Donnerstag, 21. Februar 2013

Mein Parahawking-Flug

Ein Traum wurde wahr: Ich bin mit Geiern geflogen!!!
Nach fast drei Wochen mehr oder weniger geduldigen Wartens hat es endlich geklappt!!! Wir hatten nur einen Gast heute morgen für Parahawking und ein zweiter Pilot hat sich freiwillig gemeldet mich mitzunehmen. Ist ja auch viel schöner für den Gast, wenn der Geier von Glider zu Glider fliegen kann und für den Geier ists besseres Training.
Gegen 10 Uhr ging es also mit unserem Taxi von Lakeside (ca. 900 - 1000 m über NN) zum Paragliding-Startplatz Sarankot in knapp 1500 m über NN. Die Aussicht war noch nie besser, absolut klare Sicht auf die schneebedeckten Berge des Himalayas. Wir warteten eine ganze Weile, bis die meisten anderen Flieger gestartet waren, damit Schmutzgeier Kevin nicht allzusehr irritiert wird. Zeit genug die vielen wilden Schneegeier und einige wilde Schmutzgeier zu bewundern, die nach dem Sturm gestern nachmittag endlich wieder durch die Lüfte schweben wollten.
Irgendwann wurde das Aas auf zwei Taschen aufgeteilt und ich in einen Paragliding-Rucksack mit zahllosen Schnallen verknotet. Travis durfte natürlich auch mit. Dreifach gesichert mit Schnüren und Haken konnte er seinen langen Hals durch eine Lasche in meinem Schultergurt fedeln, so dass er den gesamten Flug miterleben konnte. Kleiner Anlauf und schwupp, über die Bergkante hinweg ab in die Lüfte... Kurz darauf ließ unser Taxi-Fahrer Kevin frei, der uns sofort folgte.
Die Kamera macht jede Sekunde eine Foto, so dass die Fluggäste später gut 1000 Bilder und ein kleines Video bewundern können. Normalerweise wird nur in eine Richtung fotografiert, aber meine Pilotin bot mir an mehrere Blickwinkel auszuprobieren. Super!
Jeder Fluggast bekommt einen Leder-Falknerhandschuh für die linke Hand und eine Tasche mit Aas-Bröckchen um den Bauch geschnallt. Es wird immer ein Aas-Bröckchen in den Handschuh gelegt, mit dem Daumen festgehalten und mit der rechten Hand verdeckt, bis der Geier ein Signal bekommt. Normalerweise sitzen Tracy (meine gleichaltrige "Chefin") und ich unten am See auf der Wiese und beobachten die Glider per Fernglas, was in dem Gewusel aus teils 50 Fliegern gar nicht so einfach ist. Tracy, manchmal auch ich, gibt dann über Walkie Talkie den Fliegern Infos durch, wo sich der Geier gerade befindet, damit sich die Piloten nicht auch noch darauf konzentrieren müssen. Ist der Geier also im Anflug, dann gibt der Pilot dem Geier per Trillerpfeife ein Signal, dass er Futter bekommt. Gleichzeitig ist dies das Signal für den Fluggast seinen linken Arm mit dem Aas-Häppchen so weit wie möglich rauszustrecken. Der Geier kommt dann rasant von hinten angeflogen und landet auf dem Handschuh, um sich seine Belohnung reinzuschlingen. Das wird das während des gesamten Fluges immer wieder wiederholt. Die Piloten achten dabei darauf, dass der Geier gleichmäßig zu beiden Glidern fliegt und während der Fütterung die Sonne genau so steht, dass die Bilder nicht verranzt werden.
Direkt zu Beginn meines Fluges flatterten einige wilde Schneegeier und ein Steppenadler um unseren Glider herum. Bzw. sie zeigten uns die besten Aufwinde, um schnell an Höhe zu gewinnen. Wir folgten den Riesengeiern also und flogen über 1700 m (über NN), wahrscheinlich sogar höher.
Der Adler kam unserem Glider einmal deutlich zu nah, so dass meine Pilotin ihn anschreien musste, damit er abdreht...
Wilder Geier...
Was mich allerdings überrascht hat: Obwohl viele Flieger in der Luft waren und es vom Boden immer so bedrohlich nach Kollisionen aussieht, wirkte es aus der Luft wesentlich entspannter. Niemand kam uns zu nah.
Was für ein geniales Erlebnis!!!
Die Landschaft ist herrlich! Vom Boden aus habe ich ja nie viel mehr als den See und ein paar Berge gesehen, aber aus der Luft sieht man die Weite, den Schnee, in der Ferne Pokhara. Eine so viel schönere Gegend als während meines ersten Tandemfluges letztes Jahr in Südafrika über einer Stadt...
Bildhübsches Geschöpf!
Der Flug war total gemütlich und mir ist überraschenderweise kein bisschen übel geworden - dabei war ich vorab wirklich erleichtert mitzuerleben, dass hier vielen Fluggästen übel wird und die Piloten daher dran gewöhnt sind. Also nur halb so peinlich wie befürchtet. Aber nichts passiert, alles super vertragen!
Es war wirklich ein perfekter Flug! Das Wetter, die Aussicht, wilde Geier, aber keiner, der unseren Kevin irritiert hat. Er ist also die ganze Zeit brav um uns herum geflogen und wäre am liebsten noch länger in der Luft geblieben.
Geier im Landeanflug...
Kann mich an den Bildern gar nicht mehr sattsehen, obwohl das eigentliche Erlebnis natürlich noch viel, viel besser war!!! Die Pilotin hat mich zwar kostenlos mitgenommen und auch kostenlos Bilder gemacht, aber ich habe anschließend trtozdem den Teil gespendet, der immer in den Geierschutz geht.
Unfassbar, solche Aufnahmen!
Und mit dem folgenden Bild habe ich es sogar zum "Bild des Tages" geschafft, das jeden Tag auf der Facebook-Seite von Parahawking veröffentlicht wird - und zum neuen Titelbild. Seit über einem Jahr habe ich diese Bilder bewundert und nun bin ich selber auf dem Bild!!! Kann noch immer nicht glauben, dass ich das wirklich alles erleben darf!!!
Nach einer ganzen Weile ging es Richtung See. Die Flüge dauern bei Ideal-Bedingungen ca. 15 - 20 Minuten. Keine Ahnung, wie lange ich in der Luft war, aber es war wie gesagt wirklich ein perfekter Flug und kam mir wesentlich länger vor.
Unter unseren Füßen ist das Maya Devi Village, wo sich Parahawking befindet. Die Straße führt dann direkt am See entlang nach Lakeside (oberes Ende vom See).
Was für ein Wahnsinns-Erlebnis!!!

