Samstag, 2. Januar 2021

VulPro-Jahresrückblick

Nachdem es 2020 leider nicht mit einem weiteren Besuch bei VulPro in Südafrika geklappt hat, möchte ich gerne dennoch die tolle Arbeit trotz massiver Einschränkungen aufgrund von Corona vorstellen.

VulPro konnte 2020 insgesamt 101 Vögel retten, darunter 66 Kapgeier und 15 Weißrückengeier. 28 Kapgeier und 4 Weißrückengeier konnten nach erfolgreicher Genesung wieder freigelassen werden! Ein toller Erfolg, denn beide Geierarten sind vom Aussterben bedroht, so dass es wirklich auch jedes einzelne Individuum ankommt! Die Geier, die nicht mehr in freier Wildbahn allein überleben könnten, dürfen in den großen Volieren von VulPro bleiben und hoffentlich eines Tages am Brutprogramm teilnehmen. Bei VulPro verpaaren sich nämlich bereits seit vielen Jahren auch Krüppelgeier, die z. B. nach Kollisionen mit Stromleitungen einen oder beide Flügel nach schweren Knochenbrüchen amputiert bekommen mussten. Ihr Küken sind jedoch körperlich gesund und können später freigelassen werden. So kann auch durch das dauerhafte Versorgen verletzter, verkrüppelter Geier ein Beitrag zum Erhalt dieser tollen Tierart geleistet werden. Leider hatten einige Geier aber noch weniger Glück. Entweder verstarben sie oder mussten aufgrund ihrer schweren Verletzungen eingeschläfert werden.

Um verletzte Geier frühzeitig versorgen zu können, hat VulPro mittlerweile ein super Netzwerk von aufmerksamen Farmern und Helfern, die im Falle eines verletzten oder geschwächten Geiers sofort VulPro informieren. Viele trauen sich sogar die Geier an einen sicheren Ort zu bringen, bis das VulPro-Rettungsteam oder freiwillige Helfer den Geier einsammeln. Manchmal müssen die Geier allerdings auch in Siedlungen, im Busch oder an ungewöhnlichen Orten erstmal gesucht und gerettet werden. Mitte Dezember war zum Beispiel ein junger Kapgeier, vermutlich auf einem seiner ersten Flüge, im Hartbeespoort Dam nahe VulPro gelandet.

Teppich aus Wasserhyazinthen auf dem Hartbeespoort Dam

Der große Stausee ist seit Jahren so verschmutzt, dass große Teile des Sees von einer beinahe undurchdringlichen Schicht aus Wasserhyazinthen zugewuchert sind. Ich habe es selber gesehen, man könnte den Stausee an diesen Stellen für eine riesige Wiese halten. Auch dem jungen Geier war vermutlich klar, dass es kein sicherer Ort zum Landen ist und brauchte dringend Hilfe.

Ein junger Kapgeier ist versehentlich im zugewucherten Stausee gelandet

Mit Hilfe eines speziellen Bootes konnten zwei lokale VulPro-Volunteers zum Geier gebracht und das Tier gerettet werden. Nur zwei Wochen später, ausgerechnet Heiligabend, ereignete sich ein weiterer ähnlicher Vorfall und wieder konnte der Geier Dank des tollen, engagierten Handels vieler Helfer heil eingesammelt und nach VulPro gebracht werden.

Dieser junge Pechvogel hat nochmal Glück gehabt und konnte gerettet werden

Die deutschen Wintermonate sind in Südafrika mit der Rehab-Saison gleichzusetzen, denn die geschlüpften Küken werden nun flügge und verlassen das sichere Nest. Dabei überschätzen sie manchmal ihre Kräfte und müssen dehydriert und entkräftet notladen. Andere sehen sich erstmals mit den alltäglichen Gefahren in einem Geierleben konfrontiert und kollidieren mit Stromleitungen oder elektrischen Zäunen. Anfang Dezember wurde leider ein toter Junggeier der Skeerpoort Kolonie entdeckt, den sein vermutlich erster Flug direkt in eine Stromleitung nahe der Kolonie trieb. Dort starb er durch Stromschlag an einem Strommasten.

 

Besonders tragisch ist die Tatsache, dass die Strommasten nahe der Kolonie früher Geier-sicher gebaut waren. Vor 2 Jahren hat Strombetreiber Eskom allerdings aus unerklärlichen Gründen entschieden die einst sicheren Strommasten in gefährliche T-Strukturen zu ändern. VulPro steht in engem Kontakt mit Eskom, da es immer wieder zu Geierverlusten durch ungesicherte Stromleitungen und -masten gibt. Sobald eine geschützte Tierart nachweislich dort stirbt, muss Eskom umgehend handeln und die Konstruktionen sichern. Meistens wird dabei aber nur der betroffene unsichere Strommast umgebaut, an dem ein Geier gestorben ist, aber nicht die anderen unsicheren Strommasten in unmittelbarer Umgebung. Nachdem VulPro vor zwei Jahren bei Eskom nachfragte, warum ausgerechnet nahe der Kolonie diese gefährlichen Umbauten durchgeführt wurden, kam keine zufriedenstellende Antwort. Irgendwann wurden die Masten zwar isoliert, aber ganz offensichtlich nicht richtig, wie dieser arme Pechvogeln nun feststellen musste. Solche Verluste sind einfach nur unnötig und basieren absolut auf unverantwortlichem Handeln entgegen besseren Wissens!

Immer wieder kommt es zu Unglücken durch Stromleitungen. Mitte November erhielt VulPro die Info, dass eine umgestürzte Stromleitung einen Büffel durch Stromschlag getötet hatte. Leider starb in diesem Zusammenhang auch einer von VulPros Geiern mit GPS-Sendern, der vermutlich von dem Geier fressen wollte und dabei ebenfalls durch Stromschlag starb. Am gleichen Tag verstarb sogar noch ein weiterer Geier nach einer Kollision mit einer Stromleitung.

Bei der Arbeit mit Geiern kommt es leider fast jeden Tag zu traurigen Rückschlägen und Verlusten. Umso mehr ziehe ich meinen Hut vor dem tollen Team von VulPro, das sich dennoch immer wieder aufrafft für die letzten verbliebenen Geier in Südafrika zu kämpfen!!! Viele Mitglieder und freiwillige, lokale Helfer habe ich über die Jahre kennen und schätzen gelernt. Ihr glaubt gar nicht wie sehr ihr mir fehlt!

Es ist toll mit anzusehen, wie sich VulPro mit den Jahren weiterentwickelt und wie groß der Bekanntheitsgrad im Land mittlerweile ist. Dadurch werden immer häufiger Geierunglücke gemeldet und immer mehr Geier können gerettet werden. Zum Glück sehen viele Einheimische den Nutzen der Geier für die Umwelt und unterstützen gerne das Projekt, indem sie sich als Fahrer bereitstellen, um die Geier aus jedem Winkel des Landes einzusammeln. Eine Rundfahrt von 10 Stunden am Tag ist dabei keine Seltenheit und letztendlich weiß man nie, ob der Geier bei Ankunft überhaupt noch lebt. Dem großen Dank von VulPro an seine Unterstützer kann ich mich daher nur von ganzem Herzen anschließen!!!

Und einen riesen Dank an meine Geier-Schwester und VulPro-Gründerin Kerri, die mit ihrer Vision dies alles erst ermöglicht hat!!!

Alle Bilder (c) VulPro

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