Bereits am 19.08.2020 erfuhr ich über einen meiner diversen Newsletter, dass sich das außer Kontrolle geratene Dolan Feuer (Engl. „Dolan Fire“) in Big Sur rasch ausbreitet. Big Sur ist eines der wichtigsten Schutzgebiete der seltenen Kalifornischen Kondore und wird von der Ventana Wildlife Society (VWS) zur Wiederansiedlung des Kalifornischen Kondors genutzt. Da sommerliche Buschbrände in Kalifornien leider keine Seltenheit sind, hatte sich das VWS- Team bereits gut vorbereitet, um das Kondorgebäude und das Personal zu schützen. Zum Glück befanden sich in dem Kondorgebäude, in dem verletzte Tiere aufgepäppelt und alle wilden Kondore der Big Sur Population zweimal jährlich zum Gesundheitscheck eingefangen und untersucht werden, bei Ausbruch des Feuers keine Kondore mehr. Die schlechte Nachricht war, dass wilde Kondore regelmäßig am Kondorgebäude vorbeifliegen und auch einige in der Nähe des Buschfeuers brüten.
Bereits 2008 gab es ein ähnlich großes Feuer, dass das Kondorgebäude niederbrannte. Der Status von drei Jungtieren war lange Zeit ungewiss, bis endlich die gute Nachricht kam: Wie durch ein Wunder hatten sie alle in ihren Nestern überlebt. Insgesamt waren in den letzten 2 Jahrzehnten 6 der 41 Kondornester in Kalifornien von zwei Riesenfeuern betroffen. 5 dieser 6 betroffenen Nester blieben unbeschadet und die Küken überlebten. Zwar starben in denselben 2 Jahrzehnten sieben (fast) erwachsene Kondore nachweislich an den Folgen von Buschbränden, aber im Vergleich dazu starben insgesamt 93 Kondore an Bleivergiftung, 49 davon in Zentral- und Süd-Kalifornien.
Momentan ist der Verbleib einiger Küken ungewiss, darunter „Iniko“, ein flauschiges Küken, das am 25.04.2020 schlüpfte, von der Öffentlichkeit benannt wurde und per Webcam beim Aufwachsen bewundert werden kann. Der Name Iniko stammt aus Nigeria und bedeutet so viel wie „geboren in schwierigen Zeiten“. Wenn das mal keine traurige Vorsehung war.
Iniko's Eltern in früheren Zeiten (c) Ventana Wildlife Society |
Die Webcams der VWS liefern nicht nur einen tollen Blick in Kondor- Nester oder Futterstellen, sondern dienten diesmal auch als Frühwarnsystem für Geierfreunde, Nachbarn und die Feuerwehr. Am 20.08. konnten über eine der Webcams mehrere Kalifornische Kondor trinkend an einer Wasserstelle nahe des Kondorgebäudes gesichtet werden, während im Hintergrund das Dolan Fire näher rückte.
Aufgrund der prekären Lage kamen die Newsletter und Infos per Facebook fast täglich und alle Kondorfreunde hielten den Atem an, als am 21.08. das Kondorgebäude vor laufenden Kameras niederbrannte und die Kameras dort schließlich ausfielen.
Das Kondorgebäude erliegt den Flammen (c) Ventana Wildlife Society |
Am Abend zuvor war bereits die Webcam, die Inikos Nest filmte, ausgefallen. Über den Verbleib von Iniko sowie seiner Mutter Redwood Queen und seinem Vater Kingpin kann nur gemutmaßt werden. Aufgrund des unkontrollierten Feuers kann natürlich niemand auf absehbare Zeit vor Ort nach dem Rechten sehen.
Aufgrund des Ausfalls diverser Webcams und Probleme bei der Ortung der Kondore per Telemetrie durch die Hitze des Feuers ist nicht klar, wie viele Kondore dem Feuer bereits zum Opfer gefallen sind. Stand heute fehlt die Spur von 10 Kalifornischen Kondoren, das entspricht 10 % der Population Zentral-Kaliforniens. Außerdem ist das Schicksal von vier jungen Küken in ihren Nestern ungewiss. Mag sein, dass diese Zahlen gering erscheinen. Im Vergleich zur Bevölkerung der USA entspräche dies aber dem spurlosen Verschwinden von 33.000.000 Amerikanern. Das klingt doch direkt ganz anders!
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