Wir entdeckten auch einen wilden Ohrengeier zwischen den Marabus.
Und einen Weißrückengeier.
Zuerst wussten wir nicht, wie wir unter den ganzen Langbeinen unser Sorgenkind finden sollen, aber leider fiel der Arme sofort durch seinen völlig verdrehten und herabhängenden Flügel auf. Er war recht schnell eingefangen und wir konnten den gebrochenen, herausstehenden Knochen sehen. Das arme Tier!!! Vorher hatte ich mich noch erkundigt, wie man überhaupt einen Marabu einfängt. Bei Geiern schleichen wir uns von hinten an und packen sie schnell unterhalb des Kiefers am Hals. Marabus greift man am besten beim Schnabel und sieht dann schnell zu, dass man die Beine in den Griff bekommt, damit er nicht um sich tritt. Außerdem müssen die fast 3 m großen Flügel schnell gebändigt werden. Als wir den Marabu eingefangen hatten, kam er in eine Geiertransportkiste und wir genossen noch ein paar Augenblicke den Acker voller Marabus.
Natürlich waren die Langbeine - durch uns aufgeschreckt - ein Stückchen in Sicherheit geflogen, aber der Anblick war dennoch genial! So viele habe ich noch nie auf einem Haufen gesehen! So wie das folgende Bild hätte ich eine lange Panoramaaufnahme über hunderte Meter Länge voll Marabus machen können.
Auf dem Weg zum Geierrestaurant sahen wir auch viele Dutzend Perlhühner und einen Schakal, der eine Rotte Perlhühner im Auge behielt. Ob er sich wohl ein zartes Geflügel aus der Menge schnappt? Wäre irgendwie traurig. Ganz in der Nähe befinden sich viele Stromleitungen, auf deren Masten einige Geier saßen. Vermutlich ist unser Pechvogel hiermit kollidiert und hat es dann noch irgendwie zum Geierrestaurant geschafft.
Ein Problem für Geier auf Strommasten hatte ich gestern gar nicht erklärt. Geier können auch einen Stromschlag kriegen, wenn sie koten. Aus einem Geier kommt nicht selten ein ordentlicher flüssiger Strang raus. Trifft dieser auf eine Stromleitung, während der Rest noch aus dem Geier kommt, so kann er ebenfalls einen Stromschlag bekommen. Es ist vergleichbar mit Männern, die an einen Elektrozaun pinkeln, aber mit fataleren Folgen.
Zurück bei VulPro bekam unser Marabu eine Bandage, um seinen Flügel zu stützen. Mehr können wir hier leider nicht für ihn tun.Morgen bringen wir ihn zum Tierarzt, weil der Flügel leider amputiert werden muss. Bereits auf der Heimfahrt hat Kerri eine Weile herumtelefoniert, damit unser Pechvogel nach der Operation ein schönes, neues Zuhause bekommt. Notfalls kann er natürlich bei VulPro bleiben, aber ein paar Artgenossen könnten nicht schaden.
Der Marabu durfte erstmal bei den Wollkopfgeiern einziehen. Die beiden haben momentan ziemlich viel Laufkundschaft. Erst der neue Königsgeier, dann ein Kapgeier-Patient und jetzt der Marabu.
Im Geierrestaurant hackten einige Geier im Aas herum, aber irgendwie waren sie ziemlich nervös.
Viele Geier blieben lieber in einiger Entfernung auf der Wiese sitzen, während sich die wenigen Geier am Aas herzhaft stritten.
Auch Flugmanöver gab es kaum, weil die Geier lieber auf Abstand blieben. Wegen Arbeiten am Elektrozaun hatten sie sich trotz Frisch-Aas die letzten zwei Tage nicht her getraut und auch heute blieb das große Fressen aus.
Süßer Langhals!
Wenn schon die Geier das Aas verschmähen, dann können zumindest Kuhreiher & Co ein paar Maden und Fliegen fressen.
Später entsorgten wir das abgenagten Aas aus den Volieren und kurz darauf kam eine Tierärztin vorbei. Heute wurde nämlich unser Patientengeier eingeschläfert, der nach knapp zwei Wochen Physio, Schlinge und bester Versorgung einfach nicht mehr auf die Beine kommt. Um ihm die letzte Ehre zu erweisen, habe ich ihn auf den Arm genommen, während er die erlösende Spritze bekam. Als hätte er gewusst, was los ist, hat er auf meinem Arm keine Gegenwehr geleistet und ist völlig lautlos und bewegungslos entschlafen. Manchmal schreien Geier schrecklich auf, wenn sie die Wirkung der Spritze spüren. Aber wir haben nach langer Erfahrung die Theorie, dass viele Geier genau wissen, wann es Zeit ist zu gehen - und dann auch keine Gegenwehr leisten. Hauptsache sie konnten spüren, dass wir alles getan haben, was in unserer Macht stand, um ihnen zu helfen. Wieder schaffe ich es nicht VulPro ohne Geierverluste zu besuchen. Das ist die traurige Kehrseite der Arbeit mit diesen wunderschönen Tieren. Es werden einfach zu viele schwer verletzt und sterben!
Danach war die Stimmung ziemlich geknickt und ich verbrachte einige Zeit bei den Volieren zur Aufmunterung. Bei herrlicher Sonne und noch sehr warmen Temperaturen liefen Kerri und ich später unsere nachmittäglichen drei Runden mit den Hunden um die Farm. Außerdem wurden wir Zeugen, wie sich der neue Hahn mit unserem Harry anlegte, ihn kreuz und quer über den Hof jagte, in einer Ecke einkesselte und übel attackierte. Später war Harry so eingeschüchtert, dass er sich auf die Fensterbank vom Nachbarzimmer zurückzog. Armer Gockel! Offenbar ist er in die Jahre gekommen und sieht nun durch die neuen Hähne und Hühner seine Zeit ablaufen. Er konnte zwar nie Rocky das Wasser reichen - auch wenn er ihm optisch immer ähnlicher wird - aber trotzdem hab ich ihn über die Jahre liebgewonnen.
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