Donnerstag, 31. März 2022

Einblick in VulPros Arbeit im März

Wieder ist ein Monat vergangen und ich möchte auf die tolle Arbeit vom Geierschutzprojekt VulPro in Südafrika zurückblicken. Hier die März-Highlights.

Wie könnte der Monat schöner beginnen, als mit einem süßen Geierkükenbild und dem passenden Zitat dazu:

“Look closely at nature. Every species is a masterpiece, exquisitely adapted to the particular environment in which it has survived. Who are we to destroy or even diminish biodiversity?" – Edward O. Wilson, weltberühmter Biologe und mehrfacher Gewinner des Pulitzer-Preises.

© Jess Murray

Anfang März fand das TuskSymposium in der Masai Mara in Kenia statt, an dem auch VulPro teilnahm. Führende Naturschützer aus ganz Afrika kamen hier zusammen, um über ihre Schutzprojekte und Forschungsergebnisse zu berichten. Wenn ich mir die Kulissen der Konferenz anschaue, wäre ich nur zu gerne dabei gewesen!!!

Von meinen eigenen Besuchen bei VulPro weiß ich, dass manche Geier bereitwilliger Fotoshootings über sich ergehen lassen als andere. Kassie, der wunderschöne Ohrengeier aus dem Detroit Zoo, schien sich in seiner Rolle als Fotomodell zu gefallen.

Vor einer Woche kam ein verletzter Sekretär nach VulPro. Mittlerweile ist er kräftiger geworden, aber sein Schwanz hängt herunter. Eine Röntgenuntersuchung kann hoffentlich Hinweise geben, wie dem armen Tier geholfen werden kann.

Die nächsten Bilder zeigen das, was ich bei VulPro am meisten liebe: Den Anblick zahlloser wilder Geier am Futterplatz von VulPro! Das ist so ein unglaublich schöner und fast schon friedlicher Anblick, obwohl sich die Krummschnäbel kaum gegenseitig einen Bissen gönnen. Dazu das dinosauriermäßige Brüllen kurz vor der Attacke aufs Aas, das Keckern, wenn sie sich mal wieder untereinander streiten und die vielen zufriedenen Schnäbel, wenn sich der Kropf in Minutenschnelle füllt. Wie gerne wäre ich an diesem Tag dabei gewesen!!!

Aufgrund toller Partner in der lokalen Landwirtschaft, werden VulPro immer wieder große Mengen an toten Nutztieren zur Fütterung der Geier gespendet. Ich kann mich nur an 2012 erinnern, wenn die Spende einer ganzen Kuh eher wöchentlich passierte. Damals mussten wir die Kuh ein Kleinteile zerlegen, damit jede Voliere etwas abbekommt. Mittlerweile sind die Aasbereitstellungen so groß, dass VulPro vor Jahren einen Kühlraum bauen musste, um das viele Aas rationieren zu können. Außerdem können die Kadaver mittlerweile meist am Stück verfüttert werden, da genug für alle Volieren-Insassen und die wilden Geier ist. Die Farmer wissen mittlerweile genau, welche Tiermedizin geierschädlich ist und stellen nur „gesund“ Kadaver bereit. Muss ein Tier durch eine Bleikugel erlöst werden, wir der Körperteil der Einschussstelle – meist der Kopf – großflächig vor der Verfütterung abgetrennt, damit die Geier in keinem Fall Bleipartikel verschlucken können.

Bei Routinearbeiten entdeckte Eskom einen verletzten Kapgeier unterhalb der Stromleitungen. VulPro wird sein Bestes geben, um den armen Pechvogel wieder aufzupäppeln.

Und noch so ein magischer Moment, den ich allzu gerne miterlebt hätte: Rund 200 Marabus hatten scheinbar die Auffangstation mit einem Holiday Resort verwechselt und es sich bei VulPro bequem gemacht. Wahnsinn! Ich glaube mein Rekord waren maximal 70 und das war schon ein genialer Anblick. Marabus sind Allesfresser und können riesige Hautlappen oder ganze Stinkeferkel am Stück verschlingen. Wenn die hinter den Geiern am Futterplatz aufräumen, haben wir Helfer am nächsten Tag einen entspannten Job!!!

Die Queenstown Veterinary Clinic ist ein enger Kooperationspartner von VulPro hat erst kürzlich wieder einem schwer verletzten jungen Kapgeier den Flügel amputiert. Der Arme reiht sich nun in die lange Liste der permanenten Bewohner von VulPro ein, wo es ihm allerdings sehr, sehr gut gehen wird. Besten Dank an die Tierklinik, die immer mit medizinischer Unterstützung bereitsteht.

Wenn man den ganzen Tag von Geiern umgeben ist, ist ein Foto schöner als das andere. Hier ein ganz besonders niedlicher Schnappschuss.

Die beiden neuen Kappengeier-Volieren nehmen Formen an und sind Dank vieler tatkräftiger Helfer und Sponsoren beinahe fertiggestellt. So langsam glaube ich, dass ich VulPro nicht wiedererkennen werde…

Die Brutsaison steht in den Startlöchern und die süßen Geierpärchen bauen ihre Nester. In dieser Zeit ist es sehr wichtig genügend Nistmaterial in den Volieren bereitzustellen. Während manche Geier nur ein paar Zweige brauchen, bauen andere ihre Nester auch mal gut einen halben Meter hoch.


Mitte März dann ein weiteres Highlight, das kein Besucher von VulPro je vergessen wird: Hunderte wilde Kapgeier und einige Weißrückengeier kreisten am Himmel über VulPro und blieben einige Tage zum Futtern dort. Für mich das Paradies auf Erden, wenn man in den Himmel schaut und überall die Lieblingstiere sieht. Der Anblick dieser Eleganz und Leichtigkeit wird niemals langweilig!!!

Wer früh genug aus den Federn kommt, wird bei VulPro nicht selten mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang belohnt.

Am 20.03. fand der erste Vulture Trail Run statt, ein sportliches Spaßevent, um Spenden für VulPro zu sammeln und über den Geierschutz zu informieren. Eigentlich wollte ich an diesem Tag aus der Ferne zeitgleich „teilnehmen“, aber mir kam etwas dazwischen. Mit Sicherheit war es ein tolles Event!


Mittlerweile sind die neuen Kappengeier-Brutvolieren fertiggestellt und von den zufriedenen Vögeln bezogen. Sie scheinen ihr neues Zuhause sehr zu mögen!

VulPro hat viele tolle Partner und Kooperationen, die das Geierprojekt unterstützen. Auch eine Kaffeemarke ist vorbei, die auf ihren Verpackungen fleißig VulPro bewirbt und einen Teil des Erlöses für den Geierschutz spendet. So ein Kaffee schmeckt doch ganz besonders gut!!!

VulPro unterstützt nicht nur Geier in Not, sondern springt auch bei anderem Federvieh ein. Ende März kam ein Weißstorch in VulPros Obhut, der sehr lethargisch wirkte und offenbar bei Flugversuchen nicht an Höhe gewinnen konnte. Der erste Verdacht war, dass ein Ei quersitzt und operativ entfernt werden muss. Als der Storch operiert wurde, wurden allerdings hunderte Plastikbänder in seinem Körper gefunden, die nach und nach entfernt wurden. Besonders erschreckend ist, dass eine ähnliche Situation auch in einer anderen Auffangstation entdeckt wurde! Diese beiden Störche konnten gerettet werden, aber wer weiß, wie viele daran verenden!?

Die großen Erfolge bei VulPro sind natürlich die Auswilderungen genesener Geier, die ohne VulPros Hilfe keine zweite Chance auf ein Leben in Freiheit bekommen hätten. Ende März war es für sechs Kapgeier wieder soweit und sie konnten ihre majestätischen Flügel in die Freiheit schwingen. Hoffentlich bleiben sie diesmal gesund und halten sich von Gefahren fern!

Und wieder neigt sich ein abwechslungsreicher Monat dem Ende entgegen. Mögen die schönen und positiven Momente die traurigen allzeit überwiegen!!!

Alle Bilder © VulPro, Facebook

Freitag, 18. März 2022

Über 100 tote Schneegeier in Indien

Traurige Nachrichten aus Assam, Indien: Zum wiederholten Mal kam es zu einer Geiermassenvergiftung, diesmal mit über 100 Verlusten - allesamt Schneegeier (Himalayan Vultures).

