Sonntag, 18. Oktober 2015

Not-OP und Schnabelhieb

Heute morgen konnte ich den schönsten Sonnenaufgang der Reise genießen. Unglaublich!!!
Der Himmel sah aus wie ein Gemälde!
Es wurde schöner und schöner...
...bei so einem Anblick schmeckt der Morgenkaffee aus meinem Geiernapf umso besser!!!
Frisch gestärkt und völlig begeistert vom Sonnenaufgang ging es los zum letzten kompletten Geiertag. Morgne ist ja leider schon wieder Abreise.
Der erste Geier des Tages meinte heute mich durch den Tragesack kratzen zu müssen. Freches Vieh.
Beim zweiten Geier fiel uns sofort etwas Merkwürdiges auf...
Der arme Kerl hatte einen Babyzebra-Huf ums Bein gewickelt. Er muss wohl als kleineres Küken beim Aasverschlingen in den Huf getreten sein, so dass sich dieser um sein Bein verfangen hat. Mittlerweile war das Geierbein so sehr gewachsen, dass der Minihuf zu eng geworden ist und bereits ins Bein einschnitt.
Vorsichtig kniffen wir den Huf mit einer Zange durch und desinfizierten die leicht blutende Wunde. Hoffentlich haben sich die Beinknochen noch nicht zu sehr verformt, so dass der Geier später keine Beeinträchtigung im Leben hat. Hätten wir den Huf nicht zufällig durch die Beringung entdeckt und entfernt, dann hätte der Geier vermutlich keine Chancen gehabt, da sein Bein noch weiter wächst und sich die Wunde dann vielleicht entzündet hätte oder der Knochen verformt wär. Armes Tier!
Ich weiß gar nicht mehr welches Küken es war, aber ein großes war so frech, dass es bereits im Nest munter nach meinem Gesicht geschnappt hat. Daher musste ich ihm die Decke über den Kopf werfen und es zum Rollbraten zusammenschnüren. Leider bekam der Frechschnabel mitten auf der Leiter den Kopf frei und hat mir in luftiger Höhe mitten in die feine, weiche Haut zwischen Schulter und Achsel gehackt. Super Situation, wenn man noch in ca. 6 m Höhe auf einer wackligen Leiter steht und weiß, dass der bissige Geier, den man unterm Arm hat, seinen Kopf freibekommen hat. Aber irgendwie habe ich es dann noch geschafft runterzuklettern und habe mich bereits innerlich auf eine neue Geiernarbe gefreut. Tja, Pech gehabt, der Geier hat wohl in mein T-Shirt gebissen, so dass die Haut nur leicht angekratzt war und für die nächsten Stunden fies gespannt hat. Aber leider keine neue Narbe, um Heldengeschichten zu erzählen...
In einer Astgabel fanden wir (zum ersten Mal überhaupt bei allen Geierberingungen) ein halbes Geier-Ei. Normalerweise verschwinden die Eierschalen immer nach dem Schlupf und es wird vermutet, dass die Geier die Schale vielleicht fressen. Hier ist offenbar die Eierschale nach dem Schlupf des Kükens aus dem Nest gefallen, so dass wir sie finden konnten.
Weiter gehts mit den Küken.
Normalerweise finde ich ja, dass Geier einen sehr angenehmen Eigengeruch haben. Auch wenn sie mir mal auf die Hose gesch... haben oder ich ihre Volieren säubern musste, fand ich den Geruch im Vergleich zu anderen Tieren völlig in Ordnung. Beim nächsten Geier sollte sich das allerdings ändern.
Schon auf der Leiter hatte ich das Gefühl, dass der Geier übelst stank. Aber nicht so, als wenn er in den Beutel gereihert hätte, sondern wesentlich fieser. Der Geruch war aber nicht permanent, sondern kam phasenweise. Schon von der Leiter aus hatte ich die anderen vorgewarnt, dass dieser Geier irgendwie müffelt. Zunächst wollte mir keiner glauben, bis wir das Kerlchen ausgepackt und aufs Auto gelegt hatten. Es war kein Geierausschied und kein hochgewürgtes Aas zu sehen, aber immer wieder gluckerte es in dem Geier und pröööööps, ließ der Geier einen fahren. Würg, was für ein übler Gestank! Das letzte Zebrasteak muss wohl besonders fettig und schwer verdaulich gewesen sein. Einen rülpsenden Geier hat wohl noch niemand von uns je gesehen und ich habe mir direkt Sorgen gemacht, ob der Arme vielleicht ein vergiftetes Aas gefuttert hat. Er sah allerdings sehr fit und zufrieden aus. Wir vermuten, dass er gerade in der Phase war, wo der Aasbrei vom Kropf in den Magen wandert. Aber komisch, dass keiner von uns mit langjähriger Geiererfahrung sowas jemals erlebt hatte. Kleiner Stinker!
Der hier hatte deutlich weniger Schnabelgeruch!
Um in kurzer Zeit möglichst viele Geierküken zu beringen, hatten wir uns übrigens gestern und heute in zwei Gruppen aufgeteilt. Während Holger die eine Gruppe leitete, führte Peter die andere Gruppe. Heute fanden sie unter anderem ein Küken, das wohl aus dem Nest gefallen war. Es hatten einen halbvollen Kropf, so dass Peter vermutet, dass die tapferen Eltern es weiter gefüttert haben. Er hat also das Küken zurück ins Nest gesetzt, damit es nicht von Bodenräubern angegriffen werden kann. Hoffentlich nehmen die Geiereltern es auch im Nest wieder an und füttern es weiterhin so gut wie bisher! Es ist schön zu wissen, dass wir die Geier mit der Beringung nicht nur kurzfristig verängstigen, sondern ihnen auch helfen können wie in diesem Fall und bei dem Küken mit dem Huf am Bein.

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