Montag, 16. Dezember 2019

Alle Hände voll zu tun

In den Sommermonaten fangen wir hier immer um 6:30 Uhr an, haben dafür aber eine halbe Stunde länger Mittagspause, um der größten Hitze entgehen zu können. Ich habe fast 11 Stunden durchgeschlafen und war daher heute früher bestens vorbereiten. Zumindest dachte ich es. Der Tag wurde nämlich so anstrengend, dass ich kaum noch wach bleiben kann, um den Blog zu schreiben.
Zunächst wurden viele Schubkarren voll Aas in den Volieren und im Geierrestaurant verteilt. Hierbei konnte ich die eingerosteten Muskeln direkt aufwärmen. Danach ging es weiter mit Geierpool-Schrubben, wo nicht nur die Arme gefordert sind, sondern man auch die meisten Zeit auf rutschigen Schrägen in der Hocke sitzt. Zum Glück waren die größten und anstrengendsten Geierpools bereits gestern geschrubbt worden.
Als die wilden Geier in Massen im Geierrestaurant landeten, konnte ich eine Pause machen und nach Flügel- oder Krallenmarkierungen Ausschau halten. Weil die Geier den ganzen Tag über kamen und gingen, verbrachte ich zusätzlich direkt noch meine Frühstücks- und Mittagspause dort.
Auf diesen Anblick hatte ich seit drei Monaten wieder sehnsüchtig gewartet! Hunderte wilde Kapgeier, die sich über unsere Futterbereitstellung freuen.
In dem Gewühl waren überraschend wenig Flügelmarkierungen zu sehen. Weil diese Wingtags mit der Zeit zerfleddern und den Geiern die Flügel scheuen, nutzt VulPro seit einer Weile nur noch Krallenringe. Diese sind zwar schwerer zu entdeckten, aber das Wohl der Geier ist natürlich viel, viel wichtiger! Und so muss ich halt länger im Beobachtungshaus sitzen, um auch wirklich jedem Geier auf die Krallen geschaut zu haben.
Das Aas lag keine Stunde im Geierrestaurant, als es schon von Fliegen nur so wimmelte. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wichtig Geier für die Umwelt sind. Würden sie nicht innerhalb kürzester Zeit so einen tollen Aufräumjob erledigen, dann würde jeder Tierkadaver zu einem riesigen Gesundheitsproblem werden.
Ich bin mir sicher, dass ich auch heute noch genauso mit glänzenden Augen die wilden Geier beobachte, wie bei meinem ersten Besuch hier vor fast 8 Jahren. Es wird einfach nie langweilig oder weniger beeindruckend. Was für majestätische Könige der Lüfte!
Die trippelnden Geier-Schritte mit lang ausgestrecktem Hals sind besonders lustig anzuschauen. Nicht selten entwickelt sich das Getrippel schnell zu einem kräftigen Gehopse und dann mit Schwung rein ins Aas!
Endlich habe ich einen Ring entdeckt. Der weiße fiel aber auch deutlich besser auf als die roten oder schwarzen.
Mampf!
Langhals.
Mittags hackten wir eine Stunde lang getrocknete Knochen klein, um die Geier mit Knochensplittern füttern zu können. Das ist sehr wichtig, damit die Geier genug Kalzium bekommen. Allerdings ebenfalls kein leichter Job.
Nebenher bastelten wir etwas Spielerei an das Futteraas für die Andenkondore. Sie beobachteten zwar das halbe Ferkel, das mit einem Seil an einen großen Ball gebunden war, aus der Ferne, blieben aber unbeeindruckt.
Andenkondore sind mit einer Flügelspannweite von 3,50 m die größten aller Geier!
Die Männchen haben einen fleischigen Kamm auf dem Kopf, die Weibchen nicht. Daher sind bei ihnen von allen Geierarten die Geschlechter am leichtesten zu unterscheiden.
Kleine Abkühlung bei den Weißrückengeiern.
Zwei Pärchen scheinen noch nicht begriffen zu haben, dass die Brutsaison vorbei ist. Sie saßen weiterhin in ihren Nestern...
...bzw. pimperten sogar mehrfach.
Auch die Ohrengeier turtelten verliebt herum - allerdings nicht gerade dann, wenn ich die Kamera griffbereit hatte.
Kurzer Besuch beim Palmgeier.
Und hier sein Mitbewohner, der süße Rabengeier.
Weil wir einen neuen Patienten bekommen haben, der von einer aufmerksamen Familie heute aus dem Staudamm gefischt wurde, ging ich regelmäßig bei unseren Patienten vorbei, die sich in der Voliere der Wollkopfgeier tummeln.
In der Voliere leben auch ihr ehemaliges Adoptivkind, das Weißrückengeier-Küken, und ein Kapgeierküken, das ebenfalls ohne Eltern aufgezogen werden musste.
Der junge Weißrückengeier ist sehr vorwitzig und stärkt bereits mit kräftigen Flatterbewegungen seine Flügelmuskeln.
Auch ans Aas wagt es sich immer wieder alleine ran.
Das Kapgeierküken ist noch extrem schüchtern und ängstlich. Niedlicherweise haben die beiden sich aber angefreundet und der Weißrückengeier beschützt ihn gut.
Sobald er am Aas ist, traut sich auch der junge Kapgeier hinterher und wird sogar manchmal vom Weißrückengeier gefüttert.
Kommen jedoch die Patientengeier zum Aas, dann zieht sich der junge Kapgeier lieber zurück.
Ich konnte sogar mehrfach beobachten, dass der Königsgeier den kleinen Weißrückengeier angefallen hat - nicht nur wie hier am Aas. Sowas ist einfach nur mies! In dieser Voliere hatte jeder Geier ein besonders Schicksal erlebt, so dass dieser Krummschnabel ruhig etwas mehr Rücksicht nehmen könnte.
Am Nachmittag fingen wir an das Geierrestaurant aufzuräumen. Die Geier hatten zwar einen tollen Job erledigt, aber es lagen tausende Aasfetzen und Knochenreste am Futterplatz verteilt. In der starken Nachmittagshitze schoben wir vier Schubkarrenladungen bergauf ans andere Ende der Farm und hatten damit bis zum Feierabend nicht einmal die Hälfte entsorgt. Der Rest muss bis morgen warten. Und wieder bereue ich zutiefst, dass ich nicht in den letzten Wochen etwas Sport gemacht habe, um mich auf die Arbeit hier vorzubereiten. ;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen