Montag, 30. April 2018

Geier-Untersuchungen

Heute war große Geier-Untersuchung und medizinische Versorgung bei VulPro angesagt.
Unser schwächster Kapgeier-Patient wurde heute früh aus seinem Nachtquartier im Haus nach draußen geholt und zur Unterstützung seiner schwachen Beine in unsere Hängekonstruktion gesteckt. Hierfür dient ein altes T-Shirt, durch dessen Kopföffnung auch der Geierkopf rauschaut. Zusätzlich werden für die Beinchen Löcher in das T-Shirt geschnitten und ein weiteres Loch nahe der Kloake, damit er nicht den halben Tag in seinem eigenen Mist sitzen muss. Der Geier wird so hoch gehängt, dass seine Füße knapp den Boden berühren. So ist er gezwungen seine Beine zu nutzen und zu trainieren, ohne jedoch sein volles Körpergewicht tragen zu müssen.
Da der arme Kerl aber seine Beine zur Zeit gar nicht richtig bewegen kann, ist zusätzliche Physio mehrmals täglich von Nöten. Hierzu schieben wir einen Bottich mit Wasser unter seinen Körper und stellen seine Füße hinein. Zwar sind Geier reinliche Tiere und gehen regelmäßig Baden, dennoch beginnen sie recht bald Wasser zu treten. Unser Patient hat aber leider auch auf das Wasser kaum reagiert. Um ihn sieht es wirklich schlecht aus.
Den Vormittag verbrachten wir mit ein großen Geier-Untersuchungsaktion. Zunächst wurde noch ein Geier mit Augentropfen versorgt und zwei weitere Geier durften nach einer letzten Spritze in die offene Voliere zu den anderen Krüppelgeiern umziehen. Ihre amputierten Flügelstümpfe scheinen langsam aber sicher zu verheilen, so dass sie zu ihren Kollege dürfen.
Danach fingen wir ein paar Geier aus der Großvoliere ein, die unter "bumble foot" leiden, einer Art Klumpfuß. Die kugeligen Verformungen unter den Füßen entstehen von zu viel Druck, wenn die Geier auf schlechtem Untergrund stehen oder wenn sich kleine Splitter unter den Füßen entzünden.
Mit vereinten Kräfte und Unmengen medizinischen Equipments richteten wir uns vor der Großvoliere ein und schnappten uns einen nach dem nächsten.
Zuerst wurden Flügelmarkierungen und die Ringnummer an der Kralle notiert und Blutproben aus dem Beinchen entnommen. Außerdem musste jeder Geier ein paar Brustfedern lassen, die genetisch untersucht werden. Der erste Geier war direkt der Patient mit den am schlimmsten betroffenen Krallen. Normalerweise haben Geier elegante, dünne Zehen und einen kleinen Fußballen, aber diese Kralle hier ist vollkommen verformt!
Kralle vom oben...
... und Kralle von unten.
Die Krallenunterseite wurde mit Desinfektionsspray besprüht und kräftig mit einer Zahnbürste aufgeraut, damit das Desinfektionsmittel besser einziehen kann. Außerdem wurden die Verformungen mit einem Messschieber vermessen, damit unsere Studentin aus Simbabwe die Behandlungserfolge der bumble foot über einen längeren Zeitraum analysieren kann.
Anschließend bekam der Geier eine Geh-Hilfe aus Moosgummi. In die Mitte wird ein Loch geschnitten, um den Druck von der schlimmsten Fußverformung zu nehmen. Das Loch wird mit Watte gefüllt und mit weiteren Heilungsmittelchen getränkt.
Anschließend wird das Moosgummi mit einer alt Klettklebeband fixiert.
Damit der Verband hält, wird alles noch mit Klebeband umwickelt.
Bei dieser Pechvogel sind sogar beide Krallen betroffen, so dass wir die gleiche Prozedur zweimal durchspielten.
Nach einigen Minuten war der Geier fertig und hatte beide Füße ordentlich verarztet bekommen. Hoffentlich tun ihm die Krallen jetzt nicht mehr weh und die Entzündung kann langsam abheilen.
So sieht die Vermessung der Krallenprobleme aus. Das ist auch für mich eine Neuheit.
Nach und nach behandelten wir 4 Geier mit bumble foot und von 7 weiteren Geiern nahmen wir Blut- und Federproben.
Außerdem nahmen wir von allen Geiern je zwei Abstriche aus Schnabel und Kloake. Hierzu werden lange Ohrenstäbchen je 10 Sekunden in der Schabelinnenseite und in der Kloake gerieben. Den Geiern gefällt das natürlich gar nicht gut, aber was sein muss, muss sein. Die 4 Proben je Tier werden auf alle möglichen Infektionen und Bakterien untersucht, um mehr über die Geier zu erfahren.
Insgesamt haben die Geier wirklich tapfer durchgehalten und alle Untersuchungen über sich ergehen lassen. Ich hoffe, dass die Ergebnisse uns weiterhelfen die Geier besser zu verstehen und vor möglichen Infektionen zu schützen. In jedem Fall ein paar wahnsinnig spannende Stunden, in denen ich wieder viel gelernt habe. Außerdem hat sich deutlich gezeigt, wie super unser gemischtes Team zusammenarbeiten kann!!! Hatten wir jemals schonmal so eine tolle Konstellation hier? Ich bin mir sicher, dass die nächsten zwei Wochen klasse werden!!!
Nach der großen Geier-Untersuchung bekam der Patientengeier eine weitere Runde Physio und das "Tagesgeschäft" ging weiter. Mehr dazu im nächsten Artikel.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen