Sonntag, 12. November 2017

Annual Bearded Vulture Meeting - Conclusion

Nach der Exkursion am Samstagvormittag ging es nachmittags weiter mit den spannenden Bartgeier-Vorträgen des "Annual Bearded Vulture Meeting 2017" der Vulture Conservation Foundation (VCF) im französischen Passy.
Carmen stellte uns das Brutprogramm von Bartgeiern im Picos de Europa National Park in Spanien vor. 1950 waren Bartgeier dort ausgestorben, aber seit 2010 wurden bereits 17 junge Bartgeier dort ausgewildert, darunter 4 in 2017. Leider sind von diesen 17 Tieren bereits 3 gestorben (2 durch Infektionen und eines durch einen Adlerangriff).
Anschließend wurde die Strategie zum Kampf gegen Gift in Andalusien vorgestellt. Bis 2006 waren die Gift-Vorfälle auf einem Höhepunkt, aber durch viele Maßnahmen kommt Gift mittlerweile deutlich seltener vor. 2017 wurden in Andalusien 6 Junggeier ausgewildert, von denen leider einer bereits verstorben ist.
Als nächstes wurden die neuesten Daten zum LIFE GypConnect Projekt vorgestellt. Dieses Projekt hat zum Ziel die Bartgeier-Populationen der Alpen und der Pyrenäen zu verbinden, damit sich die Geier untereinander besser austauschen können und die genetische Vielfalt gesichert wird. In diesem Zusammenhang wird fieberhaft nach neuen, optimalen Auswilderungsorten gesucht. Die Wahl fiel auf Baronnies & Vercors sowie Grand Causses / Cevennes. Die Projekt-Laufzeit ist vom 01.09.2015 bis 30.11.2021 und verfügt über ein Budget von 5,6 Mio. €. Pro Jahr werden mindestens 4 Geier ausgewildert, das entspricht mindestens 24 Geiern insgesamt. Nach 4 Geiern 2016 wurden 2017 sogar 8 Geier hier ausgewildert.
Verschiedene Ziele konnten bereits frühzeitig erreicht bzw. angegangen werden. So war die Hoffnung, dass sich noch im Projektzeitraum 1-2 neue Bartgeier-Paare finden. Aktuell sind es bereits 3 neue Paare. 10-23 neue Geierfutterstellen sollen organisiert werden - mittlerweile wird das Projekt vom 11 Farmern unterstützt und 11 weitere stehen kurz vor dem Abschluss. Im Kerngebiet des Projektes sollen Stromleitungen und Strommasten gesichert werden; in Baronnies wurden die Maßnahmen schon auf 3,5 km Stromleitungen umgesetzt. Es werden verstärkt Verluste durch Gift untersucht. Mittlerweile wurde an 44 toten Geiern eine Autopsie durchgeführt (darunter 35 Gänsegeier). Zudem wurden schon 1314 Jäger bzgl. bleifreier Munition informiert und erste Versuche durchgeführt.
Beim Vortrag "Building bridges" wurde ein neues Bartgeier-Wiederansiedlungsprojekt in der Planung vorgestellt. Hierbei belegen alte Dokumente, dass es früher Bartgeier in der Nähe von Valencia gegeben hat. Wir können gespannt sein, ob es in dieser Gegend nach langer Zeit irgendwann wieder Bartgeier geben wird.
Elena von Green Balkan stellte die Wiederansiedlungsprojekte von Gänsegeiern und Mönchsgeiern in Bulgarien vor. Seit 2009 wurden bereits 270 Gänsegeier in Bulgarien ausgewildert und es gibt einen Action Plan für 48 Mönchsgeier, die ab 2018 an 3 Orten ausgewildert werden sollen. Seit 1950 sind Bartgeier in Bulgarien praktisch ausgestorben und 1972 wurde das letzte Exemplar tot gefunden. Da jedoch dem Sofia Zoo weltweit als erstem Zoo gelungen ist ein Bartgeierküken großzuziehen, ist Bulgarien sehr daran gelegen auch in freier Natur wieder Bartgeier anzutreffen. Das Projekt bemüht sich seit vielen Jahren um Unterstützung zur Auswilderung von Bartgeiern, aber bisher werden in bulgarischen Zoos geborene Küken nach Andalusien gebracht. Ob sich die Hoffnung erfüllt, dass aber 2020 Bulgarien an der Reihe ist!?
Da der Gastbeitrag aus Kreta leider ausfallen musste, stellte José zu guter Letzt die Pläne zur Bartgeier-Auswilderung 2018 vor. Natürlich hängt die Anzahl der Auswilderungen stark vom Zuchterfolg in Zoos und Brutcentren ab.
Das 2018 startende Projekt in Maestrazgo (Els Ports) bekommt wenn irgend möglich 3 Jungtiere. Gibt es in einem Gebiet keine Bartgeier mehr und ein neues Projekt startet, dann ist es wichtig gleich mit mehreren Tieren ins Rennen zu gehen, damit direkt soziale Bande gegeben sind. Im Rahmen GypsConnect gibt es die Verpflichtung der Auswilderung von mindestens 4 Junggeiern pro Jahr (2x Grand Causses/Cevennes, 2x Baraonnies/Vercors). Damit sind mindestens 7 Junggeier fix verplant.
Durch die traurigen, diesjährigen Verluste an Brutgeiern im Zuchtprogramm herrscht aktuell Männermangel. Daher werden männliche Küken aus besonderen Gen-Linien im Zuchtprogramm bleiben und vermehrt Weibchen freigelassen. Auch Junggeier von neuen Paaren bleiben im Zuchtprogramm, um den Genpool zu erweitern.
