Sonntag, 1. Januar 2012

Geier-Manifest

"No one's going to try to save a species if they don't love them," said Kerri Wolter.

Als ich diesen Satz vor kurzem in einem Geier-Artikel gelesen hatte, hat er mich sehr berührt. Seit dem muss ich immer wieder darüber nachdenken und kann nur feststellen, dass dieser Satz eigentlich von mir hätte kommen können! ;o)

Menschen schützen ihre Familien, ihr Hab und Gut, ihre Haustiere. Warum? Weil sie sich all dies gemeinsam aufgebaut haben und weil sie nur das um sich haben wollen, was sie auch wirklich lieben.

Oft wird allerdings auch weniger „Persönliches“ geschützt, nämlich Menschen, Tiere und Dinge, die nicht zu unserem Alltag gehören. Aber wir schützen es, weil wir auch über unseren eigenen Besitz hinaus lieben, einfach, weil uns manche Dinge wichtig und schützenswert erscheinen. Wir spenden bei Hungersnöten, Naturkatastrophen, für den Naturschutz, für all die Dinge, an die wir glauben. Auf die Natur bezogen hat sicherlich bereits ein Großteil mindestens einmal in seinem Leben gespendet: Für den Erhalt und Ausbau von Naturschutzgebieten, für den Ausbau von Zoos, für bestimmte Projekte und Organisationen, die sich mit dem Naturschutz befassen. Und sehr oft gehen uns Menschen vor allem die Geschichten ans Herz, in denen kleine Tierbabys gequält oder sogar getötet werden: Robben, Delfine oder typische Haustiere wie Hunde und Katzen. Diese Tiere finden wir niedlich, weil wir sie aus unserer Umgebung kennen, aus Stofftierabteilungen, aus Zeichentrickfilmen oder weil wir sie durch den Schulunterricht besser kennen gelernt haben, als andere Tierarten.

Es ist also etwas Wahres dran: „Niemand würde eine Spezies schützen, wenn er sie nicht liebt!“

Was interessiert es uns, wenn irgendwo auf der Welt, in einem Land, dessen Namen wir nichtmal aussprechen können, die Tausendfüßerart Nummer 347 kurz vorm Aussterben steht, noch nie gehörte Fischarten in Treibnetzen verenden oder irgendwelche Käfer durch neue Straßen in ihrem natürlichen Lebensraum gestört werden. Diese Tiere sagen uns nichts, sie bedeuten uns nichts und offenbar wird es auch niemandem schaden, wenn es die eine oder andere Spezies weniger gäbe. Aber ich bin mir sicher, dass praktisch jede Tierart irgendwo auf der Welt ihre Bewunderer hat, die sich für sie interessieren und einsetzen. Und das ist auch gut so!

Zugegeben, die Tierart, die es mir besonders angetan hat, ist jetzt nicht ganz so unbekannt, wie Tausendfüßerart Nummer 347, aber auch diese Tierart wird von vielen Menschen unterschätzt, verachtet oder schlichtweg NICHT beachtet.

Die Rede ist von: Geiern!

Wenn Menschen das Wort Geier hören, denken sie oft: „Bah, fies, Aasgeier!“ Sie fressen nur vergammeltes Fleisch, haben einen nackten, hässlichen Kopf und sind absolut nicht schützenswert. Nichts im Vergleich zu niedlichen, kleinen Babydelfinen, flauschigen, weißen Robbenbabys oder putzigen 101 Dalmatinern. Sollten wir so eine unnütze Spezies wirklich schützen? JA!

Ich habe meine Liebe zu diesen wunderschönen, sympathischen, faszinierenden Geschöpfen schon vor vielen Jahren entdeckt! Sie sind mir einfach eines Tages, als kleines Kind, aufgefallen. Wann genau kann ich gar nicht mehr sagen. Im Duisburger Zoo, in einem unter vielen Gehegen, zwischen all den „Alle-Welt-Lieblingstieren“ wie Elefanten und Giraffen. Gänsegeier, mit ihrer hübschen, weißen Halskrause und den prächtigen Riesenflügeln.

Und daraufhin fielen sie mir auch überall anders auf: In Walt-Disney-Filmen wie „Das Dschungelbuch“ oder „Robin Hood“, wo sie eher kleine Nebenrollen hatten, in anderen Zoos, in Büchern und Zeitschriften, auf Uli-Stein-Postkarten, in Tier-Dokus über Afrika und manchmal sogar in Stofftierabteilungen. Aber ich glaube auch, dass mir diese Geier nur deshalb auffallen, weil sie mir besonders ans Herz gewachsen und sehr wichtig sind.

Und ich kann es völlig verstehen, wenn die meisten Menschen weder genug über Geier wissen, um sie zu schätzen, noch regelmäßig auf Geier aufmerksam werden. Ich merke das immer wieder bei meinen Freunden und Bekannten: Schauen sie sich eine Tierdoku oder einen Reisebericht an, so sprechen sie selten „einfach nur so“ mit mir darüber. Taucht darin aber, wenn auch nur für einen kurzen Moment, ein Geier auf, so berichten sie mir am nächsten Tag direkt davon. Ich würde aber jede Wette eingehen, dass ihnen die Geier nicht nachhaltig aufgefallen wären, wenn sie nicht meine Leidenschaft für Geier kennen würden. Dann wäre es nur eine Spezies von vielen und es würde vielleicht höchstens das Giraffenpärchen im Sonnenuntergang in Erinnerung bleiben oder die riesigen Gnuherden mit Tausenden von Tieren.

Ich erwarte nicht, dass plötzlich jeder in meiner Umgebung Geier als schön, faszinierend oder süß empfindet. Auch ich werde zum Beispiel Spinnen nie als schön empfinden, egal wie sehr mir jemand von ihnen vorschwärmt oder wie kunstvoll ihre Netze auch sein mögen. Aber ich kann gerne akzeptieren, wenn sie für irgendwen etwas ganze Besonderes sind.

Ich habe mir mit meinem Blog, meiner Arbeit in Geier-Schutzprojekten und meinem beinahe pausenlosen Gerede über Geier ganz klar zum Ziel gesetzt, dass ich die Menschen einfach nur auf diese herrlichen Geschöpfe aufmerksam machen und zum Nachdenken anregen möchte.

Geier sind wahnsinnig nützlich für die Menschen, indem sie durch das Fressen von Tierkadavern das Ausbreiten von Seuchen verhindern. In Indien mussten Millionen von Menschen den Verlust ihrer weltweit größten Geier-Kolonie bitter bezahlen, da sich plötzlich die Kadaver der „heiligen Kühe“ in den Straßen türmten. Durch den Einsatz des Schmerzmittels „Diclofenac“ bei Nutzvieh starben in den 90er-Jahren MILLIONEN von Geier in Asien qualvoll an Nierenversagen, da sie durch das Schmerzmittel kontaminierte Nutzviehkadaver verzehrten. Am Ende waren bis zu 99 % aller Geier ausgerottet und verschiedene Geierarten somit auch weltweit vom Aussterben bedroht :o( Tierkadaver konnten von den verschwundenen Geiern nicht mehr entsorgt werden, Krankheitserreger konnten sich ungehindert ausbreiten. Eine weitere Gefahr droht den Menschen durch die wachsende Anzahl von wilden (teils tollwütigen) Hunden, die nun keine Fress-Konkurrenz durch die Geier mehr hatten und sich durch den Überfluss an Nahrung ungehindert ausbreiten konnten.

Aber woher sollen die Menschen, die nicht gerade in den betroffenen Gegenden wohnen, das wissen? Woher sollen sie Zusammenhänge zwischen Schmerzmitteln, Geiern, Krankheiten und wilden Hunden erkennen, wenn es ihnen nicht beigebracht und erklärt wird? Zum allgemeinen Schulunterricht oder Studium gehören solche Themen wohl eher nicht – und was der Mensch nicht kennt, wird er auch nur selten mühselig selber erarbeiten.

Und hier setze ich mit meinem Blog an: Ich möchte möglichst viele Informationen über die unterschiedlichen Geierarten, leicht verständlich erklärt, zusammentragen und somit zur Aufklärung über den Nutzen (und die Schönheit) der Geier beitragen.

Vielleicht schaltet der eine oder andere Leser demnächst den Fernseher etwas lauter, wenn ein Geier zufällig über den Bildschirm flattert. Vielleicht wenden sie sich mit Fragen oder Anregungen an mich, um über verschiedene Eigenschaften von Geiern zu diskutieren. Und vielleicht kommt es sogar vor, dass meine Faszination von Geiern auf den einen oder anderen Leser überspringt…

…genau dann habe ich mein Ziel erreicht!!!

…denn wir schützen nur, was wir auch lieben!!!

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