Donnerstag, 3. November 2016

Trauriger Abschied

Ich habe ja wirklich kein Problem damit Geiern Aas zu servieren, auch wenn es teils muffig ist. Aber was heute bei VulPro passiert ist, das haben meine Nüstern noch nie gerochen. Während ich in der Kühlkammer morgens das Frühstücksaas für die Brutvoliere einsammeln wollte, habe ich mich erst über die beiden aufgeblähten Schafe gewundert, dann über das von Millionen Maden übersähte, halb verweste Schwein und als ich einatmen wollte, bin ich halb würgend aus dem Kühlraum rausgerannt und hätte in die Ecke speien können. Sowas fieses habe ich noch nie gerochen. Die ganze Kühlkammer war voller Faulgas oder was auch immer, jedenfalls kann das echt nicht gesund gewesen sein. Des Rätsels Lösung: Obwohl das Kühlaggregat hörbar eingeschaltet war, hat es den Raum leider nicht gekühlt. Auch wenn wir letzte Nacht Gewitter und Regen hatten, es war ja nicht wirklich runtergekühlt. Dementsprechend hat das Aas, das wir gestern Mittag bekommen hatten, gut vor sich hin gefault. Würg hoch zehn. Wie gut, dass Geier Geier sind und sowas trotzdem noch fressen. Beneidet habe ich sie in diesem Moment aber nicht.
Nach der Fütterung schaute ich kurz im Geierrestaurant vorbei. Es waren gut 110 Geier versammelt. Einige knabberten an den Aasresten der letzten Tage herum und viele fraßen vom Schwein in der Einfangvoliere.
Leider war zwischen den vielen Knochen kaum noch was Essbares zu finden.
Als eine schöne Windböe kam, schwangen sich viele Geier in die Lüfte und kreisten über dem Geierrestaurant wie ein kleiner Wirbelsturm.
Auch wenn ich es schon so oft gesehen habe, finde ich diesen Anblick hunderter Geier am Himmel nicht weniger spektakulär! Einfach traumhaft, so viele meiner Lieblingstiere um mich herum zu haben.
Diese Kapgeier wären jetzt sicher gerne Bartgeier - dann könnten sie sich direkt diese appetitlichen, blanken Rippchen am Stück reinschlingen.
Kurze Zeit später bekamen wir eine frische Kuh geliefert. Nachdem wir einige leere Eisboxen voller saftiges Fleisch abgefüllt hatten, kam der Rest der Kuh ins Geierrestaurant. Keine halbe Stunde später ging das große Fressen los. Mehr dazu im nächsten Blogartikel. Nachdem ich das Gefresse eine Stunde begeistert beobachten konnte, war es Zeit für die traurigste Pflicht des Tages: Anzelle, eine neue Angestellte, und ich brachten nämlich unsere vergiftete Weißrückengeier-Dame zum Tierarzt nach Pretoria. Wie zu erwarten ging es ihr über Nacht nicht besser, weshalb die traurige aber vernünftige Entscheidung getroffen wurde das arme Tier zu erlösen.
"Baby" nahm noch einmal traurig Abschied von seiner Kollegin und dann brachten wir sie fort.
Auch wenn es mir jedesmal das Herz bricht, so war ich froh, dass ich bei dieser letzten Fahrt dabei sein konnte. Schließlich habe ich dem Geier in den letzten zwei Wochen durch die viele Physio und das Lauftraining am meisten Zeit gewidmet und so stark um sie gekämpft. Aber es hat alles nicht gereicht. Da die Geierdame so schwach ist, konnte ich sie auf dem Arm zum Tierarzt tragen. In den Fluren und im Wartebereich wurde sie begeistert von allen Leuten bewundert. Wir konnten sofort zur befreundeten Tierärztin durchgehen, die ohne viel Smalltalk lieber gleich zur Tat geschritten ist. Während ich die Geierdame in den Armen gehalten habe, wurde sie eingeschläfert. Früher hatte ich immer nur die Kralle gehalten, aber den Geier auf dem Arm zu haben war irgendwie doppelt traurig. Aber so hat der Geier wenigstens gemerkt, dass er nicht alleine ist. Als er kurz vorm einschlafen einmal kurz schrie, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Es wird einfach kein bisschen leichter, ein so wunderschönes Tier zu verlieren. Ist schon ein komisches Gefühl mit einem toten Geier auf dem Arm und verheult durch die Tierklinik zu laufen, während die meisten Leute auf den ersten Blick gar nicht merken, dass die Arme tot ist. Und ich hatte mich so sehr gewünscht diesmal keine sterbenden Geier erleben zu müssen :-(
Zurück bei VulPro suchte ich erstmal Ablenkung beim Federvieh. Hier die Black Eagle:
Ein süßes Kapgeier-Kind.
Ein ausgewachsener und sehr alter Kapgeier mit herrlichen gelbbeigen Augen.
Das verliebten Ohrengeier-Pärchen.
 
Die Andenkondor-Dame beim Sonnenbaden. Andenkondore sind mit einer Spannweite von 3,50 m die größte Geierart weltweit. Nur der Albatross schafft noch ein paar Zentimeter mehr von Flügelspitze zu Flügelspitze.
Der Andenkondor-Mann mag es gar nicht, wenn seine Dame ihm die Show stiehlt. Daher kam er gleich für ein Selfie angerannt.
Soviele Rumgetue ihres Partners war der Dame etwas zu anstrengend, daher legte sie sich gemütlich in einer der Felsnieschen.
Die kleine Eule, die wir vor einer Woche bekommen hatten, wurde heute übrigens abgeholt und wird bald freigelassen. An einem traurigen Tag wie heute sind kleine Erfolgsgeschichten doppelt wichtig.

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