"Wenn er mit unbeschreiblicher Eleganz und Leichtigkeit in der ganzen Breite seiner nahezu 3 Metern Flügelspannweite der Kamera in zeitloser Ruhe und Gelassenheit entgegensegelt, als ob ihn die schroffen Felszacken, die bedrohlichen Eisschlünde und die schattigsten Abgründe des Hochgebirges nichts angingen, kann sich weder der Filmer noch das Publikum der Faszination dieses majestätischen Vogels entziehen."
Die Dokumentation beginnt mit dem Schlupf eines süßen Bartgeier-Kükens im Inkubator. Mit seinem Eizahn pickt der Minigeier ein Loch in die Eierschale, erweitert das Loch rund ums Ei und drückt die Schale letztendlich unter Aufbietung all seiner Kräfte auf. Dabei ist das entzückende Fiepen des Minigeiers zu hören. Nach dem vollständigen Schlupf wird sein verklebter Flaum vorsichtig durch einen Geierschützer mit einer Zahnbürste sauber gekämmt. Dieses Küken bringt kurz nach der Geburt 156 g auf die Waage. Kaum vorstellbar, dass es ausgewachsen einmal bis zu 7 kg wiegen wird.
Vor 130 Jahren galten Bartgeier in der Schweiz als ausgerottet. Ursache dafür war die Ausbreitung des Menschen in zuvor unberührte Alpenlandschaft. Große Gebiete wurden entwaldet und viele wilde Tiere verschwanden. Wo früher noch Bär, Wolf und Luchs wilde Tiere jagten und für genügend Futteraas für die Geier sorgten, wurden nun Raubtiere geschossen oder durch Giftköder zum Schutz von Nutztier getötet. Dadurch sank das Nahrungsangebot für die Bartgeier und sie wurden häufig ebenfalls Opfer durch Giftköder. Außerdem starben sie zahlreich nach dem Verzehr von Bleifragmenten, die in den Überresten ausgeweideter Jagdbeute zu finden sind. Am schlimmsten war aber die bewusste Verfolgung des als "Lämmergeier" verschrienen Bartgeiers, der angeblich kleine Lämmchen tötet oder sogar Babys aus ihren Kinderwagen raubt. Ein fataler Irrglaube, der zur Ausrottung in den Alpen geführt hat.
1991 wurden im Rahmen des großen Bartgeier-Wiederansiedlungsprojektes die ersten drei Bartgeier im Schweizer Engadin ausgewildert. Sie wuchsen in Zuchtzentren wie der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee (EGS Haringsee) von Hans Frey auf. In der EGS schlüpften bereits gut 160 Bartgeierküken. Außerdem wurden ca. 50-60 Küken durch Ammenpaare adoptiert und großgezogen, darunter auch durch Männerpaare, die natürlich keine eigenen Eier legen können. Bartgeier legen normalerweise zwei Eier, aus denen süße Küken schlüpfen. Das zweite Ei ist allerdings nur eine Rückversicherung, falls mit dem ersten Ei bzw. Küken etwas passiert. Entwickelt sich das erste Küken gut, so wird es sein kleineres Geschwisterchen töten, um selber mehr Nahrung zu erhalten. Dadurch ist gesichert, dass das stärkere Küken auch in Zeiten von Nahrungsknappheit überlebt. In Zuchtstationen wird ein Ei aus dem Nest entfernt und vorerst im Inkubator bebrütet. Später wird es dann einem Ammenpaar übergeben und ihm ein trauriges Schicksal erspart. Auf diese Weise erhöht sich die Nachzucht deutlich und es können später mehr Jungtiere ausgewildert werden.
Vor der Freilassung werden jedem Jungvogel bestimmte Federn gebleicht, damit der Geier im Flug bis zu seiner ersten Mauser klar identifizierbar ist. Seit 2004 werden die Geier zudem mit GPS-Sendern ausgestattet und ihr Flugverhalten unter anderem durch Daniel Hegglin von der Stiftung Pro Bartgeier ausgewertet.
Die noch flugunfähigen Junggeier werden zu ihrer Auswilderung gemeinsam in einer geschützten Felsnische ausgesetzt. Die Auswilderungen der Geier werden seit Jahren begeistert von der Öffentlichkeit verfolgt und unterstützt. Oft gibt es ein großes Rahmenprogramm mit vielen Besuchern und Unterstützern. Da die Geier aber in streng geschützten Gebieten der Nationalparks ausgesetzt werden, darf die Öffentlichkeit sie nur auf einem Teil der Reise begleiten. In ihrer Nische werden die Junggeier einige Wochen ohne Menschenkontakt zugefüttert und können ihre wilden Artgenossen in freier Natur beobachten. Bei ihren ersten Ausflügen werden sie aus der Ferne beobachtet, um im Notfall eingreifen zu können.
Mittlerweile werden nicht nur Nachzuchten ausgewildert, sondern auch die wilden Geier ziehen regelmäßig Junggeier in den Alpen auf. Hierbei wurden Geiernester in über 3000 m Höhe entdeckt und nicht selten bilden sich sogar Bartgeier-Trios. Wann immer möglich sammeln Geierschützer Federn nahe bekannter oder neuer Nester ein, die unter anderem durch Franziska Lörcher analysiert werden. Durch diese DNA-Untersuchungen kann festgestellt werden wer sich mit wem verpaart hat.
Am Beispiel eines Brutpaares aus dem Tierpark Goldau wird schön gezeigt, wie Geiereltern ihrem Nachwuchs beim Schlupf helfen und mit ihren riesigen Schnäbeln ganz vorsichtig kleine Schalenstückchen vom Ei entfernen. Das winzige Küken wird zunächst mit feinem Muskelfleisch gefüttert. Nach ca. 6 Wochen entwickeln sich die Federn und wachsen fast 1 cm am Tag. Ausgewachsen ernähren sich Bartgeier vorwiegend von Knochen, die sie mit einer Länge von 30 cm noch am Stück verschlucken können. Sind die Knochen zu groß, so nehmen die Geier sie hoch in die Lüfte und lassen sie auf Felsplateaus fallen, um sie zu zerbrechen und die kleineren Stücke verschlingen zu können.
Die Filmaufnahmen der wilden Bartgeier sind wirklich klasse und zeigen perfekt, wie majestätisch Bartgeier durch die Lüfte gleiten. Mittlerweile sind die Bartgeier zwar wieder zurück in den Alpen, aber ob sie langfristig auch dort bleiben, hängt allein vom Menschen ab!
Am Ende der Doku werden vier Kernaussagen zusammengefasst, über die jeder einmal nachdenken sollte:
- Der Bartgeier wurde hauptsächlich aufgrund von Fake News ausgerottet, die auch heute mehr denn je großen Einfluss auf die Menschen haben.
- Es ist wesentlich leichter eine Tierart im Vorfeld zu schützen, als sie später mühselig über Jahrzehnte langsam wieder zurückzuholen.
- Bleihaltige Munition ist und bleibt eine große Gefahr für Geier und sollte gesetzlich verboten werden.
- Nur was wir Menschen mögen, schützen wir auch! Der Bartgeier hat viele Fans gefunden, aber anderen Geierarten geht es derzeit leider nicht so.
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