Dienstag, 25. Juli 2017

Freilassvoliere in Nooitgedacht

Nachdem heute früh die drei Adler und 3 Palmgeier von VulPro mit Eintagsküken versorgt wurden, bekam das Weißrückengeier-Küken sein frisch zubereitetes Mäuseragout aus ca. 20 Mäusen. Mittlerweile kann ich das Häuten, Entdärmen und Zerschneiden schon im Akkord.
Danach begannen die Vorbereitungen für den Ausflug zur neuen Freilassvoliere in Nooitgedacht. Weil die große Voliere dort natürlich auch gereinigt werden muss, packten wir Eimer, Schrubber und Besen für den Geierpool ein. Außerdem wurde auf der Ladefläche des Geländewagens ein großer Wassertank gefüllt, damit wir den Wassertank in den Bergen nahe der Voliere damit füllen können.
Dann sammelten wir den gestern mit GPS-Sender ausgestatteten Kapgeier ein, der in die Freilassvoliere umziehen darf. Außerdem wurde aus der Kühlkammer ein saftiges Schweineaas auf einen Anhänger gewuchtet, damit die Geier was zu Fressen bekommen. Vollbepackt fuhren Anzelle, Obert und ich also los, um uns um die Geier in der Freilassvoliere zu kümmern.
Nooitgedacht ist ca. 1 Stunde Autofahrt von VulPro entfernt. Vorher hielten wir aber noch an einer Schweinefarm, um alte Behälter zurückzugeben und einen Behälter voller Stinkeferkel und Innereien einzusammeln. Der Geruch einer Schweinefarm ist nicht wirklich Appetit-anregend. Noch schlimmer ist allerdings das jämmerliche Gequieke, das aus allen Richtungen ertönt. Man möge meinen, dass die Schlachtung das geringste Übel für diese Tiere ist. Aber immerhin ist es sehr nett von den diversen Schweinefarmen hier in der Gegend, dass sie ihre Verluste für die Geier spenden.
Bereits in der Einfahrt des Privatgeländes von Nooitgedacht liefen die ersten Affen über die Straße. Affen mag ich nicht, daher habe ich lieber Ausschau nach den Giraffen gehalten, die 2012 plötzlich vor uns über die Straße liefen und wohl noch immer dort leben.
An dieser Felswand lebt eine kleine Geierkolonie. Obendrauf befindet sich die Freilassvoliere.
Ein paar Buckelpistenwindungen später und einige Höhenmeter höher entdeckten wir sie tatsächlich! Zwei Giraffen direkt neben der Straße.
Tolle Kulisse für ein wunderschönes Tier!
Auf dem Hochplateau angekommen hielten wir zunächst an einer Geier-Futterstelle. Herrlich, Knochen über Knochen! Da würde ich gerne mal ein Rudel Bartgeier zum Festtagsschmauß einladen!!! Andere Geierarten verschmähen Knochen weitestgehend, aber für Bartgeier wäre selbst das abgenagte Geierrestaurant noch ein perfektes Buffet!!!
Allein hier hätte ich stundenlang Aasfotos machen können, aber die Geier warteten schon auf uns.
Die Kuh hatte auch schonmal bessere Zeiten erlebt...
Während wir die Kiste voller Schweinkram ausschütteten, kreisten sofort die ersten wilden Kapgeier über unseren Köpfen.
Als wir noch ein paar Meter weiterfuhren, tauchte plötzlich die Freilassvoliere vor uns auf. Was für ein genialer Standort für eine Voliere!!! Hier haben die Geier freie Sicht auf die Bergkette, wo ihre wilden Verwandten leben. Der Wind pfeift über das Plateau, der Himmel ist voller Artgenossen und weit und breit keine Menschenseele - außer 2x pro Woche unser Putztrupp. Besser kann man sich nicht an ein künftiges Leben in Freiheit gewöhnen!!!
Die Voliere ist an einem schrägen Felsen errichtet, so dass der hintere Teil deutlich höher liegt als der vordere. Es gibt an beiden Enden Schattennetze, um Schutz vor der Sonne zu suchen. Außerdem gibt es viele Sitzmöglichkeiten und einen großen Geierpool.
Wer aber denkt, dass sich die Voliere wie jede andere bei VulPro reinigen lässt, der hat sich getäuscht. Es führt nämlich kein asphaltierter Weg zu der Voliere, so dass wir den Wagen auf der Straße parken und den ganzen Kram zur Voliere schleppen müssen. Über Stock, Geäst und unzählige wackeliger Steine, so dass wir bei jedem Schritt aufpassen müssen. Zum Glück ist jetzt keine Schlangen-Saison, denn sonst käme diese Unannehmlichkeit auch noch hinzu. Während Obert und ich die schwere Holztragebox samt Geier zur Voliere schleppten, kreisten immer mehr Geier über uns. Box abgesetzt, den ganzen Weg zurück zum Auto und mit Besen und anderem Waschzeug wieder zur Voliere, während Anzelle und Obert das fette Futterschwein hinter sich herzogen. Eine schweinemäßige Arbeit!!!
Die wilden Geier wetzten sich im Flug bereits ihre Schnäbel. Zu schade, dass das Futter gar nicht für sie bestimmt war. Für sie blieben heute nur die Schweine-Innereien im Geierrestaurant.
Unser Neuankömmling erkundet seine neue Voliere.
Praktischerweise trieb sich von allen 30 Geiern genau der Geier in einer Ecke herum, den wir einfangen und zurück nach VulPro bringen sollten. Kerri war nämlich bei ihrem letzten Besuch hier aufgefallen, dass seine Flügel nicht symmetrisch sind und er damit besser nicht freigelassen werden kann. Schneller als gedacht hatten wir ihn eingefangen und in der Transportbox verstaut. Ich hoffe der Arme ist jetzt nicht traurig, dass er wieder zurück muss, nachdem er sich eine Weile an diese herrliche Landschaft gewöhnt hatte!?
Um die übrigen Geier von unserer Reinigungsarbeit abzulenken, teilten wir das Schwein in zwei Hälften und schleppten eine Hälfte in der Voliere den Hügel hoch, wo sich fast alle Geier hin verkrochen hatten. Kaum begannen wir mit dem Schrubben des Geierpools, das ging das muntere Gefutter auch schon los.
Während ich das Wasser aus dem Pool schöpfte, begannen Obert und Anzelle mit dem Schrubben, damit wir möglichst viele Algen von den Poolwänden entfernen können.
Die Geier schien das Futterschwein bestens abzulenken, denn wir hörten gieriges Fauchen und Schnattern von den oberen Rängen.
Aas hack!
Natürlich flatterten die Geier auch kreuz und quer übereinander, was bei dem dunklen Licht unter dem Schattennetz leider nicht so gut zu fotografieren war.
Während wir den Geierpool mit frischem Wasser füllten - und gleichzeitig das Wasser aus dem Tank auf unserer Ladefläche umfüllten - lief ich einmal um die Voliere herum, um nach eventuellen Löchern zu suchen. In den Bergen gibt es Raubkatzen, die unseren Schützlingen gefährlich werden könnten. Daher ist es wichtig, dass die Voliere gut gesichert ist. Zum Glück war alles noch in bester Ordnung und ich konnte die Ansicht der Voliere aus allen Blickwinkeln genießen.
Leider nicht ganz so gut zu erkennen, aber über unserem Auto kreisten immer wieder Dutzende Geier gleichzeitig. Dieser Anblick, wenn plötzlich ein Geier an dir vorbeisaust, egal ob hoch oben am Himmel oder auf Augenhöhe, das wird einfach nie langweilig oder weniger atemberaubend!!!
