauchte für den Fall, dass ich auf dem unebenen Boden auf die Nase fliege oder mit Schwächeanfall halbtot im Gestrüpp lande.
Zielkurve...
Bei der Aussicht kann ich verstehen, warum die Gänsegeier und das Schmutzgeierpaar nicht näher an der Straße brüten wollen. Hier haben sie ihre Ruhe und einen traumhaften Ausblick!
Insgesamt 17 Gänsegeier-Brutpaare gibt es hier und 1 Schmutzgeierpaar. Vladi und Emo wanderten später noch ein Stück weiter bergab, um besser ins Nest sehen zu können. Dabei entdeckten sie ein fettes Küken.
Hier lässt es sich aushalten und von der anstrengenden Wanderung erholen!!!
Leider ging mir die meiste Zeit die Sorge nicht aus dem Kopf, wie ich es jemals zurückschaffen soll... Aber erstmal den Moment genießen! In einer Bucht des Stausees konnten wir hunderte, wenn nicht sogar tausende Kormoran am Ufer und im Wasser beobachten.
Geierbilder gelangen mir leider keine, weil sie zu weit weg waren. Aber es war schon herrlich genug ihre tolle Wohngegend kennenzulernen.
 Während Vladi und Emo also weiter bergab liefen, um ein paar letzte Beobachtungen zu machen (die beiden haben übrigens zusätzlich zum Wasservorrat noch ein schweres Stativ und ein Teleskop mitgeschleppt), machte ich mich langsam auf den Anstieg. Der Trampelpfad war relativ idiotensicher zu finden, so dass ich keine Sorge hatte mich zu verlaufen. Ich dachte ja sowieso, dass die beiden mich nach wenigen Minuten eingeholt haben und sich insgeheim amüsieren, wie langsam ich vorangekrochen bin. Aber im eigenen Tempo ging der Aufstieg überraschend human voran.
Kaum zu glauben, aber selbst hier tauchten zwei Schwarzstörche auf.
Nach einer Stunde bergauf ohne größere Pausen kam ich zu einer Stelle, wo wir auf dem Hinweg etwas vom Weg abgekommen waren. Ich wollte also gerade den beiden eine Nachricht schicken, als das Telefon klingelte und sie wissen wollten, wo ich stecke. Hehe, ich glaube sie hätten nicht damit gerechnet, dass ich es so weit geschafft hatte. Jedenfalls ruhte ich mich eine Viertelstunde aus, bis die beiden aufgeholt hatten und wir gemeinsam den richtigen Weg einschlagen konnten.
Es ging dann nach einem kurzen Gnadenstück nochmal bergauf, aber danach war der höchste Punkt erreicht. Eigentlich sollte es eine Erleichterung sein, bis ich schnell feststellte, wie schwierig es ist mit übersäuerten, toten Beinen eine steile, kilometerlange Schotterpiste runter zu klettern, ohne umzuknicken oder auszurutschen. Ich brauchte bei dem Abstieg letztendlich genauso viele Pausen wir beim Aufstieg, was sehr an meinem Ego gekratzt hatte. Dazu kam aber, dass die 2 Liter Wasser schon lange aufgebraucht waren und die Kehle ausgedörrt war. Die letzten zwei Kilometer, selbst als der Abstieg hinter und lag, war jeder Schritt mühsamer als der vorherige, als würde eine Klebermasse unter den Schuhen stecken und man die Füße nur mit großer Anstrengung vom Boden heben konnte. Selbst als das Auto fast schon in Sichtweite war und die Aussicht auf die kalte, erfrischenden Quelle neben dem Auto, kam ich nur noch schleppend voran. Die anderen waren aber sehr geduldig und warteten immer wieder. Nachdem wir die Quelle erreicht hatten, hätte ich vor Freude heulen können. Also schnell 1 Liter Wasser auf Ex und die Lebensgeister kamen minimal zurück. Es dauerte aber noch bis abends, bis die Erschöpfung einem unbändigen Stolz wich! :-)
Bevor es zurück ins Center ging, checkten wir noch einmal das Schmutzgeiernest ab, das wir bereits auf dem Weg vom Einsammeln des verletztens Habichts beobachtet hatten. Das Nest war leer und kein Küken in Sicht. Dafür krabbelte uns eine Krabbe halb über die Füße. Ein Zeichen, dass die nahegelegene Quelle eine gute Qualität hat.
Ein Stückchen vom Nest entfernt sahen wir beide Geiereltern auf einem Ruheplatz sitzen. Vom Küken keine Spur. Jetzt sind wir natürlich etwas beunruhigt, ob mit dem Küken alles in Ordnung ist. Vielleicht ist es ja schon flügge und munter unterwegs, aber vielleicht ist auch was passiert!? Hoffentlich geht es ihm gut!
Gut getarnt in der Felswand. Bei der Gelegenheit wurde mir nochmal der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Schmutzgeiern erklärt: Weibchen haben ein gelbes Gesicht mit einer Art Maske und einen braunen Fleck auf den Federn. Die Männchen hingegen haben ein oranges Gesicht.
Als ich um 21 Uhr endlich im Appartment ankam, habe ich dankend aufs Abendessen verzichtet und bin nur noch ins Bett gefallen. Was für ein Tag!!! Ich bin total stolz, dass ich es geschafft habe und einen Eindruck gewinnen konnte, was Feldforscher auf sich nehmen müssen, um zu bestimmten Jahreszeiten alle Nester zu beobachten und ggf. zur Beringung in die Nester zu klettern!!!