Die Lernkurve unserer beiden Bartgeierdamen steigt nach
wie vor steil an
von David Schuhwerk, 12.08.2021
Die Lernkurve unserer beiden Bartgeierdamen steigt nach wie
vor steil an - die Flüge werden eleganter und die Entfernungen größer. Außerdem
haben sie eine neue Fähigkeit erlernt und wir einen neuen Futterplatz
etabliert.
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Bavaria und Wally Flug © Richard Straub © Richard Straub |
Man merkt bei Wally und Bavaria die fortschreitende Übung
der Flugkunst ganz deutlich. Sie benötigen viel weniger Flügelschläge und
können die Aufwinde und Thermikschläuche schon viel effizienter nutzen um
mühelos die gewaltigen Höhenunterschiede vom Bereich der Halsgrube bis in die
Bereiche der umgebenden Gipfel zu überwinden. Auch die Zeit, die sie am Stück
in der Luft verbringen, steigt deutlich an. 45 Minuten und mehr sind keine
Seltenheit. Meistens fliegen die beiden - wie gewohnt - sehr eng zusammen, aber
Bavaria unternahm kürzlich auf eigene Faust einen längeren Ausflug, der sie
sogar schon über die nahe gelegene, direkt über den Gebirgsstock der Reiteralm
verlaufende Grenze nach Österreich brachte.
Das Gelände um die Hochkare und Felsplateaus zwischen
Knittelhorn und Reiter Steinberg, in denen sich die beiden derzeit gerne
bewegen, ist ideal: Die Vegetationsformen bestehen in den höheren Lagen
überwiegend aus alpinen Grasmatten, d.h. die weiten Flächen sind sehr gut zu
überblicken und Abseits der Wege sind die beiden relativ sicher vor
menschlichen Störungen. Dort können sie ausgedehnte Suchflüge in niedriger Höhe
üben, um eventuell auch natürlich vorkommende Kadaver oder Knochen zu
entdecken. Dies ist auch gar nicht so unwahrscheinlich, beherbergt die
Reiteralm doch eine starke Gamspopulation; sogenannte "Kindergärten"
(bestehend aus Geißen, Kitzen und Jahrlingen) mit 30 oder mehr Individuen sind
desöfteren gut zu beobachten. Da in der ausgedehnten Kernzone des Nationalparks
keine Jagd mehr stattfindet, dürfen verunfallte oder an Altersschwäche
verstorbene Tiere im Gelände verbleiben.
Auffällig ist allerdings, dass sich die Ausflüge der beiden
Bartgeier aber noch auf eine relativ eingeschränkte horizontale Distanz
beschränken.
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Wally beim perfekten Segelflug © Markus Leitner |
Ein neuer Futterplatz
Um die beiden dazu zu animieren, sich auch abseits ihres
gewohnten Futterplatzes selbstständig nach Futter Ausschau zu halten, haben wir
gestern Futterplatz Nr. 3 eröffnet. Die Luftlinie zur Nische beträgt nur wenige
hundert Meter, allerdings liegt sie ein ganzes Stück höher. Dieser sehr
unzugängliche und schwierig zu erreichende Platz ist hervorragend geeignet,
auch weil sie beim Aufsteigen bzw. beim Flug zurück hinunter in die Grube mehr
oder weniger nah daran vorbeikommen müssen.
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Die Fotofalle am neu eröffneten Futterplatz © David
Schuhwerk LBV |
Wir haben nun einmal ausreichend Futter dort deponiert und
eine Fotofalle installiert, um etwaige Besucher dokumentieren zu können.
Bereits heute Morgen hatte eine Schar Alpendohlen den reichlich gedeckten Tisch
entdeckt. Möglicherweise führen solche auffälligen Besuche die beiden jungen
Bartgeier schneller an die ausgelegten Vorräte. Für die weitere Entwicklung ist
es wichtig, dass die beiden lernen, dass es auch an anderen geeigneten Stellen
Nahrung gibt. Wir werden allerdings auch nachdem sie das Gebiet verlassen
haben, zur Sicherheit weiterhin Nahrung auslegen.
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Alpendohlen haben den neuen Futterplatz schnell entdeckt ©
Jochen Grab NPV |
In den letzten Tagen hatten wir auch die vom Beginn des
ersten Ausflugs an, eingerichtete Futterrinne ausreichend bestückt. Dort haben
sie sich in den letzten Tagen ebenfalls häufig aufgehalten und sehr große
Mengen an Nahrung zu sich genommen. Das verdeckte Auslegen der Nahrung ist
durch die Mobilität der beiden immer schwieriger geworden; immer öfter nehmen
wir dafür Umwege durch steile, aber verdeckte Rinnen und Flanken auf uns.
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Derzeit sind sie noch auf den ersten Futterplatz angewiesen
© Jochen Grab NPV |
Erste Flugtransporte
Eine ganz neue Beobachtung konnten wir in den letzten Tagen
machen: Wally hat mindestens zweimal je einen Gamslauf von der Futterrinne
gepackt und ist damit etwa hundert Meter hinauf zu einem Platz in der Wand des
Knittelhorns geflogen. Dort hat sie anschließend den Lauf bearbeitet und daran
herumgeknabbert.
Die Fähigkeit Knochen mit den großen und zum Greifen
optimierten Zehen zu packen und in der Luft zu transportieren ist ein wichtiger
erster Schritt zur Fähigkeit, große Knochen in die Luft zu tragen und dann an
geeigneten Stellen ( sog. "Knochenschmieden") auf vorhandene Felsen
zu schmettern, um diese in mundgerechtere Happen zu zerkleinern.
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Die phantastische und hervorragend geeignete Umgebung der
Halsgrube und der Reiteralm © David Schuhwerk LBV |
Nach wie vor eng verbunden
Die ungewöhnlich enge Beziehung der beiden hatten wir ja
schon einmal erörtert. Dieses Verhalten zieht sich nach wie vor, von seltenen
Ausnahmen abgesehen, durch ihren Tagesablauf. Egal ob es sich um Ausflüge,
Nahrungsaufnahme oder Ruhephasen handelt: Meistens sind sie beide eng
beieinander. Besonders eindrucksvoll sind hierbei selbstverständlich die
teilweise parallel ausgeführten Flugmanöver, ab und an kommt ein kleines,
spielerisch ausgeführtes Luftkampfmanöver dazu.
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Auch am Futterplatz herrscht meist traute Zweisamkeit ©
David Schuhwerk LBV |
Mit freundlicher Genehmigung des LBV. Weitere spannende
Infos findet ihr im Bartgeier-Blog
des LBV!