Sonntag, 22. Dezember 2019

Wo bleiben die Geier?

Heute früh begannen wir die Geierpools von VulPro zu schrubben. Zum Glück konnten wir diesmal zum Auffüllen das Wasser aus dem Wasserhahn nehmen und mussten nicht, wie letztens, alles Wasser aus dem Regensammeltank in große Container zapfen und dann später umfüllen.
In der Kapgeier-Brutvoliere kamen sofort drei Junggeier angelaufen, die gerade erst flügge geworden sind. So süß es auch ist, beim Poolschrubben geierhafte Gesellschaft zu haben, so habe ich sie doch schweren Herzens fortgejagt. Die Junggeier sollen eines Tages ausgewildert werden und es ist nicht gut, wenn sie sich zu sehr an Menschen gewöhnen.
Die beiden verliebten Ohrengeier, wie immer unzertrennlich Seite an Seite!
Als es heute früh noch leicht bewölkt war, kamen die riesigen Andenkondore aus ihrer Felswand runtergeflattert. Wird es zu heiß, dann ziehen sie sich lieber in eine der Höhlen zurück.
Blacky, unser Rabengeier.
Nachdem fast alle Pools fertig geschrubbt waren, landeten endlich ein paar Geier im Geierrestaurant. Dort liegt seit drei Tagen ranziges Riesenaas rum, das nicht appetitlicher wird, wenn die Geier nicht bald zuschlagen.
Etwa drei Dutzend Geier hatten sich hinten auf der Wiese versammelt, ein paar mutige waren bereits am Futterplatz, als ich im Beobachtungshäuschen eintraf. Sie hackten auch munter ihre Schnäbel ins Aas, hielten sich durch dauernde Zankereien allerdings immer wieder vom Fressen ab.
Hin und wieder kamen weitere Geier hinzu, aber ebenso viele flatterten auch wieder davon.
Unter den ca. 30 Geiern am Futterplatz waren diesmal drei junge Weißrückengeier. Keiner von ihnen hatte eine Markierung, also alles wilde Junggeier auf Futtersuche.
Als plötzlich ein Greifvogel mit Karacho durchs Geierrestaurant schoss, flatterten die Heiligen Ibisse, die Kuhreiher und auch einige Geier ängstlich davon.
Mit so einem riesigen, vollgefressenen Kropf ist an eine schnelle Flucht nicht zu denken!
Insgesamt blieb der Geierbesuch wirklich mager und vom Aas wurden hauptsächlich nur die kleineren Aasstücke verschlungen. Die großen Brocken werden wohl noch weiter vor sich hin verwesen, da sie einfach zu unhandlich und fies zum Entsorgen sind.
Nachdem gegen 14 Uhr alle wilden Geier verschwunden waren, konnte ich vier Schubkarren voll Aasreste entsorgen. Natürlich knallte genau in dem Moment die Sonne richtig stark, als ich mich abmühte die Schubkarren zum Aascontainer zu schieben. Die Arbeit bei VulPro ist in jedem Fall ein Ganzkörper-Workout!
Damit aber nicht genug: Weiter ging es mit Knochen hacken, damit die Geier lecker Knochensplitter zu fressen kriegen. Als ich nach einer Stunde bei allen Geiern nach dem Rechten sehen wollte - einer von uns checkt stündlich, ob mit den Geiern alles in Ordnung ist - entdeckte ich in der offenen Voliere einen Krüppelgeier, der jämmerlich auf dem Rücken lag und verzweifelt versuchte sich umzudrehen. Das kommt bei den Geiern mit einem amputierten Flügel zwar schonmal vor, aber normalerweise schaffen sie es von alleine sich wieder aufzurichten. Ich ging in die Voliere, um dem Geier zu helfen, aber da hörte ich auch schon jämmerliches Husten und konnte sehen, wie der arme Geier Blut spuckte. Ich glaube ich habe die 100 m unter 10 Sekunden geschafft, als ich Hilfe für den Geier holte. Gemeinsam mit Obert drehte ich den Geier um, aber er bewegte sich mittlerweile kaum noch. Also trug ich ihn ins Hospital-Camp und schon bald kam Kerri dazu. Der arme Geier sah aus, als würde er uns unter den Händen wegsterben. Sein Kopf nickte ganz langsam zur Seite und er bewegte sich praktisch gar nicht mehr. Kerri reinigte seinen Schnabel vom Blut und zum Glück kam kein weiteres Blut hinterher. Die Lunge von Geiern liegt direkt am Rücken, so dass es für Geier äußerst unangenehm ist, wenn sie auf den Rücken gedreht werden oder sich nicht von alleine aufrichten können. Hoffentlich ist die Verletzung nicht zu schlimm gewesen. Da der Geier offenbar in einem Schockzustand war, setzten wir ihn an den Tropf mit Ringer-Lösung. Bei schwachen Geiern ist die Vene mit der Infusionsnadel oft nur schwer zu treffen und die Flüssigkeit gelangt später auch nur langsam ins Blut. Bei diesem Patienten ging aber alles reibungslos. Schon nach einer halben Stunde kam dann die überraschende Info von Obert, dass sich der Geier die Infusionsnadel und den Schlauch selber gezogen hat und wieder munter in seinem Hospital-Camp umherläuft. Uff, nochmal Schwein gehabt! Ich bin wirklich froh, dass Obert mich genau in dem Moment zum Kontrollgang geschickt hatte. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn der arme Geier noch länger bei dieser Hitze mitten in der Sonne auf dem Rücken gelegen hätte!

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