Rückblick auf die Arbeit von VulPro im Februar.
Der Monat begann mit der Untersuchung eines verletzten Kapgeiers aus Blouberg. Dem armen Geier geht es leider gar nicht gut. Er kann nicht allein stehen und muss daher in einer Art Schaukel stabilisiert werden. Auf diese Weise können seine Beine entlastet werden, aber er lernt dabei dennoch seine Balance wiederzufinden. Seine Aussichten stehen leider relativ schlecht. Wenn er es schafft, steht ihm eine monatelange Reha bevor.
Die Art der „Schaukeln“ hat sich bei VulPro über die Jahre weiterentwickelt. Die aktuelle Variante mit der Tiertragetasche scheint mir wirklich gelungen und vor allem leicht praktikabel. Früher hatten wir die Geier unter anderem in ein T-Shirt gesteckt und verknotet, was bei jeder Reinigung und Behandlung ein großer Aufwand war.
Auf der Facebookseite von VulPro werden auch immer wieder kurze Wissenshäppchen vermittelt. Diesmal ein kleiner Exkurs über die Augenfarbe von Kapgeier. Jungtiere haben nämlich dunkelbraune Augen, die erst im Alter von 7 Jahren beige-gelb werden, wenn die Geier geschlechtsreif sind.
Am 05.02. rückte ein Rescueteam von VulPro auf einen 14-Stunden-Einsatz aus, um einen verletzten Sekretär einzusammeln. Das arme Tier hatte sich auf einer Farm in einem Stacheldraht verheddert und konnte sich nicht mehr befreien. Zum Glück wurde es vom Landbesitzer entdeckt und aus der tödlichen Lage befreit. Eine Kralle ist schwer verletzt und die Blutzufuhr eines Beines war stark beeinträchtigt. Der Sekretär wird nun täglich mit einer Lasermaschine behandelt und kann dem verletzten Kapgeier in seiner Schaukel Gesellschaft leisten. Gerade bei verletzten Tieren ist Gesellschaft sehr wichtig, damit sie ihren Lebensinstinkt behalten und nicht depressiv werden.
Im vergangenen Jahr konnte VulPros Palmgeier-Pärchen zum ersten Mal ein Jungtier großziehen. Das Jungtier entwickelt sich prächtig und sollte eigentlich in KwaZulu-Natal (KZN) ausgewildert werden. Allerdings stellten sich die dortigen Behörden quer, was eine große Protestkampagne mit sich zog. Mittlerweile hat sich KZN FreeMe eingeschaltet, eine weitere Auffangstation, die das Auswilderungsvorhaben sehr unterstützt. Drücken wir die Daumen, dass die Behörde doch noch von dem Nutzen der Auswilderung überzeugt werden kann!
Dank der großzügigen Spende des Max Planck Instituts konnten alle Jungtiere aus 2021 und einige genesene Jungtiere aus freier Wildbahn mit GPS-Sendern ausgestattet werden. Die Jungtiere sollen in Kürze im Eastern Cape ausgewildert werden, um die dortige Population zu unterstützen. Eine genaue GPS-Analyse ihrer Bewegungen ist daher sehr wichtig, vor allem, um bei Notfällen schneller eingreifen zu können. Früher wurde den Geiern der GPS-Sender wie ein Rucksack umgeschnallt. Bis dieses richtig saß und den Geier möglichst wenig behindert, konnte die Anpassung bis zu 20 min dauern – ziemlicher Stress für den Vogel. Um den Stress zu reduzieren, werden GPS-Sender nun per Beckengurt befestigt, was nicht länger als 5 min pro Vogel dauert.
Kleine Statistik am Rande, um zu zeigen, welchen schrecklichen Einfluss Stromleitungen auf die Geierpopulation in Südafrika haben:
- Seit 1961 starben über 2.500 Geier in Südafrika an Gift, im Schnitt 41 pro Jahr.
- Allein seit 1996 starben jedoch bereits über 1.500 Geier durch Stromleitungen und Strommasten von Eskom, im Schnitt 58 pro Jahr.
Und das sind nur die Fälle, die dokumentiert wurden.
Was mir im Umfeld von VulPro richtig gut gefällt: Mittlerweile sind richtig viele Firmen, Organisationen und Privatpersonen vom Geierschutz überzeugt und unterstützen auf ihre Weise das tolle Projekt. Zum Beispiel die Cape Vulture Lodge nahe der Manutsa Kapgeier-Kolonie. Diese Lodge veranstaltete am 13.02. einen Tag der offenen Tür, bei dem Menschen mehr über Kapgeier erfahren und diese von einem Beobachtungspunkt aus bewundern konnten.
Nach dem Regen genießen die Volierenbewohner von VulPro sichtlich das Sonnenbad.
