Donnerstag, 21. Mai 2020

Wiedersehen mit Geiern nach Corona-Shutdown

Eineinhalb Monaten nach der Corona-Schließung durften die Zoos in Deutschland endlich wieder öffnen. Mein letzter Besuch bei Geiern war am 14.03.2020 im Allwetterzoo Münster, last minute vor der Schließung. Den ganzen Tag hatte ich die verliebten Mönchsgeier beim Turteln beobachtet und mich sehr gefreut, als ich nur kurze Zeit später erfuhr, dass sie tatsächlich noch ein Ei gelegt hatten. Zwar wusste ich den genauen Tag der Eiablage nicht, aber ich konnte mir ausrechnen, dass das Küken in der zweiten Mai-Hälfte schlüpfen würde. Trotz Wiedereröffnung der Zoos hielt ich also noch zwei Wochen durch, schon allein damit sich die Zoos und Besucher erstmal an die vielen Corona-Einschränkungen gewöhnen konnten und ich nicht direkt im Chaos lande.
Heute ging es dann aber endlich los, voller Vorfreude auf das hoffentlich gesund und munter geschlüpfte Mönchsgeierküken. Da die Brutplattform mit dem großen Geiernest nur zwei Meter vom Zaun der Voliere entfernt ist, erhoffte ich mir einen Premiumblick auf das Küken. Für diesen Fall nahm ich mir auch fest vor mir direkt eine Jahreskarte zu bestellen und ab jetzt regelmäßig hinzufahren, weil ich bisher nur einmal vor Jahren im Zoo Osnabrück ein Mönchsgeierküken sehen konnte.
Leider erfüllten sich meine Kükenhoffnungen nicht: Schon von weitem konnte ich sehen, dass das Nest einsam und verlassen war und die beiden Elterngeier in der morgendlichen Sonne saßen. Wirklich schade! Dabei hätten sie durch die Corona-Schließung so viel Ruhe zum Brüten gehabt.
Aber trotzdem freute ich mich nach über zwei Monaten endlich wieder Geier zu sehen, ihren unverkennbaren Duft zu riechen und den Windstoß im Gesicht zu genießen, wenn sie nur wenige Meter von mir entfernt elegant vorbeiflogen.
Während die Sonne langsam höher wanderte, breiteten die beiden Mönchsgeier ihre beeindruckenden Flügel zum Sonnenbaden aus.
Die Mönchsgeier teilen sich eine große Voliere mit einem Sekretär und sieben Gänsegeiern, die gerade zwei Küken großziehen. Natürlich bekommen diese tollen Mitbewohner eigene Blogartikel.
Obwohl die Brutsaison für die beiden Mönchsgeier gelaufen ist, sammelten sie weiterhin große Stöcke und trugen sie durch die Voliere. Diesmal allerdings nicht zu der Brutplattform, sondern zu dem großen Geierbaum, der heute stark frequentiert war.
Wenn Mönchsgeier ihre riesigen Flügel plötzlich ausbreiten, passen sie ohne Weitwinkel nicht mehr vollständig ins Bild.
Immer wieder gab es Zoff mit einem jungen, vorwitzigen Gänsegeier, der den Mönchen auf die Pelle rückte. Das gefiel ihnen gar nicht, aber er ließ sich selbst von Fauchen und kleinen Angriffen nicht vertreiben.
Schnell wurde klar, dass die Geiervoliere auch in Corona-Zeiten eindeutig der sicherste Platz im Zoo ist: Hier bleibt einfach kaum jemand stehen! Umso besser für mich, denn so konnte ich mich gemütlich auf einen Stein neben der Voliere hocken und ungestört Zeit mit den Geiern verbringen.
Mit kleinen Zweigen geben sich Mönchsgeier nicht zufrieden. Dicke Äste müssen her!
Heute turtelten die beiden Mönchsgeier deutlich weniger als Mitte März - als sei ihnen klar, dass die Brutsaison fehlgeschlagen ist. Nur ab und zu hockten sie Flügel an Flügel und schnäbelten sich liebevoll von der Seite an. Ein wirklich süßes Geierpärchen! Nur schade, dass es mit dem Bruterfolg einfach nicht mehr klappen will.
Was für ein schöner, erster Geierbesuch nach der landesweiten Zoo-Schließung!

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