Der Vorfall ereignete sich in einem Reisfeld, ca. 45 km westlich von Guwahati. In einem Ort in dieser Gegend waren bereits im Februar 2020 mindestens 10 stark bedrohte Geier nach dem Verzehr einer vergifteten Kuh gestorben. Als jetzt die Geierschützer über den neuesten Vorfall informiert wurden und zum Tatort eilten, war die Tragödie um ein zehnfaches höher! Über 100 Geier und ein Steppenadler waren bereits gestorben, 12 weitere konnten geschwächt eingesammelt werden, von denen einer kurz darauf verstarb. Ob die anderen überleben werden ist fraglich. Nahe der toten Geier wurden Knochen eines Ziegenkadavers entdeckt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Kadaver vergiftet war und die Geier nach dem Verzehr des Fleisches verendeten. Die genaue Ursache wurde durch eine Autopsie festgestellt: Mal wieder wurde das tödliche Pestizid Carbofuran eingesetzt. Farmer sprühen damit immer wieder Kadaver ihrer Nutztiere ein, um die restliche Herde vor wilden Hunden zu schützen. Leider fressen zumeist Geier von diesen Giftködern und sterben qualvoll.

Nachdem Proben der toten Geier genommen wurde, wurden ihre Körper aufgetürmt und verbrannt, um zu verhindern, dass weitere Tiere von den vergifteten Kadavern fressen.




alle Bilder © Prasanna Kalita, Facebook

Geierschützer des Landes sind zurecht erzürnt, weil solche Vorfälle wieder und wieder passieren, aber nichts durch die Polizei unternommen wird. Auch in meinem Blog habe ich bereits mehrere Vorfälle dokumentiert, z.B. im April 2020 und Januar 2021. Erst vor 14 Tagen hatte es offenbar bereits einen weiteren Vorfall in Assam gegeben, bei dem 36 Geier unter ähnlichen Umständen gestorben sind. Ein Geierexperte aus einem indischen Brutcenter berichtet, dass jährlich ca. 100 Geier durch Vergiftungen sterben. 2022 sind es bereits um die 150 und wir haben erst Mitte März!!!

Man fragt sich, wie viele Geier überhaupt noch übrig bleiben! Angeblich leben in Assam noch 1.500-2.000 Geier, wobei der Schneegeier in dieser Gegend als Zugvogel gezählt wird.

Update zur Mönchsgeier-Vergiftung in Bulgarien

Vergangenen Montag wurde die Geierwelt schockiert, als in Bulgarien vier wertvolle Mönchsgeier vergiftet wurden und starben. Ein Riesenrückschlag für Geierschutzprojekte wie Green Balkan, Vultures Back To LIFE, Bright Future for the Black Vulture und die Vulture Conservation Foundation, die seit Jahren verzweifelt für die Wiederansiedlung der Mönchsgeier in Bulgarien kämpfen. Unter den toten Geiern war auch Geier-Liebling Michev-Boev, der nach 28 Jahren erste wilde Mönchsgeiernachwuchs in Bulgarien.

Gemäß des Protokolls zum Umgang mit Vergiftungsvorfällen wurden sofort umfangreiche Ermittlungen gestartet. Mittlerweile wurden die Kadaver der vier toten Mönchsgeier, des Mäusebussards, der zwei Schakale und der zwei Schäferhunde untersucht. Außerdem wurde 6 km vom Tatort entfernt der Kadaver eines Gänsegeiers entdeckt. Dieser wird ebenfalls untersucht, um festzustellen, ob er ebenfalls durch den gleichen Giftköder verendet ist.

Untersuchung der unschuldigen Opfer des Giftköders © Green Balkan, VCF-Webseite

Leider ergaben die Untersuchungen noch einen größeren Frust, als bisher sowieso schon angenommen: Das verstorbene Mönchsgeier-Weibchen Vratsa war schwanger! In ihrem Körper wurde ein Ei entdeckt, dass sie dieses Frühjahr gelegt hätte. Vratsa kam 2019 aus Spanien nach Bulgarien und wurde 2020 im Vratsa Balkan Naturpark ausgewildert. Bisher war den Geierschützern nicht bewusst, dass sie bereits brütete. Umso trauriger, dass von einem Moment auf den anderen eine junge, künftige Geierfamilie ruiniert wurde und ein massiver Rückschlag für die Wiederansiedlung der Mönchsgeier in Bulgarien.

Das ungelegte Ei von Mönchsgeier-Weibchen Vratsa © Green Balkan, VCF-Webseite

Erste Kalifornische Kondore erreichen das Yurok Tribe Territory

Ein historisches Ereignis steht bevor: Im Mai werden die ersten vier Kalifornischen Kondore mit Unterstützung des Yurok Tribe in Nord-Kalifornien ausgewildert. Damit würde zum ersten Mal nach über 100 Jahren der majestätische Riesengeier auch wieder nördlich von San Francisco am Himmel kreisen. Der Yurok Tribe lebt im Redwood National Forest und verehrt seit jeher den Kalifornischen Kondor, den sie in ihrer Sprache „prey-go-neesh“ nennen. Ihrem Glauben nach übermitteln Kalifornische Kondore ihre Gebete in den Himmel, da sie höher fliegen als alle anderen Vögel. Wenn das kein perfekte Voraussetzung für einen neuen Auswilderungsort der vom Aussterben bedrohten Kondore ist! Natürlich muss ein solches Projekt über Jahre gut vorbereitet werden und bedarf vieler Partner. Hierzu zählen u.a. das Yurok Wildlife Programm, der United States Fish and Wildlife Service, Redwood National and State Parks, die Ventana Wildlife Society (VWS), der Sequoia Park Zoo und der Oakland Zoo.

Die vier Kalifornischen Kondore verbrachten zunächst sechs Monate in der San Simeon Auswilderungsvoliere, bis der Yurok Tribe seine eigene Auswilderungsvoliere fertiggestellt hatte. Dann konnte der road trip endlich losgehen und die Condor Crew der Ventana Wildlife Society brachte die vier Stars in ihre neue Heimat.

© Ventana Wildlife Society

Die Protagonisten:

  • Kondor 1045, ein 2-jähriges Männchen, das beim Peregrine Fund‘s World Center for Birds of Prey in Boise, Idaho, geschlüpft ist.
  • Kondor 973, ein 3-jähriges Männchen, ebenfalls vom World Center for Birds of Prey in Boise.
  • Kondor 1010, ein 2-jähriges Männchen, geschlüpft im Oregon Zoo.
  • Kondor 969, ein 3-jähriges Weibchen, ebenfalls aus dem Oregon Zoo.

Um den Kontakt zu Menschen auf ein Minimum zu beschränken, wurden die Transportkisten bis in die einzelnen Volieren der vier Kondore gebracht. Dort wurden die Kondore zügig eingefangen und vorsichtig verstaut. Zum besseren Komfort wurden die Transportkisten mit Redwood-Zweigen ausgepolstert. Außerdem beruhigt der vertraute Geruch die Kondore während der weiten Fahrt. Um die Kondore nicht zu stören, wurde außerdem während der Fahrt so wenig wie möglich gesprochen und wenn, dann höchstens im Flüsterton. Nach langer Fahrt bezogen sie heute ihre neue Voliere in Redwood.

© Oakland Zoo, Facebook

Natürlich wurden die Kalifornischen Kondore vorab regelmäßig medizinisch untersucht, damit auch wirklich alles glatt läuft. Dies übernahm Chef-Tierarzt des Oakland Zoo, ebenfalls Mitglied der VWS.

© Oakland Zoo, Facebook

Die vier Kondore werden nun gemeinsam einige Wochen in einer Voliere verbringen, wo sie von dem 7-jährigen männlichen „Mentor-Kondor“ (Kondor 746) bei der Eingewöhnung und Akklimatisierung unterstützt werden. Dieser stammt ebenfalls aus dem World Center for Birds of Prey und erreichte bereits am 24.03.2022 die Auswilderungsvoliere im Yurok Territorium nach einem Flug von Boise nach Medford, Oregon, und anschließender Autofahrt. Auch in freier Wildbahn sind Kalifornischen Kondore sehr soziale Tiere und lernen die überlebensnotwendigen Verhaltensweisen von ihren älteren Artgenossen.

Neuankömmlinge in der Auswilderungsvoliere in Redwood © Yurok Tribe

Auswilderungsvoliere in Redwood © Yurok Tribe

Mentor-Kondor in der Auswilderungsvoliere in Redwood © Yurok Tribe