Nach dem aufregenden gestrigen Tag ging es heute ganz früh raus, da ich leider wie geplant meine Unterkunft wechseln musste. Um dennoch pünktlich zum frühen Treffpunkt mit den Geierfreunden der Vulture Conservation Foundation und des LBV am Eingang zum Nationalpark Berchtesgaden zu kommen, musste ich das Auto sehr früh beladen und mit müden Beinen vom gestrigen Berganstieg ging es los.
Vom Parkplatz aus nahmen wir den Bus quer durch das Klausbachtal bis zur Bindalm, die auf 1.120 m über NN liegt. Dort lebt offenbar ein verrückter Auerhahn, der im April und Mai immer wieder Leute angefallen hat. Auch unser Wildführer Lukas wurde offenbar von ihm quer den Hang durch den Schnee hochgejagt, bevor es einige Schläge mit dem Flügel hagelte. Das hätte ich ja gerne live gesehen! Natürlich war die Gruppe von Birdwatchern ganz besonders hinter dem Vieh her.
Zunächst ging es gemütlich über die Alm und bei jedem kleinen Piepmatz wurde gestoppt. Pardon, bei jedem Vogel. Ich habe ja heute gelernt, dass "Piepmatz" eine Beleidigung für Birdwatcher ist. Erinnert mich irgendwie an die befreundeten Kaninchenzüchter, die das Wort "Karnickel" aus meinem Mund als Beleidigung empfangen, obwohl ich das Wort einfach nur genutzt habe, weil es gut klingt...
Barty durfte natürlich mit. Vor allem, da ich nicht dachte, dass das heute eine intensive Wanderung wird. Es ging ja eigentlich nur um den Auerhahn... eigentlich.
Der Auerhahn hält sich meistens entweder am Bachlauf unten im Tag auf oder weiter oben auf dem Berg. Wir versuchten es erst unten, wo wir auf einem Ameisenhaufen auch seinen Dung entdeckten (die bräunlichen "Würmchen" im mittleren Bereich).
Da wir ihn am Bach jedoch nicht entdeckten, ging es querfeldein bergauf. BERGAUF!!! Und das mit kaputten Beinen von gestern! Aber ich wollte mich ja nicht beklagen, da ich mich einfach total über die Einladung von José gefreut hatte und auf diese Weise mehr Zeit mit meinen Geierfreunden verbringen konnte.
Zum Leidwesen der anderen blieb der Auerhahn spurlos verschwunden, was mir natürlich echt leid tat. Auch wenn das Vieh witzig klang, bin ich bei den meisten Nicht-Geier-Arten ja irgendwie emotionslos, hehe. Hauptsache Bewegung in der freien Natur, gerne mit netter Gesellschaft.
Das nächste Objekt der Begirde war ein Specht - ich glaube mit nur 3 Zehen. Wir entdeckten einen Baum mit eindeutigen Spechtspuren und wenigstens ein Bundspecht hatte sein Nest dort mit fiependen Küken.
Das süße Eichhörnchen hat mich da schon etwas mehr begeistert. Birdwatchern muss man ja echt lassen, dass sie selbst ohne Teleskop auch die kleinste Bewegung in weiter Entfernung ausmachen können. Das mampfende Eichhörnchen am Ende der Lichtung hätte ich im Leben nicht selber entdeckt!
Nach 200 Höhenmetern hatten wir die Mittereisalm auf 1.320 m Höhe erreicht. Wer jetzt aber denkt, dass dies genug Kraxelei war, hat sich getäuscht (genau wie ich). Nach einer kurzen Rast auf der idyllischen Alm ging es nämlich weiter.
Die Berge im Hintergrund sind ja so schön, da kann man direkt rausklettern...
Unterwegs gab es viele schöne Pflanzen und einige Tiere zu entdeckten. Fotostopps sind immer gut, um mehr oder weniger auffällig Luft zu schnappen.
