Dienstag, 11. August 2015

Ruckedigu...

...Blut ist im Schuh!
Heute habe ich die längste Wanderung meines Lebens überlebt! Das Smartphone im Rucksack zählte 30.000 Schritte, 22,5 km. Wer weiß, wieviel noch obendrauf käme, hätte ich das Telefon in der Hosentasche gehabt... 3 Stunden je Richtung, erster Anflug von "ich will zurück zum Auto" nach 20 Minuten, tausend gestorbene Tode, da völlig untrainiert. Und das Wissen, dass Vladi und Emo von LifeNeophron die Strecke in 2 Stunden je Richtung geschafft hätten. Warum müssen die Krummschnabelviecher überhaupt so weit abseits der Straße brüten? Stundenlanges Selbstmitleid ging mir durch den Kopf, während ich alle paar Minuten eine Verschnaufpause brauchte.
Zu Beginn war die Strecke noch unscheinbar...
...doch schon bald ging es eine Schotterpiste steil bergauf in der prallen Sonne. Ächtz!
Die beiden sagten mir zwar, dass der Anfang das schwerste Stück der Strecke sei, aber selbst wenn der Rest nur halb so anstrengend wäre, würde ich das keine zwei Stunden aushalten.
Mit Mühe und Not und 2 Liter Wasser im Rucksack schleppte ich mich also irgendwie den Hügel hoch, während mir gefühlte 10 km immer wieder gesagt wurde, dass ich es fast geschafft hätte. Nach Erreichen des Gipfels ging es eine Weile flach geradeaus, bis wir dann wieder bergab stiegen. Statt mich zu freuen, kam direkt die blanke Panik, dass wir dort ja später wieder hoch müssen. Egal, jetzt gab es eh kein Zurück mehr. Also weiter gelatscht, an kleinen Quellen vorbei und durch einen Wald, wo uns der Abstieg durch viele umgestürzte Bäume erschwert wurde, die beim letzten Unwetter umgekippt waren. Immer weiter bergab im Schatten der Bäume, aber immer mehr Horror vor dem Heimweg. Irgendwann kamen wir aus dem Wald heraus und der Anblick des Stausees vor uns war genial!!!
Von jetzt an ging es halb im Freien, halb im Wald entlang, aber die meiste Zeit mit Blick auf die schönen Windungen des Stausees. Es kreiste sogar ein Gänsegeier über uns hinweg, aber leider hatte ich die Kamera nicht griffbereit. Ich habe leider sowieso nicht viele Bilder gemacht, weil ich die anderen nicht noch mehr aufhalten wollte und beide Hände brauchte für den Fall, dass ich auf dem unebenen Boden auf die Nase fliege oder mit Schwächeanfall halbtot im Gestrüpp lande.
Zielkurve...
Bei der Aussicht kann ich verstehen, warum die Gänsegeier und das Schmutzgeierpaar nicht näher an der Straße brüten wollen. Hier haben sie ihre Ruhe und einen traumhaften Ausblick!
Insgesamt 17 Gänsegeier-Brutpaare gibt es hier und 1 Schmutzgeierpaar. Vladi und Emo wanderten später noch ein Stück weiter bergab, um besser ins Nest sehen zu können. Dabei entdeckten sie ein fettes Küken.
Hier lässt es sich aushalten und von der anstrengenden Wanderung erholen!!!
Leider ging mir die meiste Zeit die Sorge nicht aus dem Kopf, wie ich es jemals zurückschaffen soll... Aber erstmal den Moment genießen! In einer Bucht des Stausees konnten wir hunderte, wenn nicht sogar tausende Kormoran am Ufer und im Wasser beobachten.
Geierbilder gelangen mir leider keine, weil sie zu weit weg waren. Aber es war schon herrlich genug ihre tolle Wohngegend kennenzulernen.
 Während Vladi und Emo also weiter bergab liefen, um ein paar letzte Beobachtungen zu machen (die beiden haben übrigens zusätzlich zum Wasservorrat noch ein schweres Stativ und ein Teleskop mitgeschleppt), machte ich mich langsam auf den Anstieg. Der Trampelpfad war relativ idiotensicher zu finden, so dass ich keine Sorge hatte mich zu verlaufen. Ich dachte ja sowieso, dass die beiden mich nach wenigen Minuten eingeholt haben und sich insgeheim amüsieren, wie langsam ich vorangekrochen bin. Aber im eigenen Tempo ging der Aufstieg überraschend human voran.