Je nach Bruterfolg gibt es natürlich auch Planungen für Andalusien, Korsika und die Alpen.
Nachdem diese Übersichtstabelle diskutiert wurde, stellte José zu guter Letzt eine Zusammenfassung der beiden Konferenz-Tage vor. Ich war wieder restlos beeindruckt, wie er es geschafft hat in so kurzer Zeit zu jedem Vortrag eine konkrete Aussage zu treffen und selbst in eher unorthodoxen Beiträgen etwas Positives zu sehen. Die Kernaussagen können in den folgenden 5 Bildern nachgelesen werden.
Für mich ist eine Aussage besonders wichtig, die José während der Konferenz und auch in Pausengesprächen mehrfach betont hat: Alle Projekte machen super Arbeit und haben bereits viele wertvolle Daten gesammelt. Jetzt gilt es alle Daten zusammenzutragen, den Informationsaustausch zu verbessern und gemeinsam den Bartgeier-Schutz voran zu treiben. Die besten Daten und Forschungsergebnisse nützen nichts, wenn man sie für sich behält. Daher sind zum Beispiel alle aufgerufen sämtliche Dokumentationen und Aufzeichnungen zu Todesursachen an die VCF weiterzuleiten. Ebenso sollten Geier-Informations-Aktionen von Zoos & Co an zentraler Stelle zusammenfließen, damit die tollen Aktionen besser publik gemacht werden können.
Gekrönt wurde das zweitägige Meeting mit einer großen Abschiedsparty mit Live-Band und diversen Ehrungen.
Sonntagvormittag fand eine Podiumsdiskussion zum nationalen, französischen Action Plan statt. Diese Konferenz fand auf Französisch ab, wurde aber live per Kopfhörer ins Englische übersetzt. Einige Konferenzteilnehmer reisten bereits morgens ab, andere blieben noch bis abends oder sogar Montagmorgen. Mein Abflug ab Genf war erst abends, daher blieb ich so lang wie möglich auf der Konferenz, obwohl die Akustik nicht sehr gut und die Gespräche nicht mehr den tollen Fach-Charakter hatten.
Daher nutzte ich zwischen den einzelnen Vorträgem die Zeit mich in Ruhe von meinen Geierfreunden zu verabschieden und Pläne für 2018 zu schmieden. Das "Annual Bearded Vulture Meeting 2018" wird in Andalusien stattfinden. Da der genaue Termin leider immer erst sehr kurzfristig bekanntgegeben wird, sehe ich die Teilnahme als problematisch an. Vor allem, wenn wieder ein Transfer vom Flughafen zu einem "Bergdorf" organisiert werden muss. Aber ich werde versuchen mir ein paar Urlaubstage aufzuheben.
Der letzte mögliche Transfer zum Flughafen verließ die Konferenz um 12 Uhr. Daher konnte ich leider nicht bis zum Ende bleiben, aber ich glaube ich habe nur eine halbe Stunde verpasst. Sonntag war es extrem verregnet, so dass ich keine Motivation hatte mir Genf anzuschauen, obwohl ich noch 6 Stunden bis zum Abflug hatte. Also habe ich es mir mit einem guten Buch am Flughafen bequem gemacht, gelesen und bin in Gedanken immer wieder zu den Geier-Vorträgen abgeschweift.
Leider ging gegen Abend hin das Chaos am Flughafen los. Fast alle Flüge waren teils deutlich verspätet, andere fielen komplett aus und ausgerechnet zu meinem Flug gab es selbst eine Stunde vor Abflug um 20:40 Uhr noch gar keine Infos. Mein Wagen stand am Düsseldorfer Flughafen und in Düsseldorf herrscht ja bekanntlich Nachtflugverbot. Jedenfalls hieß es zunächst Abflug um 21:15 Uhr, dann mussten alle Leute das Gate wechseln und irgendwann war der Abflug auf 21:30 Uhr verschoben. Als es dann endlich losging, hatten wir eine verwirrte Dame an Bord, die den Abflug weiter verzögerte. Erst um 22 Uhr hoben wir ab und ich sah den Flieger innerlich schon in Köln/Bonn landen und mich die halbe Nacht in Zügen verbringen. Aber zum Glück konnte der Flieger Punkt 23 Uhr noch landen und irgendwann nach Mitternacht war ich dann endlich zu Hause. Auch wenn die Rückreise etwas beschwerlich war, das Wochenende war jede Strapaze wert!!! Was für ein tolles Erlebnis und so viele neue Informationen und Erkenntnisse. Dazu das Wiedersehen mit alten Freunden, das Knüpfen neuer Kontakte und die ersten Inspirationen für Geier-Touren in 2018. Ich bin unendlich dankbar, dass ich an dieser Geierkonferenz teilnehmen und ein Teil dieser Geiergemeinschaft sein darf! Ganz herzlichen Dank an die Teams der VCF und Asters für die Top-Organisation, die herzliche Gastfreundschaft und ihr gemeinsames Engagement für den Bartgeier-Schutz! Together for Vultures!!!

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