Freitag, 2. September 2016

IVAD-Countdown: Bedrohungen

Nachdem ich euch in den letzten Tagen die Faszination Geier etwas näher gebracht habe, möchte ich heute auf die traurigen Bedrohungen dieser wunderschönen Tierart aufmerksam machen. Die Liste ist leider nicht kurz:
Zerstörung des Lebensraumes
Mit Vorrücken des Menschen in bisher unberührte Natur werden immer mehr Tierarten empfindlich gestört und in ihrer bisherigen Lebensweise bedroht. Darunter auch die Geier. Zwar leben viele zurückgezogen in hohen Felswänden und Klippen, aber Wanderer, Touristenboote & Co rücken ihnen immer weiter auf die Pelle. Nicht selten werden dabei Jungtiere praktisch „zu Tode“ erschreckt oder es werden gar kostbare Gelege für Sammler und den Schwarzmarkt gestohlen.
 
Nahrungsmangel
In großen Teilen Europas gibt es immer weniger Farmer, die ihr Nutzvieh frei herumlaufen lassen. Dadurch sterben weniger Tiere auf natürliche Weise. Außerdem ist es seit Ausbruch von Seuchen wie BSE und Geflügelgrippe verboten tote Nutztiere für die Geier auf den Wiesen liegen zu lassen. Auch in Afrika verdrängt der Mensch die wilden Tierherden durch seiner rasante Ausbreitung und Erschließung neuer Nutzflächen. Es fällt also immer weniger Futter an.
Gift / Elfenbeinjäger
In vielen Ländern werden Giftköder gegen wilde Hunde, Wildschweine, Raubtiere & Co ausgelegt. Geier, die wie erwähnt häufig unter Nahrungsmangel leiden, freuen sich über jedes Aas, das sie finden. Zwar können ihre starken Magensäuren sogar Knochen und Anthrax-Erreger zersetzen, aber mit menschlichen Giften kommen sie nicht klar und sterben. Seit einigen Jahren verbreitet sich zudem der abartige Trend, dass Elfenbeinjäger die Kadaver gewilderter Elefanten und Nashörner mit Gift einpinseln, um gezielt alle Geier auszurotten. Geier machen nämlich durch ihren kreisenden Flug Parkranger und Wildhüter auf tote Kadaver aufmerksam und könnten somit Wilderer verraten. Nicht selten werden dutzende oder gar hunderte tote Geier um einen vergifteten Kadaver herum gefunden.
Diclofenac
In Asien sind in den 90er-Jahren mehrere 10 Millionen Geier gestorben. Damit wurde die weltweilt größte Geierpopulation zu 99,9 % ausgerottet. Schuld daran war das Schmerzmittel Diclofenac, mit dem in Asien die „Heiligen Kühe“ behandelt wurden. Haben Geier eine solche tote Kuh gefressen, so starben sie innerhalb von 24 Stunden an Leber- und Nierenversagen. Die nahezu vollständige Ausrottung der Geier in Asien ist nicht nur ein großer Verlust für alle Geierliebhaber sondern auch eine riesen Gefahr für die Bevölkerung. Die Kadaver der Heiligen Kühe werden nicht mehr von Geiern entsorgt und verrotten in den Straßen. Die Bühne ist also frei für wilde Hunde, die nicht selten mit dem Tollwuterreger infiziert sind und damit die Bevölkerung gefährden. Allein in Indien sterben nun jedes Jahr etwa 50.000 Menschen an Tollwut. Diclofenac ist seit 2005 in Asien verboten, wird aber dennoch häufig genutzt. Trotz besseren Wissens wird es zudem in Afrika benutzt und wurde 2014 sogar in Europa für die Tiermedizin zugelassen!

 
Stromleitungen
Die größte Bedrohung der afrikanischen Geier sind Stromleitungen. Geier rasten mit Vorliebe auf den höchsten Punkten der Umgebung. Das sind sehr häufig Strommasten. Obwohl es mittlerweile viele Geier-freundliche Konstruktionsarten gibt, wird eine kostengünstigere Variante leider bevorzugt. Immer wieder kommt es zu Stromschlägen, die für den Geier tödlich enden. Außerdem können Geier die dünnen Stromleitungen im Flug nicht erkennen, wenn diese nicht durch Bälle oder ähnliche Konstruktionen markiert sind. Nach einer Kollision brechen sich die meisten Geier ihre Flügel und verenden elendig.
Windparks
Mit zunehmendem Bau von Windparks, leider nicht selten in den Flugrouten von Zugvögeln, steigt auch die Anzahl tödlicher Kollisionen von Geiern.
Abschuss / Blei

In Amerika haben das Jagen mit bleihaltiger Munition und der gezielte Abschuss von Geiern 1987 beinahe den gesamten Bestand der Kalifornischen Kondore ausgerottet. Nur 27 Exemplare überlebten und wurden in einer einmaligen Aktion eingefangen, in Zoos verpaart und die Nachzuchten ausgewildert. Mittlerweile kreisen wieder einige wenige Hundert am Himmel, aber dennoch wird der Mensch nicht klüger. Auch andernorts werden Geier abgeschossen oder verenden, wenn sie Aas fressen, das bleihaltige Munitionsrückstände enthält.
Aberglaube
Eine weitere perverse Gefahr ist das gezielte Töten von Geiern, da das Tragen von Geier-Körperteilen oder das Rauchen von Geierhirn angeblich hellseherische Fähigkeiten verleiht. So wurden während der Fußball-WM 2010 in Südafrika zahllose Geier getötet, um die Ergebnisse der Fußballspiele voraussagen zu können.
Wenn sich nicht drastisch etwas ändert, dann werden in den nächsten Jahren die ersten Geierarten verschwunden sein. Wollen wir uns wirklich eine Welt ohne Geier vorstellen?

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