Donnerstag, 19. März 2020

Geierschutz in Zeiten von Corona

Es ist unglaublich, wie innerhalb weniger Tage plötzlich die Welt durch Corona gefühlt komplett zum Stillstand kommt. Natürlich hatte ich die Nachrichten verfolgt, sogar bereits seit den ersten Fällen in China Ende 2019, weil mich das Thema Tropenkrankheiten und Epidemien bis hin zu Pandemien schon immer interessiert hat. Aber auf einmal ging dann doch alles sehr schnell und die Auswirkungen lassen sich jetzt nur erahnen. Auch auf den Geierschutz hat COVID-19 großen Einfluss! So konnte ich meine aktuell geplanten, diesjährigen Geiereinsätze nach Rücksprache mit den Geierprojekten vor Ort erstmal auf unbestimmte Zeit auf Eis legen, zumal derzeit plötzlich Deutsche als Anwohner eines Hotspot-Landes nicht mehr einreisen dürfen. Zum Glück hatte ich noch keine Flüge gebucht, mich aber schon sehr auf das erste Projekt in Spanien Ende April / Anfang Mai gefreut. Die Aussicht auf einen spannenden Geiereinsatz in einem neuen Projekt hilft mir nämlich immer längere Durststrecken zu überstehen.
Aus Südafrika erhielt ich die erschreckende Nachricht, dass innerhalb weniger Tage alle internationalen Gäste aus dem Land geschickt werden mussten, bevor im ganzen Land ein dreiwöchiger Lockdown ausgesprochen wurde. Dazu zählten natürlich zahllose freiwillige Helfer aus diversen Naturschutzprojekten, darunter betroffen auch VulPro. Viele Projekte, egal ob im Naturschutz, Menschenrecht oder anderen Gebieten, sind auf freiwillige Helfer angewiesen, die häufig aus anderen Ländern stammen. Wie sollen all diese Projekte weiterlaufen, wenn plötzlich die Gratis-Kräfte und helfenden Hände fehlen? Wie sollen Geier gerettet werden, wenn niemand mehr vor die Tür darf. Zwar wird VulPro einen Passierschein bekommen, weil es sich um eine wichtige Institution zum Wildlife Schutz handelt. Aber wie es aussieht, darf immer nur ein Helfer allein unterwegs sein. Wenn ich daran denke, wie wir teils Kilometer nach einem verletzten Geier abgesucht haben und hinterher über Stock und Stein sowie Zäune klettern mussten, um das Tier zum Auto zu bringen… Das ist alleine doch gar nicht möglich. Schon allein das Auto zu öffnen, die Transportkiste zurecht zu rücken und zu öffnen, während man einen gestressten, um sich hackenden Geier unterm Arm hat, ist eigentlich gar nicht zu schaffen. Mal ganz abgesehen von den Sicherheitsproblemen in diesem Land, wenn man allein mit dem Auto unterwegs ist.
Ähnlich geht es natürlich auch vielen anderen Geierprojekten, wie zum Beispiel der Vulture Conservation Foundation (VCF). Aktuell schlüpfen in Europa in sämtlichen Zuchtstationen, Zoos und Tierparks Geierküken, die im Rahmen von Auswilderungsprojekten im Sommer freigelassen werden. Dabei kommt es immer wieder vor, dass Geiereltern ihre Küken nicht annehmen und vernachlässigen. Oder sie hören plötzlich auf ihre Eier zu bebrüten. In diesem Fällen werde häufig Eier oder Küken kreuz und quer durch Europa transportiert, um die Eier bzw. Küken in Zuchtstationen Ammen-Pärchen unterzuschieben. Bartgeier legen zum Beispiel meist zwei Eier, ziehen aber später nur ein Küken groß, da das stärker Küken das schwächere aus dem Nest schubst oder sogar tötet. Um den Zuchterfolg zu erhöhen, wird also häufig ein Ei aus dem Gelege entfernt und anderen Geierpaaren gegeben. Verfügt der Tierpark jedoch nicht über genug Geierpaare, so werden auch diese Eier in entsprechende andere Institutionen abgegeben. Werden nun jedoch innerhalb Europas sämtliche Grenzen gesperrt, so können die Eier/Küken nicht mehr an ihre Bestimmungsorte gebracht werden und die gesamte Brutsaison wird beeinflusst. Im schlimmsten Fall müssen Geierküken von Hand aufgezogen werden, was eine spätere Auswilderung nahezu unmöglich macht.
Einige Wochen/Monate weiter gedacht kommt das nächste Problem: Europaweit gibt es viele Auswilderungsprogramme für die vier europäischen Geierarten Bartgeier, Gänsegeier, Schmutzgeier und Mönchsgeier. Auch hierzu werden die Junggeier kurz bevor sie flügge werden teils über mehrere Grenzen bis in ihr Bestimmungsland zur Auswilderung gebracht. Manchmal werden die Geier bereits kurz nach dem Transport freigelassen, manchmal bleiben sie zunächst einige Wochen in einer Voliere an ihrem Auswilderungsort. Was passiert aber, wenn die Geier zu diesem Zeitpunkt gar nicht länderübergreifend transportiert werden dürfen? Bei den Auswilderungsprojekten ist eine genetische Vielfalt sehr wichtig. Es können also nicht über Jahre beliebig viele Küken des gleichen Brutpaares in der gleichen Gegend freigelassen werden. Hier ist es zwingend erforderlich sie an andere Orte und in andere Länder zu bringen, darunter Frankreich, Spanien, Portugal, Österreich, Schweiz, die Balkanländer und viele mehr.
Zum Glück hat die VCF rechtzeitig mit Vorsorgemaßnahmen begonnen und last minute in Nacht-und-Nebel-Aktionen einige Geierküken noch über die Grenzen bringen können, bevor diese geschlossen wurden. Außerdem wurde bereits ein Notfallprotokoll erstellt, wie Geierküken mit möglichst wenig Menschenkontakt von Hand aufgezogen werden können. Natürlich wird die Umsetzung der Notfallmaßnahmen aufgrund der vielen Corona-Einschränkungen nicht leicht sein, aber ein kompletter Ausfall der Brut- und Auswilderungssaison kann somit hoffentlich verhindert werden.
Drücken wir die Daumen, dass die Corona-Pandemie für unsere Geier nicht genauso fatal endet wie bereits für viele Menschen.

