Dienstag, 29. Dezember 2020

VCF-Jahresrückblick: Bartgeier

Ende des Jahres liefert die Vulture Conservation Foundation (VCF) einen Jahresrückblick, was im Schutz der vier Europäischen Geierarten erreicht werden konnte. Gerne werde ich die Infos übersetzen und hier zusammenfassen. Der letzte Teil des Jahresrückblicks befasst sich mit Europas seltenster Geierart, dem Bartgeier.

Junger Bartgeier vor Auswilderung (c) Handruedi Weyrich, VCF-Webseite

Aufgrund der Corona-Pandemie hatte das Wiederansiedlungsprojekt des Bartgeiers unter der Leitung der VCF seine größte Krise seit Start des Projektes in 1978. Mit großem Einsatz aller Projektpartner konnte ein Notfallplan entwickelt und das Projekt trotz aller Widrigkeiten fortgeführt werden. Da bei Problemen während der Kükenzucht dieses Jahr ein spontaner Transport zu Ammen-Eltern über Landesgrenzen hinaus nicht möglich war, wurden zwei neue Vorgehensweisen eingeführt: Wenn Geiereltern ihr Jungtier nicht vernünftig annehmen und füttern wollten, wurde innerhalb des Nests eine Box errichtet, um das Küken zu schützen. So kann es weiterhin visuellen Kontakt zu seinen Eltern halten, dies können aber nicht verletzten oder sogar töten. Die zweite Neuheit betraf Bartgeier, die zwei Eier legten. In der Natur würde das ältere Küken das jüngere bekämpfen und töten (Kainismus), um selber zu überleben. Daher wird normalerweise in Brutcentren das zweite Ei einem Adoptiv-Elternpaar untergeschoben. Da dies aufgrund der Reisebeschränkungen 2020 nicht möglich war, wurden in Brutcentren einfach zwei Nester getrennt durch einen hölzernen Sichtschutz angelegt, damit sich die Küken nicht gegenseitig sehen können. Die Geiereltern haben sich dabei weiterhin um beide Küken gekümmert.

Insgesamt haben 41 Bartgeier-Paar in 2020 zusammen 71 Eier gelegt aus denen 38 Küken geschlüpft sind, von denen 25 überlebt haben. Zur Kükenaufzucht in Corona-Zeiten wurde ein toller Film zusammengestellt.

Bartgeier vor der Auswilderung in Andalusien (c) Junta de Andalucia, VCF-Webseite

Die Auswilderungssaison startete und endete in Andalusien. In Andalusien wurden 8 Bartgeier freigelassen, 9 Bartgeier im Rahmen des LIFE GypConnect Projektes (2x Vercors, 2x Barronies, 5x Französisches Zentral-Massiv/Grands Causses), 2 Bartgeier im spanischen Maestrazgo und 2 Bartgeier in den Schweizer Alpen. Bis auf zwei der ausgewilderten Geier geht es allen gut. Einer aus Maestrazgo wurde leider von einem Steinadler gekillt und ein anderer Geier in Frankreich illegal abgeschossen.

Die Brutsaison in freier Natur war ebenfalls sehr erfolgreich in 2020 mit einem neuen Rekord in den Alpen: Dort gab es 58 territoriale Paare mit 36 gesund ausgeflogenen Küken.

Bartgeier "Vigo" (c) Ashley James, VCF-Webseite

Alle ausgewilderten Bartgeier bekommen ein GPS-Gerät, um ihre Flugrouten und ihr Verhalten beobachten zu können. Dabei stachen 2020 einige Geier deutlich hervor. Einer davon ist Adonis, der nach zwei ausgiebigen Europa-Rundflügen wieder nach Südfrankreich heimgekehrt ist. Die größte Berühmtheit 2020 erlangte allerdings Bartgeier Vigo, der nach Großbritannien flog und dort zum großen Star wurde. Er ist nämlich erst der zweite Bartgeier, der je in Großbritannien gesichtet wurde. 3 Monate lang verzückte er Vogelfreunde und löste eine riesige Begeisterungswelle aus, bevor er seinen Heimflug nach Frankreich antrat.

Bartgeier-Pärchen mit Ei (c) VCF

Ende des Kalenderjahres ist die Bartgeier-Brutsaison 20/21 in Europas Gebirgen und im Netzwerk der Zuchtpartner bereits in vollem Gange. Dieses Jahr ging es in den Brutcentren besonders früh los mit einer ersten Kopulation Ende September und den ersten Eiern Ende November. Wollen wir alle hoffen, dass diese Brutsaison genauso erfolgreich wie in den Vorjahren verläuft und 2021 wieder viele junge Bartgeier ihren Weg in die freie Natur finden können!

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