Auf der Webseite MONGABAY entdeckt ich immer wieder spannende Berichte aus der Geierwelt. Diesmal von Ryan Truscott über den positiven Einfluss der Geparden-Wiederansiedlung in Malawi auf die dortige Geierpopulation.
Weißrückengeier bei der Landung im Etosha National Park, Namibia. © Charles J. Sharp. |
2017 wurden sieben Geparden im Liwonde National Park in Zusammenarbeit mit Endangered Wildlife Trust ausgewildert. Die Geparden waren kaum in ihrem Auswilderungsgehege eingetroffen, da erschienen schon die ersten Geier am Himmel, obwohl sie vor rund 20 Jahren vollständig aus dieser Gegend verschwunden waren.
Auswilderung eines Geparden im Liwonde National Park. © Frank Weitzer |
Nahe des Auswilderungsgehege der Geparden wurden Kadaver ausgelegt und Überwachungskameras aufgestellt. Das Projektteam dachte auf diese Weise vielleicht Hyänen zu beobachten. Stattdessen wurden mehr und mehr Geier an den Kadavern aufgenommen und sie begannen die Bäume rund um das Gehege zu belagern. Eine tolle Überraschung!
Das Geparden-Wiederansiedlungsprojekt ist ein großer Erfolg. Bei der letzten Zählung wurden 42 Individuen in dem 548.000 ha großen Park dokumentiert. Die zweite Generation der Geparden zieht derzeit ihre Jungtiere auf. Nur wenige Monate nach dem Geparden wurden dort auch Löwen ausgewildert, um mehr Futter für die Geier sicherzustellen. Geier sind schließlich darauf angewiesen, dass große Raubtiere in freier Natur Beute reißen und Aas übrig lassen.
Geier, Geparden und Löwen wurden in der großen Wilderer-Krise in den 90ern und frühen 2000ern nicht nur in Liwonde sondern auch in anderen Schutzgebieten Malawis ausgerottet. Durch das Verschwinden der Geier blieben immer mehr Kadaver in der Natur rumliegen, vor allem in der Trockenzeit. Dadurch stieg auch das Übertragungsrisiko von Krankheiten auf Nutzvieh und Mensch sowie die Kontaminierung der Umwelt. Ohne die Konkurrenz durch Geier konnten sich andere Vögel wie Gaukler, Adler und Marabus zwar sattfressen, aber sie sind beim Beseitigen von Kadavern nicht ähnlich effizient. Außerdem starben Tiere teils qualvoll an Altersschwäche. Mit eine gesunden Geparden- und Löwenpopulation wäre es nie soweit gekommen, da die schwachen Tiere gute Beute sind. Interessanterweise konnte beobachtet werden, dass sich Buschschweine vermehrt als Jäger zeigten, obwohl sie sich sonst eher von Gras und Wurzeln ernähren. Das Verschwinden der Geier hatte also einen enormen Einfluss auf die gesamte Ökologie des Parks.
Die ersten beiden Geierarten, die 2017 nach Liwonde zurückkamen, waren die vom Aussterben bedrohten Weißrückengeier und Kappengeier. Darunter war auch ein markierter Geier aus dem Imfolozi Game Reserve in Südafrikas KwaZulu-Natal Province, rund 2.500 km südlich. Mittlerweile wurden auch drei weitere Geierarten gesichtet: Die vom Aussterben bedrohten Wollkopfgeier, die bedrohten Ohrengeier und auch einige der stark bedrohten Sperbergeier, die normalerweise eher im östlichen Afrika und der Sahel-Zone vorkommen.
Geier futtern an einem Kuhkadaver. © IUCN Bangladesh |
Wie wohl sich die Geier durch die Geparden-Wiederansiedlungen mittlerweile in Liwonde fühlen, zeigte eine tolle Entdeckung im vergangenen Jahr: Es wurden drei Weißrückengeier in Borassuspalmen gesichtet und die ersten Bruterfolge nach über zwei Jahrzehnten dokumentiert!