Montag, 16. März 2020

Neue Bilder von Jo

In den letzten zwei Wochen hat mich Julie wieder mehrfach mit neuen Bildern meines süßen Patengeiers Jo in Südafrika versorgt.
Jo ist ein wunderschöner junger Weißrückengeier, der letzten Herbst im Brutprogramm von VulPro in meiner Anwesenheit geschlüpft ist. Später bekam ich seine Patenschaft von einem anderen Helfer und Bekannten zu Weihnachten geschenkt und durfte ihn benennen.
Vor drei Wochen ist Jo gemeinsam mit 11 jungen Kapgeiern und einem weiteren Weißrückengeier in die große Auswilderungsvoliere auf dem Hochplateau der Magaliesberg Berge bei Nooitgedacht gezogen, in unmittelbarer Nähe einer wilden Kapgeier-Kolonie.
Von ihrer Voliere aus können Jo und seine Freunde ihre wilden Verwandten beobachten und sich an die menschenleere Gegend gewöhnen, bevor sie freigelassen werden.
Seit dem großen Umzug schauen regelmäßig Helfer an der Voliere vorbei, um nach dem Rechten zu schauen und die Geier zu versorgen. Hierzu zählt Aas auslegen, Wasser schrubben und auffüllen sowie den Zaun der Voliere ablaufen, um diesen auf Schwachstellen zu prüfen, damit keine Raubtiere in die Voliere eindringen können. Da auch Julie zu diesen Helfern zählt, kann ich auch weiterhin Bilder und Berichte von meinem süßen Jo bekommen. Die folgenden Bilder entstanden zwei Wochen nach seinem Umzug:
Mittlerweile erkenne ich Jo nicht nur anhand seiner Ringnummer 28, sondern auch aufgrund des markanten weißen Streifens direkt unter seinem Auge. Ein prachtvoller Junggeier!!!
Weitere 5 Tage später: Jo erkundet fleißig die hohen Sitzstangen.
Und nochmal 2 Tage später klettert Jo den Hügel im hinteren Teil der Voliere hoch. Dort können sich die Geier unter Schattennetze zurückziehen und haben einen noch besseren Überblick.
Danke an Julie für die vielen tollen Bilder von Jo!!!

