Gestern war es so weit: Die elf im Jahr 2009 geretteten Gänsegeier wurden eingefangen und in den kleinen, abgesonderten Eckbereich der Voliere gesteckt, von wo aus sie heute ab in die Freiheit fliegen können.
Aber wie um alles in der Welt fängt man eigentlich einen Geier? Warten, bis der Kopf tief genug im Aas vergraben ist, und dann ein Netz drüberwerfen? Wäre möglich. Mir fällt da aber direkt noch eine andere Möglichkeit ein, nach der sogar ein amerikanischer Geier-Forschungs-Blog einer Ph.D.-Anwärterin aus Princeton (untersucht Geier in der Masai Mara) benannt ist: „Catch a Vulture by the Toe“. Hehe. Auch eine gute Idee! Hier im Eko-Centar Caput Insulae Beli (ECCIB) ging es den Geiern aber mit einem riesigen XXL-Schmetterlingsnetz an die Halskrause… Die elf Geier sollten bereits morgens eingefangen und von den restlichen zwölf Geiern getrennt werden. Nach Aussage der erprobten Angestellten würde das eine wilde Flatterei werden und „griffons will be everywhere“. Fantastisch!!! Schade, dass ich nicht noch schnell irgendwo in der Voliere eine Kamera installieren konnte. Auf geht’s zur wilden Geierjagd. Zu dieser Zeit stand das Eko-Centar Besuchern verständlicherweise nicht zur Verfügung. Aber wie unsere tägliche Aufgabenverteilungs-Anzeigetafel besagt, waren von 14 – 19 Uhr dann alle Gäste wieder herzlich willkommen. Der große Showdown am Samstag wird dann allerdings auch nur in „geschlossener Gesellschaft“ stattfinden, weil sich sehr viele Gäste aus Forschung und Unweltschutz inklusive Reporter angemeldet haben. Bühne frei für die „Stars in der Voliere“!!!
Jetzt aber genug der Reden: Wie sucht man denn nun elf bestimmte Geier aus einem Pulk von 23 heraus und fängt sie ein?
Dazu gab es vorab eine gründliche Lagebesprechung und eine genaue Aufgabenverteilung. Die Geier haben alle bestimmte Markierungen an ihren Krallen, woran man direkt erkennen kann welcher Geier zu den 2009ern gehört. Nebenbei, in einem meiner August-Artikel habe ich unter anderem diese elf Geier mit Namen, Bild und Markierung vorgestellt!
Jeweils zwei Leute sollten die Klappe zur Eck-Voliere bewachen, wo die elf auszuwildernden Geier die Nacht verbringen sollten, und die Tür zum Quarantäne-Bereich, in den die verbleibenden Geier vorläufig gestopft wurden. Ein Helfer kletterte auf die große Holzplattform, damit sich kein Geier dort verstecken kann, einer postierte sich auf dem kleinen Hügel, wo sich auch mal gerne ein Geierchen hin zurückzieht. Zwei weitere Helfer bezogen Posten auf der großen „Holztreppe“, wo sich alle Geier (leider verängstigt) zusammenkauerten. Sie sollten dann nach und nach die Geier erschrecken, damit sie losfliegen und wir eine Chance haben sie am Boden einzufangen. Eine Helferin übernahm das Abharken der eingefangenen Geier auf einer Liste und das Notieren des Gewichtes – JEDER Geier wurde nämlich auch zur Kontrolle gewogen. Außerdem bekamen die drei bisher unmarkierten Geier eine eigene Markierung um die Kralle. Die Utensilien dazu mussten aus dem Glastunnel angereicht werden.
Der Rest packte dort mit an, wo Not am Geier war. Ich gehörte genialerweise zur Einfang-Gruppe, bestehend aus Dr. Sc. Goran Sušić, Chef des Eko-Centars, und den Angestellten Bonk und Daria. Diese drei schnappten sich die aufgeschreckten Geier mit Hilfe des XXL-Schmetterlingsnetzes oder einer Decke, je nachdem wie viele Geier zeitgleich eingefangen werden „wollten“. Nach dem etwas unsanften Einfangen wurden die Geier „liebevoll auf den Arm genommen und lächelten geduldig für einige Fotos in die Kamera“.
Danach wurden sie in einen reißfesten Sack gesteckt und gewogen. Meine Aufgabe war es zunächst die ersten drei Geier (Torgos sowie zwei 2010er-Geier) zur Quarantäne-Kammer zu bringen und dort auszusetzen. Dazu hielten die beiden Wächter die Tür auf und der Geier sollte eigentlich brav aus dem geöffneten Sack rausklettern. War der Sack aber nicht weit genug geöffnet bzw. verhedderte sich eine Kralle in der Schnur des Sackes, so ging das alles nicht ganz so einfach über die Bühne. Ich sollte dazu sagen, dass diese Kammer auch nicht wirklich groß ist, so dass nach dem Aussetzen eines Geiers die Tür von den Wächtern natürlich ganz schnell wieder geschlossen werden musste, damit keiner abhaut. Aus diesem Grunde übernahm nach dem dritten Geier Goran die Quarantäne-Geier, während ich die elf 2009er-Geier in ihrer Eck-Voliere aussetzte.
Dazu schleppte ich den Geier im Sack zu einer großen Klappe, die durch zwei Helfer per Seile aufgezogen wurde. Ich kletterte schnell drunter durch, damit die Klappe nicht zu weit geöffnet werden musste. Vorher schon vorsichtig Sack-Schnur geöffnet, dann schnell den Sack in die Eck-Voliere gehoben und an einem Zipfel festgehalten. Manchmal sprang der Geier ratzfatz selber raus, manchmal musste ich ihn aus dem Sack rausschütteln. Sehr liebevoll natürlich!!! Sobald der Geier draußen war, schnell Sack und Kopf eingezogen und Klappe wieder zu.
Komisches Gefühl übrigens, als sich die kleine Eck-Voliere nach und nach mit Geiern füllte und ich für jedem weiteren Geier immer wieder halb in die Voliere reinklettern musste. Aber Sorgen habe ich mir nicht gemacht sondern drauf vertraut, dass die Geier mittlerweile wissen, dass ich nur ihr Bestes möchte ;-)
Wie bereits erwähnt waren drei Geier bisher nur mit einem Metallring versehen, hatten aber keine eigene Markierung mit Kennbuchstaben. Diese Geier wurden mit zwei Mann gepackt, wobei einer die zu markierende Kralle festhielt. Goran konnte dann mit Hilfe einer speziellen Zange die grüne Markierung um die Kralle schließen. Bei der Markierung eines Geiers habe ich auch mitgeholfen. Hm, heißt das jetzt eigentlich, dass ich mit einem Geier Händchen, ääähm, Kralle gehalten haben???
Wenn ein Geier gefangen wurde, so wurde immer seine Markierung laut vorgelesen, damit die Schreiberin sofort erkennen konnte, ob es ein 2009er-Geier ist oder nicht. Auf einmal der Ruf „CFJ“. BETTY!!! Bin natürlich direkt hingerannt, um sie mir aus der Nähe anzuschauen. Und im nächsten Moment wurde mein großer Traum war: Ich durfte Betty auf den Arm nehmen!!!
Natürlich habe ich sie durch Handschuhe und Jacke nicht gefühlt, aber ich konnte endlich einen Geier „kuscheln“ – und dann sogar meine eigene Patengeierin!!! Die Gute wiegt mittlerweile 9 kg, seit ihrer Rettung im Juli hat sie also knapp 2 kg zugenommen. Einen Geier schnappt man sich (wenn man ihn hingehalten bekommt) am besten zuerst am Hals und packt kurz hinterm Kopf kräftig zu. Zuckt der Kopf hin und her, dann hält man den Hals zu locker. Danach den anderen Arm um den Körper und die Flügel legen und mit der Hand schnell die beiden Beinchen des Geiers umschließen. Und schon hat man sich den Geier praktisch „unter den Arm geklemmt“! Das klingt vielleicht nach Quälerei, ist aber recht harmlos. Irgendwie müssen die Geier ja untersucht werden, damit man ihnen helfen kann… Ähm, räusper, weil ich es nicht übers Herz gebracht hatte richtig fest zuzupacken, konnte Betty recht bald eine Kralle aus meinem Griff befreien. Sie ist aber sehr brav geblieben!
Schweren Herzens musste ich Betty nach einigen Fotos wieder hergeben und auch in einen Sack stopfen. Goran brachte sie daraufhin zum Quarantäne-Bereich, weil sie ja noch bis zum nächsten Herbst im Eko-Centar bleiben wird.
Bei einem anderen Geier konnte ich mir die Gelegenheit nicht verkneifen und habe ihn kurz ohne Handschuh gestreichelt. Die Halskrause ist sehr weich und die Haut des Geiers schön warm. Was mich aber am meisten gewundert hat: Der weiße Flaum auf Kopf und Hals ist total flauschig! Ungefähr so wie bei einem Schaf, wenn man sich durch das verfilzte Zottelfell durchgräbt und dann in den Bereich kommt, wo das Fell direkt an der Haut ist und sich wunderbar flauschig-weich anfühlt…
Ich weiß gar nicht mehr wie lange das Geier-Einfangen gedauert hat. In jedem Fall hatten wir alle eine Menge Spaß – okay, die Geier wohl eher weniger – und es ereigneten sich viele lustige Momente. Ein ums andere Mal wurden wir halb umgeflattert oder von den Geiern mächtig ausgetrickst. Außerdem entwischten uns zwei geschickte Geier wieder, bevor wir sie in einen Sack stopfen konnten. Während Ohrengeier Torgos sich freiwillig als Erster hatte fangen lassen,
blieb Alt-Geier Pepina fast bis zum Schluss unantastbar. Sie hatte zwar sehr schnell Gefallen an einem unserer Helfer gefunden, allerdings genau an demjenigen, der eigentlich einen großen Bogen um alles macht, was Federn hat und noch lebt. Schlauer Geier also, denn so zögerte sich die Jagd hinaus. Wir vermuten aber, dass er einfach unsere Anwesenheit weiterhin genießen wollte. Wann treiben sich denn schon so viele Helfer so lange in der Voliere herum!? Letztendlich ließ sich Pepina dann nur von Goran persönlich OHNE Netz einfangen – ein Alt-Geier hat schließlich auch seinen Stolz!
Nachdem schließlich alle 23 Geier in die zwei getrennten Bereiche einsortiert waren, konnte ich von mir sagen, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes säckeweise Geier geschleppt habe!!!
Kaum war der letzte Geier aber gefangen und gewogen, so wurden die zwölf bleibenden Geier wieder in die große Voliere entlassen. Sie sollen ja nicht länger als nötig auf so engen Raum gepfercht sein. Pepina machte den Anfang und kurz darauf flogen auch die anderen Geier hinter ihm her. Nur Torgos ließ ein wenig auf sich warten, zog dann aber auch die große Voliere dem kleinen, dunklen Quarantäne-Raum vor.
Die elf anderen Geier hingegen müssen bis heute 12 Uhr noch in der kleinen Eck-Voliere aushalten, bevor sie ausgewildert werden. Vor lauter Aufregung durch die vielen Menschen und die ungewohnte Enge zofften sie sich um den Wassereimer, den wir ihnen in die Voliere gestellt hatten. Immer wieder kletterten sie dort rein und flatterten sich gegenseitig über den Haufen oder sprangen ins Netz. Schnief, das tat mir total leid!!! :-) Es hat aber auch seinen Sinn, denn so können die Geier ihre wiedergewonnene Freiheit hoffentlich kaum noch erwarten und fliegen sofort raus, sobald die Klappe in die Freiheit geöffnet wird. Erfahrungsgemäß bleiben nämlich normalerweise einige Geier gerne weiterhin in der Voliere, weil es da ja immer genug Futter gab und die Geier es dort doch eigentlich sehr gut haben. Als weiteren Anreiz nach draußen zu fliegen haben wir den Geiern gestern Morgen bereits ein Tiefkühlschaf auf die Plattform vor der Klappe gelegt. Hehe, hoffentlich ist das Schaf bis zur Auswilderung überhaupt noch dort, denn gestern Nachmittag kreisten bereits sechs wilde Gänsegeier im Tiefflug über dem Fresschen… Muss aber schon zugeben, dass ich mit den elf Geiern nicht tauschen möchte. Auf engem Raum eingesperrt und dann noch ein fettes Aas vor dem Schnabel, an das sie aber trotz langen Halses nicht rankommen können. Schnief. Irgendwie mies, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es seinen Zweck erfüllen und die Geier zum Fortfliegen bewegen wird. Und wenn die elf Gänsegeier dann endlich frei und gesund über dem Eko-Centar ihre Kreise ziehen, dann haben sich all die Arbeit und all die Opfer doch gelohnt!!!
Aber wie um alles in der Welt fängt man eigentlich einen Geier? Warten, bis der Kopf tief genug im Aas vergraben ist, und dann ein Netz drüberwerfen? Wäre möglich. Mir fällt da aber direkt noch eine andere Möglichkeit ein, nach der sogar ein amerikanischer Geier-Forschungs-Blog einer Ph.D.-Anwärterin aus Princeton (untersucht Geier in der Masai Mara) benannt ist: „Catch a Vulture by the Toe“. Hehe. Auch eine gute Idee! Hier im Eko-Centar Caput Insulae Beli (ECCIB) ging es den Geiern aber mit einem riesigen XXL-Schmetterlingsnetz an die Halskrause… Die elf Geier sollten bereits morgens eingefangen und von den restlichen zwölf Geiern getrennt werden. Nach Aussage der erprobten Angestellten würde das eine wilde Flatterei werden und „griffons will be everywhere“. Fantastisch!!! Schade, dass ich nicht noch schnell irgendwo in der Voliere eine Kamera installieren konnte. Auf geht’s zur wilden Geierjagd. Zu dieser Zeit stand das Eko-Centar Besuchern verständlicherweise nicht zur Verfügung. Aber wie unsere tägliche Aufgabenverteilungs-Anzeigetafel besagt, waren von 14 – 19 Uhr dann alle Gäste wieder herzlich willkommen. Der große Showdown am Samstag wird dann allerdings auch nur in „geschlossener Gesellschaft“ stattfinden, weil sich sehr viele Gäste aus Forschung und Unweltschutz inklusive Reporter angemeldet haben. Bühne frei für die „Stars in der Voliere“!!!
Jetzt aber genug der Reden: Wie sucht man denn nun elf bestimmte Geier aus einem Pulk von 23 heraus und fängt sie ein?
Dazu gab es vorab eine gründliche Lagebesprechung und eine genaue Aufgabenverteilung. Die Geier haben alle bestimmte Markierungen an ihren Krallen, woran man direkt erkennen kann welcher Geier zu den 2009ern gehört. Nebenbei, in einem meiner August-Artikel habe ich unter anderem diese elf Geier mit Namen, Bild und Markierung vorgestellt!
Jeweils zwei Leute sollten die Klappe zur Eck-Voliere bewachen, wo die elf auszuwildernden Geier die Nacht verbringen sollten, und die Tür zum Quarantäne-Bereich, in den die verbleibenden Geier vorläufig gestopft wurden. Ein Helfer kletterte auf die große Holzplattform, damit sich kein Geier dort verstecken kann, einer postierte sich auf dem kleinen Hügel, wo sich auch mal gerne ein Geierchen hin zurückzieht. Zwei weitere Helfer bezogen Posten auf der großen „Holztreppe“, wo sich alle Geier (leider verängstigt) zusammenkauerten. Sie sollten dann nach und nach die Geier erschrecken, damit sie losfliegen und wir eine Chance haben sie am Boden einzufangen. Eine Helferin übernahm das Abharken der eingefangenen Geier auf einer Liste und das Notieren des Gewichtes – JEDER Geier wurde nämlich auch zur Kontrolle gewogen. Außerdem bekamen die drei bisher unmarkierten Geier eine eigene Markierung um die Kralle. Die Utensilien dazu mussten aus dem Glastunnel angereicht werden.
Der Rest packte dort mit an, wo Not am Geier war. Ich gehörte genialerweise zur Einfang-Gruppe, bestehend aus Dr. Sc. Goran Sušić, Chef des Eko-Centars, und den Angestellten Bonk und Daria. Diese drei schnappten sich die aufgeschreckten Geier mit Hilfe des XXL-Schmetterlingsnetzes oder einer Decke, je nachdem wie viele Geier zeitgleich eingefangen werden „wollten“. Nach dem etwas unsanften Einfangen wurden die Geier „liebevoll auf den Arm genommen und lächelten geduldig für einige Fotos in die Kamera“.
