Donnerstag, 15. November 2012

Wolkenbruch

Nach ein paar schönen, sonnigen Tagen wurden wir gestern von einem starken Nieselschauer überrascht. Also nach langer Zeit wieder den stylischen Regenponcho ausgepackt und im Regen die Kondore beobachtet. Einmal an den Regen und die Kälte gewöhnt, war es sogar richtig schön, dem Geplätschere zu lauschen und die niedrigen Wolken beobachten zu können, wie sie langsam durchs Tal waberten.
Heute hingegen wurde es im Laufe des Morgens immer schöner und die anfangs noch fetten Wolken verschwanden bald.
Meine Hinweise, wie gefährlich die Plastikbälle für die Andenkondore sind, wurden zum Glück erhört und die Kondore bekamen diesmal wesentlich härtere Baustellenhütchen.
Für ca. 10 Minuten wurden die Hütchen sogar begeistert in Empfang genommen und die Kondore buhlten darum, wer als erster damit spielen darf.
Mampf, ob man das wohl essen kann???
Da wurde sich sogar schonmal gezofft, wer mehr Zeit mit dem neuen Spielzeug verbringen darf.
Sieger war ausnahmsweise diesmal das Männchen, dass sich das Hütchen mit seinem kräftigen Schnabel schnappte...
...und in die Lüfte hob, um von der Plattform runter zu springen.
In einem wahren Kraftakt wurde das Hütchen anschließend per Schnabel durch die halbe Voliere und den Hügel hinauf gezogen, ein süßer Anblick.
Aber fressen kann man das orange Ding dennoch nicht! Daher verloren die Kondore auch nach gut 10 Minuten das Interesse und widmeten sich wieder hingebungsvoll ihrer Gefiederpflege.
Naja, wahrscheinlich schaffen die Riesenschnäbel es auch diese Gummi-Hütchen eines Tages zu zerlegen, aber im Moment bin ich sehr erleichtert, dass die dämlichen Plastikbälle aus dem Rennen sind!
Leider zeigte sich heute mal wieder, wie schnell das Wetter im Kondor-Tal umschlagen kann. Nach drei Stunden setzte wieder Niesel ein, der schon bald immer stärker und stärker wurde. Als meine Ablösung kam, machte ich es mir im Kondor-Haus gemütlich und nickte fast ein. Bis ich auf einmal altbekanntes Gegrunze und Genaufe nahe der Tür hörte. Und siehe da, tatsächlich glotzt ein nasses Lama durch die Tür!!!
Schon bald gesellten sich noch ein paar seiner Kollegen dazu, da es weit und breit kaum Möglichkeiten zum Unterstellen gibt. Als ich für ein Foto die Tür öffnete, drang mir ein bestialischer, muffiger Gestank in die Nase. Warum hatte ich nur plötzlich das Bedürfnis den Zotteln literweise Shampoo ins Fell zu kippen!? Kein Wunder, dass die Viecher sich unterstellen wollten. Können wahrscheinlich ihren eigenen Gestank nicht ertragen, wenn das Zottelfell erstmal nass ist... ;-)
Als ich es mir wieder auf einer Bank am Fenster bequem machen wollte, fühlte ich mich irgendwie beobachtet. Ich weiß gar nicht von wem!?
Und auf einmal stand die gesamte Lama-Herde vor der Tür!!! Endniedlich!!!
Als Nao nach seiner Schicht bei den Kondoren zurückkam, staunte er nicht schlecht über meine Wach-Lamas vor der Tür. Die Zottel sind mir doch tausendmal lieber als diese lästigen Hunde von der Hacienda, wie uns manchmal den ganzen Tag über verfolgen.
Da der Regen etwas nachzulassen schien, beschlossen wir die letzte Stunde bei den Kondoren abzubrechen und zurückzulaufen. Super Entscheidung... keine 500 m später kam ein Wolkenbruch vom Feinsten runter, aber 3,5 km lang keine Möglichkeit sich unterzustellen! Also Augen zu und durch. Der dünne Regenponcho hielt meinen Rucksack zum Glück trocken, da ich leichtsinnigerweise NICHT den Rucksack-Regenüberzug übergestülpt hatte. Kaum wollte ich mir aber die Kapuze zurechtrücken, da liefen mir auch schon Sturzbäche in die Ärmel. Die Hosenbeine waren nach 2 Minuten schon hoffnungslos durchweicht und die Schuhe bekamen eine weitere Bewährungsprobe auf ihre Wasserfestigkeit. Das ganze war aber erst der Anfang, denn der letzte Kilometer wird nochmal richtig spannend: Dort ist es eh schon im trockenen Zustand relativ schlammig und nach leichtem Regen sofort Matsch. Wie wird es da erst während eines Wolkenbruches aussehen!? Ja, schlammig natürlich! Aber nicht nur neben der Straße und in den tieferen Mulden, sondern überall! Matsch, Schlamm, Ekelpamp und wir müssen mittendurch. Lecker!!! Trotz noch immer leicht schmerzender Hintern hätten wir uns heute sogar freiwillig nochmal auf ein Pferd gesetzt, um schneller im Haus und am hoffentlich lodernden Kamin zu sein. Aber es nützte alles nichts, wir mussten durch. Regenponcho, Regenjacke und Wanderstiefel haben ihren Job allerdings sehr gut erfüllt! Und der Kamin war zum Glück auch bereits vorgeheizt...

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