Montag, 30. April 2018

Sonnenaufgang bis Vollmond

Neben den vielen medizinischen Versorgungen hatte der heutige Tag bei VulPro noch viel mehr zu bieten!
Der Tag begann mit einem herrlichen Sonnenaufgang und einigen hungrigen Schnäbeln, die mit Aas gestopft werden wollten.
Der Seeadler hatte besonders Glück, denn er konnte heute früh gleich zwei Tauben abstauben. Von ihnen blieb nach wenigen Minuten nur noch ein Federgemetzel übrig.
Für die Palmgeier und einen neuen kleinen Adler gab es Eintagsküken. Alle anderen Geier mussten bis nachmittags warten, weil wir für sie erstmal muffiges Altaas aus der Kühlkammer zerlegen mussten. Das war eine relativ fiese Arbeit, weil die Schweine schon ein paar Tage alt und angeschnitten waren, aber was tut man nicht alles für die lieben Geierlein!?
Palmgeier mit gut gefülltem Kropf.
Von den Kapgeiern gab es nur neidische Blicke, denn das Aas in ihren Volieren war abgenagt und sie mussten sich noch einige Stunden gedulden.
Die Andenkondor-Dame sonnte sich am Morgen auf ihrem Felsen. Wie immer die schüchterne Eleganz in Geierform!
Bei den Weißrückengeiern haben sich einige Paare gebildet und die ersten Nester sehen schon toll aus. Ein Pärchen hat mich schon ganz nervös gemacht, weil immer ein Geier brütend im Nest lag. Aber leider haben sie noch kein Ei gelegt.
Einen magischen Moment hat mir dieses süße Ohrengeier-Pärchen heute beschert:
Nach der Versorgung der ganzen Geier hatten wir sämtliche Geierpools geschrubbt. Als ich bei diesem Pärchen fertig war und das Wasser nachlaufen ließ, setzte ich mich kurz in der Voliere neben den Pools ins Gras. Normalerweise haben die Geier früher immer Abstand gehalten, selbst wenn ich außerhalb der Voliere war. Diesmal kamen sie aber plötzlich ganz lieb angelaufen und stellten sich neugierig neben mich an den Pool. Natürlich hatte ich meine Kamera nicht bereit, aber ich sage euch, dass es echt beeindruckend ist, wenn man selber auf dem Boden sitzt und zu diesen Riesengeiern hochschaut! Sie blieben aber ganz friedlich und fingen sogar an von dem frischen Wasser zu trinken. Und das alles nur einen Meter von mir entfernt! So nah konnte ich den Ohrengeiern hier in den Voliere noch nie kommen - außer, wenn wir sie einfangen mussten. Ein wirklich toller Moment!!!
Auch die Wollkopfgeier waren beim Poolschrubben nicht so aufgeregt wie sonst und schauten sich alles aus sicherer Entfernung an.
In der Mittagspause machte ich einen Abstecher ins Geierrestaurant. Vormittags waren viele Dutzend Geier dort gelandet und hatten ausgiebig vom Aas gefuttert, aber leider wurden sie von irgendwas verschreckt. Als wir dann mit den Untersuchungen fertig waren, waren die Geier verschwunden und auch leider nicht mehr zurückgekehrt. Ich konnte nur ein paar der üblichen Verdächtigen sehen, die sowieso auf unseren Volierendächern wohnen.
Links im Bild ein wilder Kapgeier, rechts ein wilder, junger Weißrückengeier.
Aber das Aas hack fiel sehr zaghaft aus.
Dem kleinen Piepmatz hier folgte bald ein Geier aufs Aas.
Dieser wurde allerdings von zwei Krähen drangsaliert, als er gerade richtig schön mit dem Hals im Schwein steckte. Erst bissen sie ihm in die Schwanzfedern und zogen frech daran und irgendwann sprang ihm eine Krähe sogar auf den Rücken. Frechbiester!
Unser kleiner Adler. Fragt mich aber bitte nicht um welche Spezies es sich handelt.
Nachmittagsstimmung in der Weißrückengeier-Brutvoliere.
Ein Webervogel-Nest.
 Und auch die Palmgeier genießen nach der späten Zusatzaasration den Tagesausklang!
Unsere offene Voliere voller Krüppelgeier. Ich bin immer wieder aufs Neue begeistert, wie gut sich die Geier hier eingewöhnt haben, sich mit wilden Geiern vermischen und sogar ein paar Nester gebaut haben. Auch wenn alle Geier hier Teilstücke oder ganze Flügel lassen mussten, sie scheinen alle ihren Lebenswillen behalten zu haben und sich wohlzufühlen!
Abendstimmung in der Kapgeier-Brutvoliere.
Und noch ein letzter Besuch bei meinem Ohrengeier-Paar des Tages!!!
Hier hat sich jemand mächtig den Kropf vollgeschlagen. Mittags am Pool hatten sie noch verzweifelt nach Ameisen gepickt - was ich so auch noch nie beobachten konnte -, aber nachmittags gabs dann endlich saftiges Aas vom Schwein!
Kräftiges Gefieder-Ausschütteln.
Der Andenkondor-Mann hielt derweil zwei Hunde auf Trab...
...und grinste überheblich vor sich hin. Süßer Kerl!
Auch die Wollkopfgeier hatten zum Abend hin den Kropf kugelrund. Da hat sich das ganze Aasgeschnippel doch gelohnt!
Heute habe ich endlich auch unseren Hahn Harry entdeckt mit seinen letzten zwei Hühnern. Irgendwie sieht er total schlank aus, als wäre er auf Diät. In jedem Fall hat er heute früh den Schnabel gehalten, so dass ich halbwegs schlafen konnte!
Zum Tagesausklang gab es die erste Ration Sushi des Urlaubs! Mjammi!!! Ich hatte fast schon vergessen wie gut diese Köstlichkeiten hier schmecken!!!
Auf dem Weg ins Zimmer entdeckte ich dann noch diesen herrlichen, dunkelorangen Vollmond, dessen Farbe auf dem Bild einfach nicht gut getroffen ist. Was für ein toller Tag im Geierparadies VulPro!

Geier-Untersuchungen

Heute war große Geier-Untersuchung und medizinische Versorgung bei VulPro angesagt.
Unser schwächster Kapgeier-Patient wurde heute früh aus seinem Nachtquartier im Haus nach draußen geholt und zur Unterstützung seiner schwachen Beine in unsere Hängekonstruktion gesteckt. Hierfür dient ein altes T-Shirt, durch dessen Kopföffnung auch der Geierkopf rauschaut. Zusätzlich werden für die Beinchen Löcher in das T-Shirt geschnitten und ein weiteres Loch nahe der Kloake, damit er nicht den halben Tag in seinem eigenen Mist sitzen muss. Der Geier wird so hoch gehängt, dass seine Füße knapp den Boden berühren. So ist er gezwungen seine Beine zu nutzen und zu trainieren, ohne jedoch sein volles Körpergewicht tragen zu müssen.
Da der arme Kerl aber seine Beine zur Zeit gar nicht richtig bewegen kann, ist zusätzliche Physio mehrmals täglich von Nöten. Hierzu schieben wir einen Bottich mit Wasser unter seinen Körper und stellen seine Füße hinein. Zwar sind Geier reinliche Tiere und gehen regelmäßig Baden, dennoch beginnen sie recht bald Wasser zu treten. Unser Patient hat aber leider auch auf das Wasser kaum reagiert. Um ihn sieht es wirklich schlecht aus.
Den Vormittag verbrachten wir mit ein großen Geier-Untersuchungsaktion. Zunächst wurde noch ein Geier mit Augentropfen versorgt und zwei weitere Geier durften nach einer letzten Spritze in die offene Voliere zu den anderen Krüppelgeiern umziehen. Ihre amputierten Flügelstümpfe scheinen langsam aber sicher zu verheilen, so dass sie zu ihren Kollege dürfen.
Danach fingen wir ein paar Geier aus der Großvoliere ein, die unter "bumble foot" leiden, einer Art Klumpfuß. Die kugeligen Verformungen unter den Füßen entstehen von zu viel Druck, wenn die Geier auf schlechtem Untergrund stehen oder wenn sich kleine Splitter unter den Füßen entzünden.
Mit vereinten Kräfte und Unmengen medizinischen Equipments richteten wir uns vor der Großvoliere ein und schnappten uns einen nach dem nächsten.
Zuerst wurden Flügelmarkierungen und die Ringnummer an der Kralle notiert und Blutproben aus dem Beinchen entnommen. Außerdem musste jeder Geier ein paar Brustfedern lassen, die genetisch untersucht werden. Der erste Geier war direkt der Patient mit den am schlimmsten betroffenen Krallen. Normalerweise haben Geier elegante, dünne Zehen und einen kleinen Fußballen, aber diese Kralle hier ist vollkommen verformt!
Kralle vom oben...
... und Kralle von unten.
Die Krallenunterseite wurde mit Desinfektionsspray besprüht und kräftig mit einer Zahnbürste aufgeraut, damit das Desinfektionsmittel besser einziehen kann. Außerdem wurden die Verformungen mit einem Messschieber vermessen, damit unsere Studentin aus Simbabwe die Behandlungserfolge der bumble foot über einen längeren Zeitraum analysieren kann.
Anschließend bekam der Geier eine Geh-Hilfe aus Moosgummi. In die Mitte wird ein Loch geschnitten, um den Druck von der schlimmsten Fußverformung zu nehmen. Das Loch wird mit Watte gefüllt und mit weiteren Heilungsmittelchen getränkt.
Anschließend wird das Moosgummi mit einer alt Klettklebeband fixiert.
Damit der Verband hält, wird alles noch mit Klebeband umwickelt.
Bei dieser Pechvogel sind sogar beide Krallen betroffen, so dass wir die gleiche Prozedur zweimal durchspielten.
Nach einigen Minuten war der Geier fertig und hatte beide Füße ordentlich verarztet bekommen. Hoffentlich tun ihm die Krallen jetzt nicht mehr weh und die Entzündung kann langsam abheilen.
So sieht die Vermessung der Krallenprobleme aus. Das ist auch für mich eine Neuheit.
Nach und nach behandelten wir 4 Geier mit bumble foot und von 7 weiteren Geiern nahmen wir Blut- und Federproben.
Außerdem nahmen wir von allen Geiern je zwei Abstriche aus Schnabel und Kloake. Hierzu werden lange Ohrenstäbchen je 10 Sekunden in der Schabelinnenseite und in der Kloake gerieben. Den Geiern gefällt das natürlich gar nicht gut, aber was sein muss, muss sein. Die 4 Proben je Tier werden auf alle möglichen Infektionen und Bakterien untersucht, um mehr über die Geier zu erfahren.
Insgesamt haben die Geier wirklich tapfer durchgehalten und alle Untersuchungen über sich ergehen lassen. Ich hoffe, dass die Ergebnisse uns weiterhelfen die Geier besser zu verstehen und vor möglichen Infektionen zu schützen. In jedem Fall ein paar wahnsinnig spannende Stunden, in denen ich wieder viel gelernt habe. Außerdem hat sich deutlich gezeigt, wie super unser gemischtes Team zusammenarbeiten kann!!! Hatten wir jemals schonmal so eine tolle Konstellation hier? Ich bin mir sicher, dass die nächsten zwei Wochen klasse werden!!!
Nach der großen Geier-Untersuchung bekam der Patientengeier eine weitere Runde Physio und das "Tagesgeschäft" ging weiter. Mehr dazu im nächsten Artikel.