Danach wurden sie in einen reißfesten Sack gesteckt und gewogen. Meine Aufgabe war es zunächst die ersten drei Geier (Torgos sowie zwei 2010er-Geier) zur Quarantäne-Kammer zu bringen und dort auszusetzen. Dazu hielten die beiden Wächter die Tür auf und der Geier sollte eigentlich brav aus dem geöffneten Sack rausklettern. War der Sack aber nicht weit genug geöffnet bzw. verhedderte sich eine Kralle in der Schnur des Sackes, so ging das alles nicht ganz so einfach über die Bühne. Ich sollte dazu sagen, dass diese Kammer auch nicht wirklich groß ist, so dass nach dem Aussetzen eines Geiers die Tür von den Wächtern natürlich ganz schnell wieder geschlossen werden musste, damit keiner abhaut. Aus diesem Grunde übernahm nach dem dritten Geier Goran die Quarantäne-Geier, während ich die elf 2009er-Geier in ihrer Eck-Voliere aussetzte.
Dazu schleppte ich den Geier im Sack zu einer großen Klappe, die durch zwei Helfer per Seile aufgezogen wurde. Ich kletterte schnell drunter durch, damit die Klappe nicht zu weit geöffnet werden musste. Vorher schon vorsichtig Sack-Schnur geöffnet, dann schnell den Sack in die Eck-Voliere gehoben und an einem Zipfel festgehalten. Manchmal sprang der Geier ratzfatz selber raus, manchmal musste ich ihn aus dem Sack rausschütteln. Sehr liebevoll natürlich!!! Sobald der Geier draußen war, schnell Sack und Kopf eingezogen und Klappe wieder zu.
Komisches Gefühl übrigens, als sich die kleine Eck-Voliere nach und nach mit Geiern füllte und ich für jedem weiteren Geier immer wieder halb in die Voliere reinklettern musste. Aber Sorgen habe ich mir nicht gemacht sondern drauf vertraut, dass die Geier mittlerweile wissen, dass ich nur ihr Bestes möchte ;-)
Wie bereits erwähnt waren drei Geier bisher nur mit einem Metallring versehen, hatten aber keine eigene Markierung mit Kennbuchstaben. Diese Geier wurden mit zwei Mann gepackt, wobei einer die zu markierende Kralle festhielt. Goran konnte dann mit Hilfe einer speziellen Zange die grüne Markierung um die Kralle schließen. Bei der Markierung eines Geiers habe ich auch mitgeholfen. Hm, heißt das jetzt eigentlich, dass ich mit einem Geier Händchen, ääähm, Kralle gehalten haben???
Wenn ein Geier gefangen wurde, so wurde immer seine Markierung laut vorgelesen, damit die Schreiberin sofort erkennen konnte, ob es ein 2009er-Geier ist oder nicht. Auf einmal der Ruf „CFJ“. BETTY!!! Bin natürlich direkt hingerannt, um sie mir aus der Nähe anzuschauen. Und im nächsten Moment wurde mein großer Traum war: Ich durfte Betty auf den Arm nehmen!!!
Natürlich habe ich sie durch Handschuhe und Jacke nicht gefühlt, aber ich konnte endlich einen Geier „kuscheln“ – und dann sogar meine eigene Patengeierin!!! Die Gute wiegt mittlerweile 9 kg, seit ihrer Rettung im Juli hat sie also knapp 2 kg zugenommen. Einen Geier schnappt man sich (wenn man ihn hingehalten bekommt) am besten zuerst am Hals und packt kurz hinterm Kopf kräftig zu. Zuckt der Kopf hin und her, dann hält man den Hals zu locker. Danach den anderen Arm um den Körper und die Flügel legen und mit der Hand schnell die beiden Beinchen des Geiers umschließen. Und schon hat man sich den Geier praktisch „unter den Arm geklemmt“! Das klingt vielleicht nach Quälerei, ist aber recht harmlos. Irgendwie müssen die Geier ja untersucht werden, damit man ihnen helfen kann… Ähm, räusper, weil ich es nicht übers Herz gebracht hatte richtig fest zuzupacken, konnte Betty recht bald eine Kralle aus meinem Griff befreien. Sie ist aber sehr brav geblieben!
Schweren Herzens musste ich Betty nach einigen Fotos wieder hergeben und auch in einen Sack stopfen. Goran brachte sie daraufhin zum Quarantäne-Bereich, weil sie ja noch bis zum nächsten Herbst im Eko-Centar bleiben wird.
Bei einem anderen Geier konnte ich mir die Gelegenheit nicht verkneifen und habe ihn kurz ohne Handschuh gestreichelt. Die Halskrause ist sehr weich und die Haut des Geiers schön warm. Was mich aber am meisten gewundert hat: Der weiße Flaum auf Kopf und Hals ist total flauschig! Ungefähr so wie bei einem Schaf, wenn man sich durch das verfilzte Zottelfell durchgräbt und dann in den Bereich kommt, wo das Fell direkt an der Haut ist und sich wunderbar flauschig-weich anfühlt…
Ich weiß gar nicht mehr wie lange das Geier-Einfangen gedauert hat. In jedem Fall hatten wir alle eine Menge Spaß – okay, die Geier wohl eher weniger – und es ereigneten sich viele lustige Momente. Ein ums andere Mal wurden wir halb umgeflattert oder von den Geiern mächtig ausgetrickst. Außerdem entwischten uns zwei geschickte Geier wieder, bevor wir sie in einen Sack stopfen konnten. Während Ohrengeier Torgos sich freiwillig als Erster hatte fangen lassen,
blieb Alt-Geier Pepina fast bis zum Schluss unantastbar. Sie hatte zwar sehr schnell Gefallen an einem unserer Helfer gefunden, allerdings genau an demjenigen, der eigentlich einen großen Bogen um alles macht, was Federn hat und noch lebt. Schlauer Geier also, denn so zögerte sich die Jagd hinaus. Wir vermuten aber, dass er einfach unsere Anwesenheit weiterhin genießen wollte. Wann treiben sich denn schon so viele Helfer so lange in der Voliere herum!? Letztendlich ließ sich Pepina dann nur von Goran persönlich OHNE Netz einfangen – ein Alt-Geier hat schließlich auch seinen Stolz!
Nachdem schließlich alle 23 Geier in die zwei getrennten Bereiche einsortiert waren, konnte ich von mir sagen, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes säckeweise Geier geschleppt habe!!!
Kaum war der letzte Geier aber gefangen und gewogen, so wurden die zwölf bleibenden Geier wieder in die große Voliere entlassen. Sie sollen ja nicht länger als nötig auf so engen Raum gepfercht sein. Pepina machte den Anfang und kurz darauf flogen auch die anderen Geier hinter ihm her. Nur Torgos ließ ein wenig auf sich warten, zog dann aber auch die große Voliere dem kleinen, dunklen Quarantäne-Raum vor.
Die elf anderen Geier hingegen müssen bis heute 12 Uhr noch in der kleinen Eck-Voliere aushalten, bevor sie ausgewildert werden. Vor lauter Aufregung durch die vielen Menschen und die ungewohnte Enge zofften sie sich um den Wassereimer, den wir ihnen in die Voliere gestellt hatten. Immer wieder kletterten sie dort rein und flatterten sich gegenseitig über den Haufen oder sprangen ins Netz. Schnief, das tat mir total leid!!! :-) Es hat aber auch seinen Sinn, denn so können die Geier ihre wiedergewonnene Freiheit hoffentlich kaum noch erwarten und fliegen sofort raus, sobald die Klappe in die Freiheit geöffnet wird. Erfahrungsgemäß bleiben nämlich normalerweise einige Geier gerne weiterhin in der Voliere, weil es da ja immer genug Futter gab und die Geier es dort doch eigentlich sehr gut haben. Als weiteren Anreiz nach draußen zu fliegen haben wir den Geiern gestern Morgen bereits ein Tiefkühlschaf auf die Plattform vor der Klappe gelegt. Hehe, hoffentlich ist das Schaf bis zur Auswilderung überhaupt noch dort, denn gestern Nachmittag kreisten bereits sechs wilde Gänsegeier im Tiefflug über dem Fresschen… Muss aber schon zugeben, dass ich mit den elf Geiern nicht tauschen möchte. Auf engem Raum eingesperrt und dann noch ein fettes Aas vor dem Schnabel, an das sie aber trotz langen Halses nicht rankommen können. Schnief. Irgendwie mies, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es seinen Zweck erfüllen und die Geier zum Fortfliegen bewegen wird. Und wenn die elf Gänsegeier dann endlich frei und gesund über dem Eko-Centar ihre Kreise ziehen, dann haben sich all die Arbeit und all die Opfer doch gelohnt!!!
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