Montag, 18. Oktober 2010

Wiedersehen unter Geiern - Geier auf dem Kreuzweg

Nachdem wir elf Gänsegeier freigelassen haben, können sich einige von ihnen noch immer nicht vom Eko-Centar Caput Insulae Beli trennen. Sie sitzen nach wie vor auf der Voliere, auf den Hausdächern, laufen durch das Esel-Gehege und drehen ihre Kreise im Tiefflug übers Center. Es gibt immer etwas zu gucken und es ist richtig spannend immer wieder auf Geiersuche zu gehen.
Nachdem meine Touristenführungs-Schicht um 14 Uhr endete (heute kamen sogar einige Besucher vorbei!!!) kletterte ich zum ersten Mal auf den Berg hinterm Haus zu dem großen weißen Gipfelkreuz. Im Sommer hatte ich mir schon überlegt hochzuklettern, aber da habe ich den Weg nicht gefunden und bei praller Sonne wäre der Aufstieg eher unangenehm gewesen. Nachdem es gestern fast durchgeregnet hatte, hatten wir heute wieder blauen Himmel und strahlende Sonne – allerdings bitterkalten Wind!
Der Weg zum Gipfelkreuz beginnt am Ende der Straße auf dem ersten Teilstück des blauen Wanderweges. Nach einigen Holzkreuzen entlang des Weges geht ein kleiner Trampelweg rechts den Berg hoch und man erblickt schnell weitere Holzkreuze. Der Weg zum Gipfel ist nämlich gleichzeitig auch ein Pilgerweg. Als ich das weiße Kreuz schon sehen kann, flattert plötzlich etwas vor mir durchs Gestrüpp… und ein Gänsegeier kommt zum Vorschein!!! WAHNSINN, UNGLAUBLICH!!! Er läuft etwa 30 m von mir entfernt über den Boden und setzt sich auf einen Felsen auf dem Berggipfel! Ich bin also hoch über Beli, sehe vor mir einen steinigen, schmalen Trampelpfad, drei weitere dunkle Holzkreuze, darüber das große weiße Kreuz vor blauem Himmel und einen Gänsegeier auf einem Felsen. Das war mit Sicherheit einer dieser wenigen magischen Momente im Leben, wo man nicht weiß, ob das alles wirklich passiert oder man nur träumt!!! Einfach Wahnsinn!!!
Vorsichtig habe ich mich immer weiter an ihn rangeschlichen, Schritt für Schritt.
Er blieb stolz auf seinem Felsen sitzen und bewegte nur hin und wieder den Kopf hin und her.
Einmal schreckte ich ihn wohl leicht auf, denn er lief ein paar Schritte auf das weiße Kreuz zu und wieder zurück.
Dabei konnte ich seine Krallenmarkierung lesen, es war einer der am Samstag ausgewilderten Gänsegeier, „CJP“.
Ich konnte mich bestimmt bis auf etwa 10 m heran pirschen, bis er zwei Sätze nach rechts ins Gebüsch machte. Dort saß er hinter Zweigen versteckt, sehr gut getarnt.
Hin und her gerissen, ob ich ihn in Ruhe lassen soll, bin ich doch noch ein paar Zentimeter auf ihn zu. Er wurde unruhig, also setzte ich mich gemütlich auf einen Felsen und bewunderte ihn eine Zeit lang. Irgendwann flatterte er in dem engen Gestrüpp mit den Flügeln und schwang sich in die Lüfte. Er drehte noch einige Kreise über meinen Kopf hinweg um den Berggipfel herum und segelte dann Richtung Beli und weiter nach Kruna, bevor er nach einigen weiteren großen Kreisen hinter dem nächsten Berg verschwand. Unglaublich!
Über eine Stunde blieb ich am Gipfelkreuz sitzen und konnte diese geierhafte Begegnung dennoch kaum fassen… Bei dem traumhaften Ausblick kann ich aber sehr gut verstehen, warum sich der Flattermann dort oben herumgetrieben hat!!!
Ob ich morgen direkt noch mal hochklettern soll??? Ober dann wieder dort sitzt? Aber dann würde ich ihn einfach dort sitzen lassen und aus der Ferne bewundern, statt ihm zu Nahe zu kommen. Konnte der Versuchung heute aber einfach nicht widerstehen. So nahe bin ich einem Gänsegeier in freier Natur noch nie gekommen!!!
Während ich oben auf dem Gipfel saß, kam zwei weitere Male ein Geier relativ nah herangesegelt, drehte erst seine Runden über dem Eko-Centar und dann über Beli, bevor er wieder verschwand.
Und einige weitere Geier segelten schnurgerade hoch oben am Himmel vorbei. Dazu diese herrliche Aussicht und die wunderbare Stille… wirklich ein magischer Ort, den ich dort entdeckt habe!!!

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