In Nepal hat der Geierschutz bereits seit einigen Jahren eine große Lobby und es konnten bereits viele gute Projekte erfolgreich umgesetzt werden. Dabei bediente sich Nepal nicht nur an den Naturschutzmaßnahmen anderer Länder, sondern entwickelte auch engagiert seine eigenen.
Hier eine schöne Zusammenfassung von 10 Fakten, die viele Menschen nicht über die Geier Nepals wissen (gesehen auf Nepalisite, Verfasser: Anand Chaudhary und Krishna Prasad Bhusal):
1) Viele Geierarten:
Von den 23 Geierarten, die es weltweit gibt, können 9 in Nepal angetroffen werden. 6 davon zählen zu den permanenten Anwohnern Nepals, während 3 Arten eher saisonale Besucher sind.
2) Eine Katastrophe:
Vor den 90er-Jahren gab es in Nepal Millionen von Geiern und niemand machte sich die Mühe sie zu zählen. Dann begannen sie allerdings zu verschwinden und die Naturschutzer wurden alarmiert. Seit 2002 wird die Geierpopulation Nepals regelmäßig überwacht. Dabei wurde der dramatische Rückgang schwarz auf weiß dokumentiert: In weniger als einem Jahrzehnt verschwanden 91 % der Geier in Nepal. In Nachbarländern wie Indien und Pakistan ging die Population innerhalb von 15 Jahren sogar um 99 % zurück.
3) Daran starben die Geier:
In 2003 kamen Wissenschaftler dem dramatischen Geiermassensterben in Süd-Asien inkl. Nepal auf die Spur: Die Geier verstarben nach dem Verzehr von mit Diclofenac kontaminierten Nutztier-Kadavern. Diclofenac wurde weit verbreitet zur Linderung von Schmerzen und Fieber bei Nutztieren eingesetzt. Verstarben die Tiere dennoch, so blieben Rückstände von Diclofenac im Körper. Wenn sich nun die Geier an den Nutztier-Kadavern sättigten, wirkte das Diclofenac tödlich durch Leber- und Nierenversagen. Seit 2006 ist der Einsatz von Diclofenac in der Tiermedizin in Nepal, Indien und Pakistan verboten. Als Alternative wurde das geierfreundliche Meloxicam identifiziert. In 2013 wurden in Nepal schließlich sogar 30ml große Ampullen von Diclofenac für den Menschenbedarf verboten, da sie illegal weiterhin auch in der Tiermedizin eingesetzt wurden. Mittlerweile zeigen Langzeitstudien, dass der Geierrückgang in Nepal gestoppt werden konnte und die Population sich langsam wieder vermehrt.
4) Das weltweit erste Geierrestaurant:
2006 wurde das weltweit erste, durch eine Gemeinde geführte Geierrestaurant (Jatayu Restaurant) nahe Kawasoti entlang der Schutzzone zum Chitwan National Park eröffnet. In diesem damals einzigartigen Projekt wurden alte Nutztiere aus den umliegenden Gemeinden zusammengeführt und durften in einem Schutzgebiet ihren Ruhestand genießen. Wenn die Tiere schließlich auf natürliche Weise starben, ohne den Einsatz von Medizin, wurden die Kadaver den Geiern zum Verzehr an einer gesicherten Futterstelle, dem Geierrestaurant, ausgelegt. Dies hatte zur Folge, dass sich die Geier in diesem Gebiet wieder ansiedelten und die Anzahl der Nester und somit auch die gesamte Geierpopulation langsam wieder stieg. Der Erfolg des Projektes sprach sich rum und wurde in vielen Ländern weltweit übernommen. In Nepal gibt es mittlerweile 6 solcher Geierrestaurants. Im März 2013 hatte ich übrigens selber einmal das Glück ein Geierrestaurant in Nepal besuchen zu können.
5) Brutprogramm:
2008 wurde im Chitwan National Parl ein Geierschutzcenter mit Brutprogramm eröffnet. Die hier im Center geschlüpften Geier werden ausgewildert und können ihre wilden Artgenossen unterstützen.
6) Weltgeiertag:
Seit 2009 wird der International Vulture Awareness Day (IVAD), der Weltgeiertag, regelmäßig in Nepal gefeiert. Dieser findet immer am ersten Samstag im September statt und wird von vielen Gemeinden, Schulen, Jugendclubs und Organisationen zelebriert.
7) Sicherheitszone für Geier:
2009 haben nepalesische Wissenschaftler die so genannten „Vulture Safe Zones“ entwickelt, Sicherheitszonen für Geier. Das sind große Gebiete, in denen Diclofenac nicht länger eingesetzt wird, die lokale Bevölkerung den Geiern sehr positiv gegenübersteht und sich aktiv für den Geierschutz einsetzt. Der Dang District wurde in 2010 als erster Diclofenac-freier Distrikt ernannt. Seitdem konnten 74 der 77 Distrikte Nepals diesem Beispiel folgen und zu der weltweit ersten großen Vulture Safe Zone führen. Dieses Konzept wurde in anderen Ländern Süd-Asiens übernommen und wird derzeit auch in Teilen Afrikas eingeführt.
8) Flugroute verfolgen:
2008 wurden die ersten Geier in Nepal mit GPS-Sendern ausgestattet, um ihre Flugroute besser verfolgen und analysieren zu können. Viele weitere Geier dreier unterschiedlicher Geierarten folgten.
9) Auswilderung:
Die ersten Auswilderungen von Geiern in Süd-Asien fanden 2017 statt, im ersten Geierrestaurant in der ersten Vulture Safe Zone in Nepal. Bisher wurden 31 Bengalgeier ausgewildert, die im Brutcenter des Chitwan National Parks geschlüpft sind. Alle ausgewilderten Geier haben sichtbare Markierungen zur Identifikation und Satelliten-Transmitter zur Verfolgung ihrer Flugroute.
10) Nationale und internationale Zusammenarbeit:
Der Geierschutz in Nepal wäre nicht so erfolgreich ohne die vorbildliche Zusammenarbeit zwischen lokalen Gemeinden, nationalen wie internationalen Organisationen, Regierungsvertretern, Privatpersonen, Schulen, Tierärzten, Apothekern, Wissenschaftlern, Politikern, Reportern und vielen weiteren. Auch weiterhin werden all diese Personen und Gruppierungen zusammenarbeiten, um das gemeinsam Ziel zu erreichen: Die Stabilisierung aller neun Geierarten Nepals durch einen gesicherten Lebensraum.
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