Solche guten Nachrichten gibt es über Geier in Afrika leider immer seltener. Die Liste der Bedrohungen von Geiern ist lang: Versehentliches oder beabsichtigtes Vergiften, Kollisionen mit Stromleitungen, Verlust des Lebensraumes… Alles Ursachen, die Afrikas Geier an den Rande der Ausrottung gebracht haben. Eine Studie aus 2015 zeigt auf, dass sieben der afrikanischen Geierarten um über 80 % zurückgegangen in den letzten 3 Generationen zurückgegangen sind. Vergiftung ist hierbei Todesursache Nummer 1!
Toter Geier neben einem mit Gift kontaminierten Elefantenkadaver in Mosambik. © Andre Botha |
Häufig fallen Geier Giftködern zum Opfer, die eigentlich gegen Raubtiere wie Löwen oder Hyänen ausgelegt werden, um Nutzvieh zu schützen. Es kommt aber auch zu riesigen Geiermassenvergiftungen, wenn Elfenbeinjäger gewilderte Elefantenkadaver oder getötete Nashörner mit Gift kontaminieren, um gezielt Geier auszurotten. Geier verraten nämlich durch ihren Kreisflug indirekt den Parkrangern, wo Kadaver (durch vermeintliche Wilderer) zu finden sind. Auch werden immer wieder Geier getötet, um ihre Körperteile auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Das schlimmste Ereignis spielte sich 2020 in Guinea-Bissau ab, als über 2.000 Kappengeier hierfür vergiftet wurden.
Mittlerweile sind viele Geier mit einem GPS-Sender ausgestattet, der ebenfalls über einen Sterblichkeitssensor verfügt. Schlägt dieser Alarm, weil sich ein Geier z.B. längere Zeit nicht mehr bewegt hat, kann ein Geierschutzteam ausrücken und den Geier suchen. Auf diese Weise konnte schon viele Tatorte entdeckt und gesichert werden, bevor sich die Opferanzahl unter den Geiern exponentiell erhöht.
Geierschützer statten einen Geier mit GPS und Flügelmarkierung aus. © Endangered Wildlife Trust |
Geier mit Sterblichkeitssensor. © Endangered Wildlife Trust |
Auch die Abholzung und Zerstörung des Lebensraumes ist ein großes Problem für die Geierpopulation in Malawi. Durch den steigenden Bedarf von Holzkohle wurden riesige Landstriche zerstört. Der größte illegale Raubbau wurde 2017 im Lengwe National Park dokumentiert, als 2.000 ha der 88.700 ha Parkfläche für immer zerstört wurden. Gerade für die Baumbrüter unter den Geiern sind große Bäume Grundvoraussetzung, um sich anzusiedeln und zu brüten.
Es wurde beobachtet, dass die Weißrückengeier von Liwonde auf Nahrungssuche auch Richtung Lengwe National Park und Majete Wildlife Reserve fliegen. Ein anderer GPS-Geier flog über die Grenze ins Niassa Special Reserve, Mosambik. Schutzgebiete als Rückzugsorte sind daher umso wichtiger, um die sich langsam neu entwickelnde Geierpopulation Malawis zu schützen.
Niassa Special Reserve. © Colleen Begg |
Quellen:
- Sievert, O., Fattebert, J., Marnewick, K., & Leslie, A. Assessing the success of the first cheetah reintroduction in Malawi. Oryx, 1-9.
- Sievert, O., Reid, C., & Botha, A. (2020). First confirmed records of Rüppell’s Vultures (Gyps rueppelli) in Malawi. Vulture News, 78, 31-36.
- Sievert, O., Adendorff, J., Kadewere, S., Reid, C., & Botha, A. (2022). Recent records of vulture nests in Malawi’s Southern Region. Vulture News, 81(1), 1-6.
- Ogada, D., Shaw, P., Beyers, R. L., Buij, R., Murn, C., Thiollay, J. M., … & Sinclair, A. R. (2016). Another continental vulture crisis: Africa’s vultures collapsing toward extinction. Conservation Letters, 9(2), 89-97.
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