Dienstag, 25. Oktober 2016

Zweiter Tag am Tropf

Nachdem ich nachts durch irgendein Vieh wachgeworden bin, das meinte mir am Hals langkrabbeln zu müssen, und nach einem frühmorgendlichen Hahnenschreianfall, kam ich doch überraschend gut aus den Federn. Auf in den zweiten Tag bei VulPro!
7 Uhr Arbeitsbeginn: Beim Austeilen der morgendlichen Ration Eintagsküken für den Fischadler, die beiden Black Eagle (Felsenadler? Ich vergesse den Deutschen Namen immer wieder) und die Palmgeier konnte ich bewundernd feststellen, dass der Himmel bereits voller Geier war. Also schnell ins Beobachungshäuschen geflitzt und 155 Kapgeier und Weißrückengeier gezählt! Ich kann mich beim besten Willen nicht dran erinnern, dass ich jemals so früh so viele Geier gesehen habe. Leider hatte ich die Kamera nicht dabei und in meiner Frühstückspause waren die meistens bereits wieder verschwunden und hatten sich in den Schatten verdrückt.
Als dann noch ein paar Besucher entlang der Volieren schlenderten, hauten die übrigen Geier leider auch noch ab.
Bei dem letzten Aasrest, einem Schweinekopf, zeigte sich mal wieder warum es so praktisch ist, dass Geier einen langen, nackten Hals haben.
Während die Kollegen fleißig Ausschau halten, wühlt sich ein Geier auf der Suche nach einem letztens Fitzel Schweineaas tief in den Rachen des Schweines, ohne sich das Gefieder total zu versauen.
Bei einem Streifzug an den Volieren vorbei kam eine einzelne, starke Windböe auf. Im Nu war ganz VulPro ein Meer aus flatternden Riesenflügel und sämtliche Geier hüpften und flatterten vergnügt herum. Solche Momente sind einfach unbeschreiblich, wenn man nicht selber gerade mitten im Federhaufen steht.
Nachdem die Palmgeier gestern zu kurz kamen, hier einer in voller Schönheit:
3 Geierarten auf einem Bild vereint. Von links nach rechts: Ohrengeier, Palmgeier, Kapgeier.
In der Brutvoliere treiben sich sieben wunderschöne Geierkinder herum, die dieses Jahr geschlüpft sind und demnächst flügge werden. Dennoch schallt oft das süße, hungrige Gekreische nach Aas über das Gelände, wenn die kleinen Raffschnäbel ihre Eltern um Aas anbetteln. Die Eltern sind natürlich bestens genährt und können ihre Küken fleißig durch hochgewürgten Aasbrei füttern.
Wobei, Küken kann man die Riesenviecher eigentlich nicht mehr nennen. Auf dem nächsten Bild in der Mitte ist gut zu erkennen, dass die "Kleinen" bereits ausgewachsen sind. Sie unterscheiden sich nur noch in der Gefiederfärbung sowie Schnabel- und Augenfarbe von ihren Eltern.
Noch wird der Kleine von seinen Eltern umsorgt, aber bald gehts der Kampf ums Aas auch für ihn los, bis er eines Tages in die Freiheit entlassen wird.
Geier von unten...
Und so sieht ein Geierrestaurant aus, wenn gut 200 Geier mit 2 großen Säuen, 4 stattlichen Schweinen, vier Schubkarrenladungen voll Schweinehälften sowie allerlei Eingeweidekrempel fertig sind. Würden sich zur Zeit auch kumpelhafte Marabus hier herumtreiben, so während auch die letzten Reste von der Futterstelle verschwunden.
Offenbar hats gut gemundet.
Ein Geier mit GPS-Sender, damit jederzeit seine Flugroute verfolgt werden kann. Verständlicherweise gefällt es ihm bei VulPro jedoch am besten!
Unsere Patienten-Geier durften nach einer weiteren Nacht im Haus tagsüber wieder raus in die Hospital-Voliere. Der Vergiftete in seine Schlinge, um seine kraftlosen Beine zu entlasten und das "Baby" durfte frei herumlaufen, um dem armen Geier Gesellschaft zu leisten und ihn aufzumuntern. Diesen Job erfüllte der Kleine super. Immer wieder lief er zu dem Kranken und kuschelte sich an ihn, ohne jedoch dabei den Tropf zu ruinieren, den der Kranke gegen seine Dehydrierung nachmittags wieder bekam. Diesmal hat es aber Geklappt den Tropf an der Bein-Vene anzulegen.
Ein herzzerreißender Anblick, wie der Geier in seiner Schlinge am Tropf hängt. Die Physio scheint etwas Wirkung zu zeigen und sein Kot sieht gesünder aus, aber er ist noch lange nicht über den Berg. Die nächsten zwei Wochen sind entscheidend. Kann er nach zwei Wochen noch immer nicht laufen, so wird er wohl erlöst werden. Aber daran will ich gar nicht erst denken. Ich hoffe er kämpft genauso sehr für sich selber, wie wir um ihn kämpfen!
Ich kann es kaum glauben, dass ich wirklich anfange den Möchtegern-Rocky-Hahn zu mögen! Er sieht prachtvoll aus, kann melodisch (zu unverschämten Uhrzeiten) krähen und passt toll auf seine Küken auf. Außerdem merkt man sofort, dass er nicht von Hand aufgezogen wurde, denn er wahrt deutlich mehr Abstand als Rocky.
Harry mit einer seiner Hennen und einem Rudel seiner Küken.
Aber ein Hahn wäre kein Hahn, wenn er nicht mehrere Hühner angelacht hätte. Dieses hier ist ihm auch verfallen. Da ein Küken nicht von ihrer Seite weicht, nehme ich stark an es ist ihres mit Harry.
Wie schöns ein Gefieder in der Sonne glänzt. Scheint ziemlich viel Wert auf Körperpflege zu legen, der Gute.
Fast alle seine Küken sind dunkel, aber dieses hier hat ein ganz besonderes Gefieder. Sehr süß!
Diesmal habe ich übrigens ein Zimmer für mich alleine. Nebenan wohnt Jonny, ein netter junger Mann aus England, der bereits seit eineinhalb Monaten hier ist und noch bis Anfang Dezember bleibt. Ansonsten ist Maggie wieder hier, die ich bereits 2015 kennengelernt hatte, die aber bei meinem letzten Besuch über Ostern leider zurück in ihre Heimat (USA) musste, um ihr Visum zu verlängern. Außerdem sind natürlich alle netten Angestellten noch hier, die ich bereits seit Jahren kenne sowie ein neuer Helfer. Insgesamt ein wirklich tolles Team!

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