Nachdem Kerri gestern Abend zurückgekehrt war, versorgten wir heute früh erstmal unsere beiden Patientengeier, die gestern ins Hospital Camp von VulPro eingezogen sind. Einen Kapgeier hatten wir mittags aus der Großvoliere geholt, weil seine Klumpfüße ("bumble foot") immer schlimmer wurden. Den anderen Kapgeier hatte Charné gestern Abend eingesammelt - Verdacht auf Vergiftung.
Zunächst behandelten wir unseren bumble foot. Der provisorische Verband von gestern wurde entfernt, damit wir die geschwollenen, verformten Krallen nochmal begutachten konnten.
Beide Krallen sehen wirklich schlimm aus! Normalerweise kommt bumble foot von zu glatten, flachen Sitzflächen in der Voliere, wo sich das Gewicht des Geiers nicht gleichmäßig verteilen kann. Raue Oberflächen sind immer besser - daher tauschen wir hier auch regelmäßig die Sitzstangen gegen frische Äste mit ordentlich rauer Rinde aus. Manchmal passiert eine solche Verletzung aber auch, wenn der Geier sich einen kleinen Splitter eintritt und dieser sich entzündet.
Auch von oben die Verformung an der Zehe rechts im Bild deutlich zu erkennen.
Der andere Fuß sieht leider nicht besser aus!
Bei der Behandlung wird die Geierkralle mit einer schaumigen Desinfektionslösung eingesprüht. Danach wird die Unterseite der Kralle ordentlich mit einer Zahnbürste geschrubbt, damit die Haut etwas aufraut. Ein paar Minuten wechseln sich Spray und Zahnbürste ab, bis alles gut aufgeweicht und gereinigt ist.
Anschließend wird eine Heilsalbe aufgetragen. Diese Salbe sollte man lieber nicht an die Finger bekommen, weil sich anschließend die Haut pellt. Für die Geierkralle ist es aber das beste Mittel zur Behandlung.
Damit die Geierkralle entlastet wird, bekommt der Geier eine Geh-Hilfe unter den Fuß gewickelt. Diese kann aus Moosgummi oder anderem halbwegs festen, aber dennoch nachgebenden Material sein. Stücke einer Yoga-Matte zum Beispiel.
Das Polster wird anschließend mit einem Verband an der Kralle befestigt und später mit Klebeband fixiert.
Es sieht zugegebenermaßen etwas jämmerlich aus, unterstützt den Geier aber bei der Genesung. So kann er sich in seinem Hospital Camp hoffentlich halbwegs schmerzfrei bewegen und seine Krallen dennoch entlasten. Diese Behandlung werden wir jetzt regelmäßig wiederholen.
Die schlimme Verformung wird dadurch leider nicht vollständig verschwinden, aber sie bildet sich etwas zurück und die schmerzhafte Entzündung verschwindet.
Anschließend widmeten wir uns unserem Patienten Nr. 2, der leider bisher nicht viel fressen wollte. Eigentlich lag er nur erschöpft in einer mit Sägespäne ausgepolsterten Box und vegetierte vor sich hin. Dem Armen geht es gar nicht gut.
Kerri nahm ihm zunächst etwas Blut für eine Untersuchung auf Bleivergiftung ab. Der Wert war aber nicht besorgniserregend.
Bei der Untersuchung der Flügel stellte Kerri allerdings fest, dass der Geier offenbar mit einer Stromleitung oder anderem kollidiert ist. Ein Flügel war definitiv gebrochen, der andere wirkt wie aus dem Gelenk gesprungen. Armer Pechgeier. Er wird wohl neues, permanentes Mitglied der VulPro-Familie werden und nicht mehr freigelassen werden können.
Flügelbrüche versprechen keine Chance auf Heilung und in den meisten Fällen muss der Flügel amputiert werden. Was aber nicht heißt, dass der Geier nicht ein glückliches Leben bei VulPro führen kann, mit Partnersuche, Küken und allem drum und dran.
Da der Geier sehr geschwächt ist, vermutlich durch Gift, haben wir ihn in eine "Sling" gesteckt, eine Art Schaukel, die den Geier kurz überm Boden in der Luft hält. Seine Krallen berühren gerade noch den Boden, so dass er Kraft aufbringen muss, um sicheren Halt zu finden. Das soll die Blutzirkulation in den Beinen anregen und ihn stärken.
Früher hatten wir Geier mit ähnlichen Problemen in ein T-Shirt geknotet. Dieses Babykörbchen sieht mir wesentlich gemütlicher aus. Außerdem kann es leichter wiederverwendet werden.
Bei den heutigen Temperaturen von 30 Grad brauchte der Geier allerdings erstmal nur eine halbe Stunde durchhalten. In dem Körbchen wird es ihm sonst viel zu warm und außerdem ist es bei der Hitze zu anstrengend für ihn.
Hoffentlich erholt sich der Arme bald wieder!
Donnerstag, 5. September 2019
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen