Eigentlich wollte ich heute zum Geiereck fahren, einem Berggipfel auf österreichischer Seite, den man mit der Untersbergbahn erreichen kann. Letztes Jahr hatte ich darauf verzichtet, weil die Coronabeschränkungen selbst bei einem kurzen Grenzübertritt nicht wirklich einleuchtend waren. Dieses Jahr ist es natürlich leichter, aber die Wolken an den hohen Berggipfeln ließen mich zögern. Das Geiereck ist schließlich 1.800 m hoch.
Als ich unterwegs merkte, dass ich jeden Moment an der Almbachklamm vorbeikommen würde - neben dem Zauberwald mein anderer Lieblingsort hier im tiefen Süden - entschied ich mich für eine spontane Planänderung. Wegen Pfingsten dachte ich, dass es dort zu voll wird. Andererseits würde die Bergtour keinen Sinn machen ohne Aussicht und zudem konnte ich es kaum erwarten die Almbachklamm wiederzusehen. So früh am Morgen waren die Gratisparkplätze direkt an der Ache noch frei. Diese kann ich jedem nur empfehlen, nicht nur, weil sie gratis sind, sondern weil die Zufahrt zum offiziellen Besucherparkplatz sehr eng ist. Wenn sich da hinterher die Autos vor und zurück schlängeln, kann man kaum ausweichen. Die Parkplätze nahe an der Landstraße sind da einfach praktischer und auf die 200 m Extrafußweg kommt es beim Wandern nun wirklich nicht an.
Im Eingangsbereich der Almbachklamm ist die tolle Kugelmühle! Wer könnte sie nicht ins Herz schließend!? Auch wenn ich mir wieder keine Kugel aus der Kugelmühle gekauft habe, ist der Anblick für mich reine Nostalgie. ;-)
Gegen 9 Uhr waren zum Glück noch kaum Leute hier, so dass ich die herrliche Klamm in Ruhe genießen konnte. Außerdem hatte ich praktisch keine Leute auf den Bildern. Die Fotos geben trotzdem mal wieder die traumhafte türkise Farbe des klaren Wassers nicht wieder und die vielen Schatten in der engen Schlucht machen es nicht besser. Diesen Ort muss man einfach live erleben!!!
Von der Kugelmühle bis zur Theresienklause, einer Staumauer, die das Ende der Almbachklamm markiert, geht es 3 km über knapp 30 Brücken und 300 Stufen stetig bergauf. Nach dem gestrigen Unwetter waren die kleinen Wasserfälle rechts und links gut gefüllt und es tröpfelte von den Felsen. Bei der morgendlichen Hitze eine willkommene Erfrischung. Insgesamt hält man es in der Klamm aufgrund der kühlen Gischt aber auch an heißesten Sommertagen bestens aus.
Kurz vor der Theresienklause traf ich auf Wanderer, die mich scheinbar gestern schon im Eiscafé gesehen und wiedererkannt hatte. Wie klein die Welt ist... Ähnliches ist mir auch im letzten Jahr passiert, allerdings waren dort auch wesentlich weniger Touristen im Berchtesgadener Land unterwegs. Der Tourismus war damals gerade erst wieder freigegeben worden und bis zwei Tage nach Ankunft gab es noch eine tägliche Testpflicht für Besucher. Das ist dieses Jahr zwar wesentlich entspannter, allerdings ist die Gegend dadurch und aufgrund der Pfingstferien leider auch überlaufen. Sei es drum, morgens ist es jedenfalls noch entspannt.
Von der Theresienklause ging es bergauf Richtung Wallfahrtskirche in Ettenberg. Mit Wanderstöcken fiel mir der Aufstieg wesentlich leichter als im letzten Jahr, wo ich immer wieder Pause machen musste. Hehe, die Wanderurlaube und der Sport im letzten Jahr scheinen nachhaltig Wirkung gezeigt zu haben, auch wenn ich die letzten Monate eher träge war. Barty erkannte die herrliche Almwiese sofort wieder und genoss erneut ein Bad im Blumenmeer.
Ein großer Vorteil in diesem Jahr: Die Gastronomie neben der Kirche hatte geöffnet und ich konnte einen Kübel Schorle trinken. Vor einem Jahr hatte ich meinen Wasservorrat durch den mühsamen Aufstieg längst aufgebraucht - und stand dann leider vor geschlossener Tür.
An der Kirche habe ich den alpinen Abstieg zurück in die Almbachklamm genommen, um das schönste Stück der Klamm noch einmal zu genießen. Auch hier halfen die Wanderstücke sehr, nachdem ich mich 2021 beim Abstieg ziemlich gequält hatte. Aber auch mit Stücken sind weiche Knie und Wanden-Muskelkater am Folgetag vorprogrammiert.
Meine Fitness-App hatte in der Schlucht wohl leichte Aussetzer. 12 km und 770 Höhenmeter sind nicht wirklich realistisch. Ich tippe eher auf 8 km und 400 Höhenmeter, aber in jedem Fall eine abwechslungsreiche Runde. Versucht aber die Almbachklamm früh morgens zu besuchen, um die herrliche Natur möglichst menschenfrei zu genießen. Auf dem Rückweg war es recht voll und man muss an den engen Stellen immer wieder warten, um dem Gegenverkehr auszuweichen. Viel schlimmer sind aber die "Mallorca-Touristen", die schamlos halbnackt (OHNE Bademodenkörper) neben dem Wildfluss rumhängen und bei mir nur Mitleid und Fremdschämen auslösen. Bei dem Anblick fällt es schwer die atemberaubende Natur zu genießen, wegen der man die Wanderung angetreten hat!
Da der Tag noch recht jung und das Wetter trotz größerer Wolken beständig blieb, machte ich mich doch noch auf den Weg zur Untersbergbahn, die nur noch wenige Fahrminuten entfernt war. Um 17 Uhr geht die letzte Gondel bergab, aber der Ticketverkäufer versicherte mir, dass es sich auch für knapp 3 Stunden noch lohnt. Es würden zwar hin und wieder niedrige Wolken durchziehen und die Sicht einschränken, aber insgesamt wäre das Wetter gut. Außerdem versicherte er mir, dass es trotz des stürmischen Vorabends nicht zu wackelig in der Gondel werden würde. Wie gut, dass ich mich über die Seilbahn vorher nicht informiert hatte, denn sonst hätte ich vielleicht gekniffen. Es gibt nur 2 Pfeiler auf den 1.300 Höhenmetern von der Talstation bis zur Bergstation am Geiereck. Dabei fährt man erst zügig auf die steile Felswand zu... und wenn man denkt, dass oben Endstation ist, wird der Blick auf das zweite große Teilstück frei: Quer über dem Abgrund. Puh, ich muss zugeben, dass ich zum zweiten Mal an diesem Tag weiche Knie hatte!!! In der Gondel waren kaum Leute, so dass ich freie Sicht auf Salzburg und Umgebung hatte. Ehrlich gesagt, fahr der Blick nach rechts und nah vorne während der Bergauffahrt gruseliger als meine Sicht auf der Rückfahrt, als die Gondel voll war (diesmal Blick in die anderen beiden Richtungen). Der Ticketverkäufer hatte recht, vom Wind war kaum etwas zu spüren. Dafür waren die beiden Pfeiler gruselig, weil man dort für einen Sekundenbruchteil fast das Gefühl von Schwerelosigkeit hatte und jeweils ein Raunen durch die Menge ging.
Und sofort machte Barty die ersten Geier am Geiereck ausfindig. Bei passenden Wetterbedingungen kommen immer mal wieder Gänsegeier vorbeigeschwirrt, daher auch der Name Geiereck. Leider hatte ich nicht das Glück welche beobachten zu können, aber ernsthaft mit gerechnet hatte ich sowieso nicht.
Barty sammelte natürlich wieder zahllose Fans, genau wie bereits in den letzten beiden Tagen. Auch hier oben kamen wir schnell mit der netten Silvia aus der Slowakei ins Gespräch, die nach der Teilnahme an einer spirituellen Konferenz in Salzburg die Gelegenheit für etwas Sightseeing nutzte.
Eigentlich war ich ziemlich müde von der Wanderung und als dann noch Nebel aufzog, überlegte ich auf die etwa halbstündige Wanderung zum nächsten Gipel, dem 1.850 m hohen Salzburger Hochthron, zu verzichten, vor allem als ich sah, dass man erstmal ein ganzes Stück bergab laufen muss, um dann wieder hochzukraxeln. Als Silvia und ich uns aber direkt wieder über den Weg liefen, beschlossen wir die Strecke gemeinsam zu gehen, auch wenn die Sicht vielleicht weg ist. So schnell der Nebel allerdings aufgetaucht war, so schnell hat er sich auch direkt wieder verzogen und die Sicht blieb herrlich! Auch einige Schneewehen kamen zum Vorschein.
Auf dem Gipfel des Salzburger Hochthrons. Jetzt waren wir doch froh, dass wir diese kurze Wanderung auf uns genommen hatten.
Silvia, es war wirklich schön dich kennengelernt und diesen schönen Ort mit dir geteilt zu haben! Silvia scheint in ihrer Heimat übrigens keine Unbekannte zu sein mit rund 27.000 Followern allein auf Facebook - und vermutlich wesentlich mehr auf Instragram, wofür ich sie mehrfach filmte und fotografierte. Hoffentlich macht sie etwas Werbung für die Bartgeier!
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