Liebe Leser,
wenn ihr jemals nach Nepal kommt, macht unbedingt einen Abstecher nach Pokhara und bucht einen Parahawking-Flug! Nicht unbedingt am letzten Tag der Reise, da wegen schlechten Wetters oder der hier häufigen Streiks leider hin und wieder ein Flug verschoben werden muss. Aber dieses Erlebnis ist einzigartig!!! Die Flüge sind zwar doppelt so teuer wie normale Tandemflüge, aber bei Parahawking fliegt man mit den Geiern und FÜR die Geier! Für den Geierschutz in Nepal, für ein besseres Verständnis dieser wunderbaren Geschöpfe und für die Unterstützung eines super Projektes. Wie überall werden Taxifahrer und Pilot bezahlt, außerdem das Futter für Geier und Milane. Der Rest geht in den nationalen Geierschutz. Da Parahawking Rücksicht auf die Brutsaison der wilden Geier nimmt, finden Parahawking-Flüge nur von Oktober/November bis Ende März statt. Die Zeit dazwischen muss natürlich finanziell irgendwie überbrückt werden, da die Vögel ganzjährig Futter brauchen. Wer sein Geld gut anlegen möchte, der ist bei Parahawking also genau richtig!
Ich selber werde wohl niemals vom Paragliding-Virus infiziert. Sicher, es ist eine tolle Sache mal zu fliegen, aber mehr auch nicht. Ganz im Gegensatz zu einem Parahawking-Flug, bei dem man so nahe gemeinsam mit den trainierten UND mit den wilden Geiern fliegt! Dies ist ein unvergessliches Erlebnis und ich würde es jederzeit wieder machen!!!
In diesem Sinne, genüssliches Aas hack,
Bettina

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