Nach dem Kontrollgang räumten wir allen Kram zurück zum Auto. Zwar mussten wir diesmal kein Schwein hinter und herziehen, aber die Transportkiste mit dem Geier war wieder genauso unhandlich und schwer wie auf dem Hinweg. Das Wassernachfüllen dauert ziemlich lange, so dass noch genügend Zeit blieb die zahllosen Geier am Himmel und überall um uns herum zu bewundern.
Teils ziehen sie lautlos an uns vorüber, teils ist deutlich zu hören, wie ihre riesigen Flügel den Wind schneiden. Majestäten der Lüfte!!!
Hoffentlich finden alle von ihnen heute genug Futter, damit sie zu ihren hoffentlich zahlreichen Küken zurückfliegen können.
Auf der Rückfahrt hielt ich natürlich wieder Ausschau nach den Giraffen und merkte kaum, dass eine direkt vor uns auf der Straße stand.
Im Gebüsch nebenan hatte sich eine Junggiraffe gut getarnt versteckt.
Ausgehungert und zufrieden kamen wir nachmittags zurück nach VulPro, räumten allen Kram auf und ich drehte eine kurze Runde durch die Volieren.
Das Ohrengeier-Pärchen turtelte fleißig,
während die Kapgeier-Paare in der Brutvoliere mit ihren süßen Küken beschäftigt waren.
Oder mit ihrem Dummy-Ei...
Nachdem ich das ganze Altaas aus den Volieren eingesammelt und ins Geierrestaurant gebracht hatte, kam Anzelle mit einer frischen toten Kuh vorbei. Es ist wichtig, dass in den Brutvolieren immer genug Futter ist. Also ging ein Vorderbein an die Weißrückengeier-Voliere und die beiden Hinterbeine an die Kapgeier-Brutvoliere. Der Rest bleibt im Geierrestaurant für die wilden Geier. Ich kann es kaum erwarten endlich mal ein genüssliches Aas hack beobachten zu können.
Zwischendurch checkten Kerri und ich, ob die beiden Weißrückengeier aus der offenen Voliere noch immer im Baum sitzen. Und tatsächlich, einer saß immer noch an Ort und Stelle. Da wir uns Sorgen um seine Gesundheit machten, wollten wir schon eine Leiter holen. Aber dann bewegte er sich und ein gut gefüllter Kropf wurde sichtbar. Wir brauchen uns also nicht weiter zu sorgen, dass das Vieh bald vom Fleisch fällt, denn offenbar kommt er zum Fressen aus dem Baum runter und klettert hinterher wieder zurück. Witziges Vieh!
Nach dem täglichen Spaziergang mit Kerri und den Hunden verfütterte ich die zweite Mäuseration an das kleine Weißrückengeier-Küken und besuchte im warmen Abendlicht noch einmal die Kapgeier-Familien. Ein Küken wurde gerade fleißig gefüttert, während drei andere unter dem Gefieder ihrer Eltern nicht zu sehen waren.
Das kleine Schätzchen hier war offenbar furchtbar müde, konnte aber keine bequeme Schlafposition finden. Erst lag es seitlich auf einem Flügel...
...dann auf dem vollgefressenen Kropf...
...und danach robbte es sich weiter ans Gefieder seiner Eltern heran. Wie gut ich es nachvollziehen kann, wenn man todmüde ist, aber irgendwie keine Liegeposition bequem erscheint. Während seine Eltern geduldig warteten, wälzte es sich noch minutenlang im Nest hin und her, bis ihm schließlich die kleinen Äuglein zufielen. Schlaf gut, kleines Geierküken!
Bei den Andenkondoren ist von Familienleben nichts zu sehen. Während die hübsche Kondordame in einer Felsenhöhle saß und den Sonnenuntergang beobachtete, saß ihr Partner zwei Etagen höher und zur Seite versetzt. Flügel an Flügel wäre irgendwie romantischer gewesen...

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