Irgendwann konnte ich aber kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen und das "ist nicht mehr weit" hatte ich schon beim zweiten Mal nicht mehr geglaubt. Der schmale und sehr steile Schotterweg war einfach zu heftig. Bitte das Gejammere nicht ernst nehmen! Ich bin voll dankbar dabei gewesen zu sein und wollte daher natürlich auch niemanden aufhalten - aber irgendwann ging es nicht mehr. Der Vorteil war, dass wir den gleichen Weg zurückgehen würden. Daher ließ ich mich einfach zurückfallen und ging schleichend einen Schritt nach dem nächsten, immer wissend, dass die anderen mir irgendwann entgegen kommen, wenn ich zu lange brauche. Aber letztendlich war ich gar nicht sooo viel langsamer und erreichte den Zielort auf 1.560 m Höhe! Wahnsinn! Nachdem sich 10 min später meine Atmung wieder beruhigt und die Gesichtsfarbe langsam Richtung Normalzustand wechselte, war ich nur noch stolz aufs Durchhalten!!!
In der Steilwand mit Geröllfeld im Hintergrund konnten wir viele Gämse beobachten. Lecker
Bartgeier-Futter in spe!
Wir entdeckten sogar einen leckeren Snack für Barty, einen Gamsschädel.
Eine ganze Weile genossen wir die herrliche Landschaft, stärkten uns mit lecker Schokokugeln von Franziska und entspannten die müden Beine. Ein wenig Sorge machte ich mir natürlich schon wegen des steilen und langen Abstieges, aber dafür lieh mir Lukas seine Wanderstöcke. Ich hatte mir eigentlich vor dem Urlaub günstig gekauft und sie immer im Kofferraum, aber konnte mich nicht aufraffen die sperrigen Stöcke mitzuschleppen. Heute habe ich gelernt, dass die Dinger wirklich ein Segen sind. Das Gewicht ließ sich viel besser verteilen, ich hatte mehr Halt und konnte fast schon gemütlich bergab laufen. Wenn ich das nächste Mal die Geier besuche und mich wieder 300 steile Höhenmeter hochschleppe, kommen die Stöckchen in jedem Fall mit!
Unser Weg führte uns wieder bis fast zum Ausgangspunkt, nämlich dem "Auerhahn-Bach". Das Vieh war leider noch immer nicht da, so dass wir nochmal kurz ausruhten und uns von Lukas gute Tierbeobachtungspunkte auf der Karte zeigen ließen.
Anschließend ging es zu Fuß zurück, quer durchs Klausbachtal bis zum Parkplatz. Ehrlich gesagt, nachdem ich weitere 500 Höhenmeter überlebt hatte, konnte mich fast gar nichts mehr schocken. Außerdem ging der Großteil des Weges stetig bergab und ich konnte auch weiterhin die Wanderstöcke nutzen.
Besonders schön wurde der Weg am Wildfluss entlang. Klasklares Wasser, kugelrund geschliffene Steine und tolles Geplätschere. Das Wetter hatte sich auch richtig toll entwickelt, nachdem es zwischendurch zweimal kurz genieselt hatte.
Das Highlight: Die große Hängebrücke.
Da kroch sogar Barty nochmal aus dem Rucksack raus.
Mit Blümchen kenne ich mich ja nicht aus, aber dem stark gefährdeten Gelben Frauenschuh schenkte ich dennoch Beachtung.
Der schönste Kuhfladen aller Zeiten. ;-)
Irgendwann erreichten wir einen Steinadler-Beobachungspunkt mit Infotafeln und schönen Skulpturen. Hier streckten wir endgültig alle Viere von uns und ließen Sektkorken knallen, weil ein Geburtstagskind unter uns war. Ich muss zugeben, dass ich fast vom Glauben abfiel, wie man zwei schwere Glasflaschen mit auf so eine Wanderung schleppen kann. Aber vermutlich hatte keiner von uns damit gerechnet, wieviele Kilometer wir tatsächlich abreißen würden. Insgesamt waren es 13 km. Innerhalb der ersten 3 km ging es auf bis zum höchsten Punkt und dann 10 km vom Berg herab, das Klausbachtal entlang bis zum Parkplatz! Wahnsinn! Wie gut, dass meine müden Beine das vorher nicht wussten!
Stolz und zufrieden! Was für ein toller Tag und eine wirklich klasse Truppe!!!
Als ich später in meiner neuen Unterkunft eincheckte, gab es erstmal eine ordentliche Portion Kaiserschmarrn als Belohnung!
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