Donnerstag, 19. September 2019

Bartgeier für Bayern

Nach meiner Rückkehr aus dem Geierurlaub in Südafrika informierten mich gleich mehrere Kollegen, dass sie einen Bericht über die Wiederansiedlung von Bartgeiern in Deutschland gehört haben. Wenn das mal nicht direkt ein Grund für eine kleine Recherche ist. Tatsächlich stieß ich schnell auf die Webseite des Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV), wo ich viele Informationen und Pressemitteilungen über das tolle Vorhaben fand.
Offenbar hatte der LBV bereits im Juni eine große Online-Umfrage gestartet, ob sich die einheimische Bevölkerung vorstellen könnte, dass in Bayern Bartgeier und Gänsegeier wieder angesiedelt werden würden. Fast 1.300 Menschen nahmen an der Umfrage teil und über 90 % von ihnen gaben an, dass sie dem Bartgeier und dem Gänsegeier gegenüber positiv eingestellt sind. Es gab viele positive Assoziationen zu den Geiern, zum Beispiel "Freude", "Schönheit" oder "Naturerlebnis". Dem stimme ich selbstverständlich aus ganzen Herzen zu! Nur 2 % gaben an, dass sie in möglichen Geiergebieten mit einem unangenehmen Gefühl unterwegs seien. Die Umfrage wurde im Rahmen einer großen Machbarkeitsstudie zur möglichen Freilassung von Bartgeiern und Gänsegeiern in den bayerischen Alpen durchgeführt und steht auf der Webseite des LBV als Download zur Verfügung.
Bartgeier in einem Brutcenter nahe Wien
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass das einst schlechte Image der Geier - ein Hauptgrund für ihre frühere Ausrottung in den Alpen vor über 100 Jahren - nun positiven Aussagen weicht und die Bevölkerung ihnen offener gegenübersteht. Geier haben diese Sympathie bitter nötig, da sie in vielen Regionen der Welt vom Aussterben bedroht sind. Immer mehr Länder versuchen dem schwindenden Geierbestand durch Nachzuchten und spätere Auswilderungen entgegen zu wirken. Hierzulande wurde bisher hauptsächlich das Brutprogramm unterstützt und Nachzuchten aus Zoos zur Freilassung in andere Länder übergeben. Umso mehr freue ich mich, dass es nun auch Pläne gibt hier in Deutschland Geier wieder anzusiedeln!
Bartgeier in einem Brutcenter nahe Wien
Knapp drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie gezielt in Bergregionen Urlaub machen würden, wo Geier wieder freigelassen werden und zu beobachten sind. Damit werden Geier also sogar für den Tourismus beliebt. Des Weiteren erkannten viele Teilnehmer an der Umfrage die Vorteile von Geiern und ihrer Ernährung. Geier können gefallenes Wild und Nutztiere auf natürliche Weise "entsorgen", so dass kein teils sehr aufwendiger Abtransport mehr nötig ist. Gefahr für lebendes Nutzvieh besteht natürlich nicht, da Geier reine Aasfresser sind und keine lebenden Tiere töten.
Bartgeier in einem Brutcenter nahe Wien
Die Machbarkeitsstudie belegt, dass der Bartgeier früher in Bayern gelebt hat und sich vor allem die Ostalpen zu seiner Wiederansiedlung eignen. Das beste Gebiet ist laut Studie der Nationalpark Berchtesgaden. Als kleines Kind bin ich mit meinen Eltern dort im Urlaub gewesen und kann mich noch immer erinnern, dass mir die Landschaft dort richtig gut gefallen hat. Schon lange habe ich überlegt, ob ich nochmal hinfahren soll. Sollten dort tatsächlich bald Geier freigelassen werden, dann ist der nächste Urlaub gesetzt!
Der Gänsegeier kommt leider für eine Wiederansiedlung weniger in Betracht, da er höchstwahrscheinlich noch nie als Brutvogel in Bayern heimisch war.
Gänsegeier in einer Auffangstation in Kroatien
Ganz so einfach ist eine Wiederansiedlung von Geiern natürlich nicht. Die Weltnaturschutzunion IUCN hat zur Wiedereinbürgerung von Tierarten klare Richtlinien aufgestellt, die selbstverständlich im Projekt der LBV berücksichtigt werden. Außerdem müssen natürlich die Nationalparkverwaltung, die Öffentlichkeit und vor allem die Jäger mit ins Boot geholt werden. Der Einsatz bleihaltiger Munition stellt nämlich die vermutlich größte Bedrohung für wieder angesiedelte Bartgeier dar.
Freigelassener Gänsegeier nahe einer Auffangstation in Kroatien
Sollten tatsächlich eines Tages Bartgeier im Nationalpark Berchtesgaden freigelassen werden, so wird dies in Kooperation mit der Vulture Conservation Foundation (VCF) erfolgen. Die VCF treibt bereits seit vielen Jahren die Wiederansiedlung der Bartgeier in den Alpen auf Französischer, Schweizer und Österreichischer Seite voran. Ich meine aber mich erinnern zu können, dass vor einigen Jahren bereits einige wenige Bartgeier auf Deutscher Seite freigelassen wurden!? Das muss ich wohl nochmal nachlesen.
In jedem Fall kann ich es kaum erwarten, Toni Wegscheider, Verfasser der Machbarkeitsstudie, bald persönlich kennen zu lernen. Er wird nämlich auf der European Vulture Conference der VCF in Albufeira, Portugal, einen Vortrag halten und ich bin auch dabei!

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