Samstag, 14. März 2020

Verliebte Mönchsgeier

Weil wir alle in den nächsten Wochen schweren Herzens auf soziale Kontakte verzichten müssen, hier ein paar aufmunternde Bilder von den verliebten Mönchsgeiern aus dem Allwetterzoo Münster. Ich bin sehr glücklich, dass ich diese Momente noch mit ihnen teilen konnte, bevor sämtliche Zoo inklusive Münster ihre Schotten dichtmachen müssen!
Zärtliches Schnäbeln.
Zum ersten Mal konnte ich Mönchsgeier beim lautstark quiekenden Liebesspiel beobachten. Als ein kleines Kind neben mir Angst hatte, dass der eine Geier dem anderen wehtut, habe ich ihm zugeflüstert, dass die beiden gerade Küken machen. Wie aufs Stichwort schlossen sich zwei Storchenpaare auf dem Dach der Voliere an und hinterließen das Kind sowie seine Mutter ein wenig schockiert bzw. überrascht.
Anschließend gab es noch ein paar Schnabelküsschen.
Liebevolles Halsknabbern.
Auch wenn nur wenige Besucher bei den Geiern stehenblieben, so blieben die liebevollen Gesten der Geier untereinander nicht unbemerkt. Viele Besucher waren richtig entzückt, wie zärtlich die Geier miteinander umgingen und wie vorsichtig sie dabei ihre Schnäbel einsetzen. Hier und heute haben zwei Geier richtig viele Sympathien gesammelt - einfach nur weil sie sind, wie sie sind!
In diesem Sinne, haltet die nächsten Wochen durch und bleibt gesund!!!

Mönchsgeier beim Nestbau

Die beiden Mönchsgeier im Allwetterzoo Münster waren heute fleißig mit Nestbau beschäftigt. Es ist zwar schon etwas spät in der laufenden Brutsaison, aber vielleicht könnten sie noch ein Ei legen.
In jedem Fall gingen die beiden immer wieder auf Suche nach Nistmaterial und bauten den ganzen Tag an ihrem Nest herum.
Da war es kein Wunder, dass ihre Schnäbel aus der Nähe betrachtet voller Erde waren.
Am begehrtesten waren große Stöcke für das Grundgerüst der riesigen Nestes oder ganze Schnäbel voller Blätter, um den Bruttrichter auszupolstern.
Zwischendurch drückte immer wieder einer der Geier seine Brust tief ins Nest, um den Bruttrichter für ein mögliches Geier-Ei zu formen.
Danach ging es weiter mit dem sorgfältigen Arrangieren der Stöcke und Zweige.
Besonders niedlich war es, wenn sie sich gemeinsam ums Nest gekümmert haben. Perfektes Teamwork mit vielen Zärtlichkeiten zwischendurch!!!
Ich finde, dass soviel Nestbau-Eifer in jedem Fall noch mit einem Ei belohnt werden sollte. Die beiden wären mit Sicherheit tolle Eltern! Und wo der Zoo jetzt geschlossen ist, bräuchten sie nichtmal Störungen durch Besucher fürchten.
In so einem großen Geiernest muss jedes Stöckchen sitzen, damit es nicht zu unbequem wird.
Ich drücke den beiden ganz fest die Daumen, dass es dieses Jahr noch mit Nachwuchs klappt!!!