Kaum zu glauben, aber selbst hier tauchten zwei Schwarzstörche auf.
Nach einer Stunde bergauf ohne größere Pausen kam ich zu einer Stelle, wo wir auf dem Hinweg etwas vom Weg abgekommen waren. Ich wollte also gerade den beiden eine Nachricht schicken, als das Telefon klingelte und sie wissen wollten, wo ich stecke. Hehe, ich glaube sie hätten nicht damit gerechnet, dass ich es so weit geschafft hatte. Jedenfalls ruhte ich mich eine Viertelstunde aus, bis die beiden aufgeholt hatten und wir gemeinsam den richtigen Weg einschlagen konnten.
Es ging dann nach einem kurzen Gnadenstück nochmal bergauf, aber danach war der höchste Punkt erreicht. Eigentlich sollte es eine Erleichterung sein, bis ich schnell feststellte, wie schwierig es ist mit übersäuerten, toten Beinen eine steile, kilometerlange Schotterpiste runter zu klettern, ohne umzuknicken oder auszurutschen. Ich brauchte bei dem Abstieg letztendlich genauso viele Pausen wir beim Aufstieg, was sehr an meinem Ego gekratzt hatte. Dazu kam aber, dass die 2 Liter Wasser schon lange aufgebraucht waren und die Kehle ausgedörrt war. Die letzten zwei Kilometer, selbst als der Abstieg hinter und lag, war jeder Schritt mühsamer als der vorherige, als würde eine Klebermasse unter den Schuhen stecken und man die Füße nur mit großer Anstrengung vom Boden heben konnte. Selbst als das Auto fast schon in Sichtweite war und die Aussicht auf die kalte, erfrischenden Quelle neben dem Auto, kam ich nur noch schleppend voran. Die anderen waren aber sehr geduldig und warteten immer wieder. Nachdem wir die Quelle erreicht hatten, hätte ich vor Freude heulen können. Also schnell 1 Liter Wasser auf Ex und die Lebensgeister kamen minimal zurück. Es dauerte aber noch bis abends, bis die Erschöpfung einem unbändigen Stolz wich! :-)
Bevor es zurück ins Center ging, checkten wir noch einmal das Schmutzgeiernest ab, das wir bereits auf dem Weg vom Einsammeln des verletztens Habichts beobachtet hatten. Das Nest war leer und kein Küken in Sicht. Dafür krabbelte uns eine Krabbe halb über die Füße. Ein Zeichen, dass die nahegelegene Quelle eine gute Qualität hat.
Ein Stückchen vom Nest entfernt sahen wir beide Geiereltern auf einem Ruheplatz sitzen. Vom Küken keine Spur. Jetzt sind wir natürlich etwas beunruhigt, ob mit dem Küken alles in Ordnung ist. Vielleicht ist es ja schon flügge und munter unterwegs, aber vielleicht ist auch was passiert!? Hoffentlich geht es ihm gut!
Gut getarnt in der Felswand. Bei der Gelegenheit wurde mir nochmal der Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Schmutzgeiern erklärt: Weibchen haben ein gelbes Gesicht mit einer Art Maske und einen braunen Fleck auf den Federn. Die Männchen hingegen haben ein oranges Gesicht.
Als ich um 21 Uhr endlich im Appartment ankam, habe ich dankend aufs Abendessen verzichtet und bin nur noch ins Bett gefallen. Was für ein Tag!!! Ich bin total stolz, dass ich es geschafft habe und einen Eindruck gewinnen konnte, was Feldforscher auf sich nehmen müssen, um zu bestimmten Jahreszeiten alle Nester zu beobachten und ggf. zur Beringung in die Nester zu klettern!!!

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