Nach einem fiesen Horrorflug mit mehr als ruckeligem Start und Landung bin ich gestern nach über einem halben Jahr endlich wieder ins Geierparadies Beli zurückgekehrt. Diesmal allerdings nur für neun Tage. Kaum mit der Fähre übergesetzt und die öffentliche Futterstelle passiert, da tauchten schon zwei wilde Gänsegeier auf, die hoch über den Klippen an uns vorbeisegelten. Ein tolles Empfangskomitee!!!
Nach einer freudigen Begrüßung aller „alten Bekannten“ ging es natürlich sofort rüber in den Gänsegeiertunnel – die Geier dösten allerdings schon gemütlich vor sich hin. Und auch heute waren sie nur mäßig aktiv mit stets versteckter Markierung, so dass ich „Betty“ noch nicht erkennen konnte. Aber ihr geht es offenbar sehr gut.
Vor etwa zwei Monaten wurde der erste (und bisher einzige) Geier 2011 gerettet, leider ist er aber noch nicht übern Berg.Zunächst schien er vergiftet, aber spätere Blutanalysen ergaben, dass die Blutwerte einwandfrei sind. Ein erster Versuch ihn aus der Quarantäne in die Voliere zu entlassen scheiterte daran, dass er einfach keinen Willen fand zu fressen und nur apathisch in der Gegend saß. Außerdem scheint er eine Fußverletzung zu haben, denn beim Laufen muss er immer seine Flügel mit zur Hilfe nehmen. Keiner weiß so genau, was mit ihm los ist. Aber da er schon zwei Monate überstanden hat, sind wir guter Hoffnung, dass der Geier, der übrigens auf den Namen „Dado“ hört, es packen wird.
Schon gestern Abend fiel mir auf, dass sich im Eko-Centar Caput Insulae Beli einiges geändert an. Angefangen bei neuen Schautafeln im Eingangsbereich – bei deren Übersetzung ich mitgeholfen hatte – zu einer neuen Ausstellung und einigen Umbauten im Vorraum der Geier-Voliere, wo sich nun viele Exponate der ehemaligen Gänsegeierausstellung befinden.Auch im Geiertunnel gibt es neue Schaubilder mit vielen Fotos.Als ich dabei sogar ein Bild von mir während der Auswilderung im Herbst 2010 entdeckte, war ich natürlich sehr stolz ;-)
Eine weitere Auffälligkeit ist die krasse Raupenplage hier!!!Dicke, pelzige Raupen in den schönsten Farben schnicken das gesamte Haus ein, sitzen überall in den Bäumen und man hört im Sekundentakt lautes „Plöpp, plöpp“, als würde es regnen. Im Grunde regnet es ja auch: RAUPEN!!!Die Viecher nagen Kilometerweit die Bäume leer und die Wälder, die eigentlich grün sein müssten, sehen herbstlich kahl aus – allerdings werden die Bäume das zum Glück überleben. Eine Raupenplage wie diese kommt auf Cres offenbar etwa alle vier Jahre vor. Diese Art von Raupe wird nur von wenigen Vogelarten gefressen, daher kann sie sich bestens ausbreiten. Komischerweise habe ich bisher mehr Fotos von Raupen als von Geiern gemacht… Naja, aber die Geier werden mit Sicherheit wieder aktiver, spätestens beim nächsten Aas hack!
Heute Morgen ging es dann direkt zu fies-früher Stund um 4:30 Uhr raus aus den Federn und runter zum Strand, um bei Tagesanbruch die Nester auf der Geier-Klippe „Kruna“ zu beobachten.Tatsächlich konnten wir zwei Nester mit zwei bzw. drei Geiern sehen und noch einen Geier, der in einem Baum nahe der Nester saß. Zwischendurch erhoben sich zwei Alt-Geier in die Lüfte und drehten einige Runden, während die Jung-Geier im Nest blieben und höchstens mal einen kleinen Hopser wagten oder die Flügel ausbreiteten. Ein schöner Start in den Geier-Urlaub!!!
Besuch bekamen wir auf unserem Aussichts-Plateau übrigens von einer recht hübschen Schlange, die sich in unmittelbarer Nähe einen Weg durch das Höhlenlabyrinth einer Steinmauer suchte…Heute Nachmittag tauchte dann Goran Susic, der Chef des Centers, auf und ich hatte direkt die Gelegenheit mich mit ihm zu unterhalten. Dieses Jahr sind auf der Insel Cres ca. 50 Gänsegeierküken geschlüpft, ein Wahnsinns-Rekord. Einige sind zwar gestorben, dafür gelang es einigen Paaren noch ein zweites Ei nachzulegen. Die genaue Zahl der überlebenden Küken bleibt also abzuwarten. Die meisten Küken wurden bereits im Nest beringt, so dass gut nachvollzogen werden kann, woher eventuelle „Center-Neuzugänge“ herkommen. Auch auf den Nachbarinseln haben deutlich mehr Geier gebrütet und die Population wächst langsam aber sicher wieder an. Die mühselige und harte Arbeit des Eko-Centar und aller Helfer zahlt sich also deutlich aus!!! ;-) Ein wunderschönes Gefühl so etwas miterleben zu dürfen und aktiv dazu beitragen zu können!!! Es wurde sogar beobachtet, dass auf Cres geborene Gänsegeier mittlerweile zurückgekehrt und auf den Nachbarinseln sesshaft geworden sind. Die Geierpopulation holt sich also ihre einstigen Lebensräume zurück! ;-) Für die Zukunft wird davon geträumt eines Tages auch Mönchsgeier auf Cres wiederansiedeln zu können. Und auch Bartgeier hätten hier eine gute Lebensgrundlage, da die Klippen an den öffentlichen Futterstellen mit ihrer Leibspeise Knochen übersäht sind. Dafür steht es um die vierte Europäische Geier-Art, den Schmutzgeier, sehr schlecht laut Aussage einer kürzlich stattgefundenen Geierkonferenz. Die Population geht in allen Ländern dramatisch zurück, Ursache bisher unbekannt. Vermutlich infizieren sich die weißen Schmutzgeier mit den gelben Gesichtern bei ihrer Wanderung nach Afrika mit Krankheitserregern oder vergiften sich durch Pestizide etc., denn immer weniger kehren nach Europa zurück ;-( Schnief, traurig! Aber jetzt bin ich nicht hier um Trübsal zu blasen, sondern die traumhaften Gänsegeier zu feiern!!! Aas hack!
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