Der Valentinstag bei VulPro stand ganz im Zeichen der Liebe zu Geiern! Dies kann ich nur von ganzem Herzen unterstreichen!!! Liebe Geier, ohne euren unermüdlichen Einsatz wäre diese Welt ein ziemlich dreckiger und stinkender Ort. Außerdem bringt ihr viel Grazie und Schönheit in diese Welt! Schön, dass es euch gibt!!! ❤
Aufgrund der vielfach angesprochenen Stromleitungsproblematik gibt es viel zu viele Geieropfer. Kollidieren Geier im Flug mit Stromleitungen, brechen sie sich dabei oder beim Absturz häufig die Flügel. Diese Verletzungen sind irreparabel und der Geier kann nur überleben, wenn die Flügel teilweise oder komplett amputiert werden. Nach einer solchen Operation können die Geier natürlich nicht mehr ausgewildert werden, sondern bleiben im Zuchtprogramm von VulPro. Seit einigen Jahren gibt es für solche Invalidengeier dort die „offene Voliere“. Weil die Geier nicht wegfliegen können, hat diese Voliere kein Dach. Dies hat den Vorteil, dass wilde Geier in der Voliere landen und mit den Invaliden interagieren können. Besonders spannend wird dies bei den Fütterungen. Die Invaliden müssen lernen, sich beim Fressen gegen die wilden Geier durchzusetzen, die ihnen das Futter streitig machen wollen. Somit wird immer wieder der Lebensgeist geweckt und sie können sich nicht ausruhen oder in Depressionen versinken. Den Geiern scheint es sehr gut zu gefallen. Auch wenn sie häufig vergnügt wirken, der Anblick ihrer ruinierten Flügel bricht mir jedes Mal das Herz!
Etwas wehmütig habe ich festgestellt, dass das VulPro-Webinar leider komplett an mir vorbeigegangen ist. Sonst hätte ich es mir in jedem Fall angehört! Ich finde es nämlich richtig klasse, dass mittlerweile mehr und mehr Geierprojekte Online-Vorträge anbieten und ihr Fachwissen mit Geierinteressierten teilen. Als vor Corona alle Fachvorträge nur in Präsenz stattfanden, war mir eine Teilnahme praktisch nie möglich.
Als ich 2012 zum ersten Mal nach Südafrika geflogen bin, lebten bei VulPro etwa 80 Geier, die nicht mehr freigelassen werden konnten. Mittlerweile sind es 266 und steigend. Immer wieder wurden alte Volieren vergrößert oder neue gebaut. Auch jetzt gibt es Dank zahlreicher Helfer und Sponsoren den Startschuss für vier weitere neue Volieren! VulPro wächst und wächst!
Nach monatelangen Misserfolgen konnte der ersten wilde Weißrückengeier eingefangen und mit GPS besendert wieder freigelassen werden. Er ist der erste Geier einer neuen Studie zum bevorzugten Lebensraum von Weißrückengeiern im Südlichen Afrika und wie man ihren vom Aussterben bedrohten Bestand besser schützen kann. VulPro’s Teammitglied Caroline Hannweg schreibt in Zusammenarbeit mit vielen Projektpartnern und Organisationen hierüber ihren PhD. Ich drücke ihr jetzt schon die Daumen, dass weitere Geier besendert und ihre Studie erfolgreich durchgeführt werden kann.
Nächste Rettungsmission: In Kuruman wurde ein junger Weißrückengeier offenbar von einem Truck angefahren und verletzte sich dabei. Ein anderer Autofahrer sah den Vorfall, rettete den Pechvogel und brachte ihn in Sicherheit. Einige Tage wurde er privat versorgt, bis VulPro ihn auf einer 15-Stunden-Rundfahrt einsammeln konnte. Zum Glück ist der arme nur etwas geschwächt und abgemagert, aber mit der Unterstützung seiner Geierkollegen bei VulPro wird er schnell wieder auf den Beinen sein.
Ende Februar dann ein Riesen-Highlight: In toller Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter wurden 14 junge Kapgeier-Nachzuchten von VulPro und 6 wild geborene, genesene Junggeier durch DHL ins Eastern Cape gebracht, wo sich das Geier-Partnercenter von Kate Webster befindet. So viele Geier wurden noch nie Provinz-übergreifend in Südafrika transportiert, vielleicht nichtmal auf dem gesamten Kontinent. Ein tolles Projekt zur Unterstützung der Kapgeier-Population im Eastern Cape und der Sicherstellung genetischer Vielfalt. Ich persönlich bin ja sehr begeistert, wie sich DHL seit Jahren in Südafrika engagiert, während ich hier aktuell im Heimatland nur Scherereien mit verloren gegangener Post und unfreundlichem Kundenservice habe. Hierzulange steht definitiv nicht der Kunde im Vordergrund – aber zum Glück in Südafrika die Geier!
Zu guter Letzt kam kurz vor Monatsende noch ein weiterer verletzter Sekretär nach VulPro, der zwar recht stark und fit ist, aber vermutlich unter einem gebrochenen Schwanz leidet. Sobald es ihm etwas besser geht, wird er beim Tierarzt geröntgt und untersucht.
Wieder ein spannender Monat bei VulPro, den ich gerne vor Ort miterlebt hätte…
Alle Bilder © VulPro, Facebook