In den letzten Wochen hatte ich mehrfach Updates der Ventana Wildlife Society (VWS) zu dem verheerenden Dolan Fire in Kalifornien gepostet, das leider neun Kalifornischen Kondoren und zwei Küken das Leben kostete, insgesamt 10 % der Big Sur Population. Es zerstörte zudem 120.000 Morgen Land, etwa 31.250 Hektar.
Dieses Feuer war allerdings nicht das einzige in diesem Jahr, das die Kondore bedrohte. Allein in Kalifornien brannten 3,2 Millionen Morgen Land, also 800.000 Hektar. Zwei der dortigen Feuer kamen auf die Top10-Liste der schlimmsten Buschbrände aller Zeiten in der Geschichte des Staates. Im Vergleich gab es landesweit sogar 3.500 mehr Buschbrände als im Vorjahr.
Anfang des Sommers brach nahe des Grand Canyons das Pine Hollow Fire aus und raste auf die Felshöhle eines 3 Monate jungen Kalifornischen Kondorkükens zu. Ein Kondorschützer machte sich sofort auf den Weg und wanderte stundenlang bei über 41 Grad Celsius durch eine verbrannte Wüste Richtung Bruthöhle. Erleichtert konnte er das lebenden Küken ausfindig machen, das gut von seinen Eltern gefüttert wurde. Während das Feuer an der Bruthöhle vorbei zog, hat es sich offenbar in den hintersten Bereich der Höhle zurückgezogen und glücklicherweise überlebt. Als das Feuer weitergezogen war, kamen seine Eltern sofort zurück.
Das Pine Hollow Fire und das Mangum Fire haben in Arizona zwar keine Kalifornischen Kondore getötet, aber dennoch viele von ihnen gefährdet. Aus Sicherheitsgründen wurden sogar einige wilde Kondore eingefangen und in Brutcentren in Sicherheit gebracht. Zwischenzeitlich brach der Kontakt zu einem 6 Wochen jungen Küken ab, aber zum Glück überlebte auch dieses.
Normalerweise werden alle ausgewilderten Kalifornischen Kondore mit GPS und Telemetrie überwacht. Dabei folgen ihnen die Geierschützer per Auto oder zu Fuß und bleiben wenn möglich in Sichtkontakt. Aufgrund der vielen Buschbrände mussten dieses Jahr allerdings die Straßen für die Feuerbekämpfung freigehalten werden. Außerdem durften aufgrund der Corona-Restriktionen viele Exkursionen nicht durchgeführt werden. Teilweise blieben einige Kondore über 3 Monate ohne Sichtkontakt. Die engmaschige Kontrolle ist aber enorm wichtig, um frühzeitig zu erkennen, ob Kondore von bleihaltigen Kadavern fressen, den größten Bedrohung des Kalifornischen Kondors.
Viele Kondore kommen regelmäßig zu ihren Auswilderungsplätzen und Kondorgebäuden zurück, um dort in Ruhe zu rasten oder ausgelegtes Futter zu fressen. In Big Sur ist dieses Kondorgebäude während des Dolan Fires komplett abgebrannt. Als das Feuer ganz in der Nähe vermutlich durch Brandstifter gelegt wurde, hatten sowohl Personal als auch Kondore kaum Vorwarnzeit, um sich in Sicherheit zu bringen. Hinzu kommt, dass Kondore nicht im Dunkeln fliegen. Vermutlich hatten sie sich während des Feuers an einer ungünstigen Stelle befunden und konnte nicht mehr rechtzeitig fliehen.
Im Nachgang zum Dolan Fire entdeckten Mitglieder der VWS zudem Kalifornische Kondore mit schweren Brandverletzungen an ihren Krallen, als sei die Haut weggeschmolzen. Für die Geierschützer ein herzzerreißender Anblick. Einige der Pechvögel mussten eingefangen und behandelt werden.
Da in der Vergangenheit nur wenige Verluste aufgrund von Buschfeuern dokumentiert wurden, ist eine Abschätzung der Folgen künftiger Brände schwer abzuschätzen. Fest steht aber, dass sich der Verlust vieler erwachsener Tiere, wie beim Dolan Fire, enorm auf das Gleichgewicht der gesamten Population in einem Einzugsgebiet auswirkt. Kondore werden erst im Alter von 6-8 Jahren geschlechtsreif und das Weibchen legt nur ein Ei, manchmal auch nur jedes zweite Jahr. Geht nun ein erfahrener Brutvogel verloren, so wirkt sich dies zwei bis dreimal schlimmer auf eine Population aus als der Verlust eines Jungvogels.
In jedem Fall haben sich bereits einige Geierschutzorganisationen zusammen geschlossen und entwickeln Notfallpläne für weitere Buschfeuer. Hierzu zählt die Bereitstellung und Koordination von Auffangvolieren in Brutcentren und Zoos, falls es wieder zu zahlreichen Verbrennungen unter den wilden Kalifornischen Kondoren kommt. Außerdem darf eine Gegend nicht von einem Kondorgebäude abhängig sein, falls dieses wie in Big Sur durch ein Feuer zerstört wird. Die Ventana Wildlife Society hat Glück im Unglück, da sie bereits eine weitere Auswilderungsstelle mit Kondorgebäude in San Simeon errichtet hatten. So können auch weiterhin Kalifornischen Kondore ausgewildert werden, während in Big Sur in den nächsten Jahren die Schäden erst noch behoben werden müssen.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich Kalifornische Kondore durchaus an ein sich änderndes Klima anpassen können. Sie brauchen weder besondere Nahrung noch eine spezielle Baumart zum Nisten. Bereits einmal haben sie sich von der drohenden Ausrottung zurückgekämpft. Ein paar Buschbrände werden dieses Comeback hoffentlich nicht ruinieren.
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