Jeden Tag merken wir aufs Neue, dass wir mitten in der Patienten-Saison bei VulPro sind. Die gerade flügge gewordenen Kapgeier und Weißrückengeier können leicht bei ihren ersten Flugversuchen abstürzen, irgendwo entkräftet landen oder durch die nächtlichen Unwettern irritiert werden. Hinzu kommen noch die üblichen Gefahren, die auch erfahrene Altvögel betreffen, wie unter anderem Kollisionen mit Stromleitungen oder Zäunen, das Fressen von Giftködern oder das Erleiden einer Bleivergiftung.
Erst gestern Abend haben wir einen neuen, jungen Kapgeier eingesammelt und heute Vormittag kam direkt der nächste Notruf: Ein weiteres Kapgeier-Jungtier. Und obendrauf noch eine Schildkröte - die allerdings nachmittags direkt weitergegeben und freigelassen wurde.
Unser Kapgeier-Zugang von heute Morgen. Ein wenig entkräftet, aber keine schlimmeren Verletzungen.
Bevor es ins Hospital Camp geht, bekommt der kleine erstmal einen Erkennungsring um die Kralle.
Einiger unserer Patienten durften in den letzten Tagen bereits in die Großvoliere umziehen, wie der Kapgeier vom Hundekampf. Dennoch befinden sich weiterhin zwei junge Weißrückengeier und zwei junge Kapgeier im Hospital Camp sowie der Sekretär und in Einzelbetreuung noch der schwache Kapgeier von gestern Abend.
Dem armen Kerl geht es gar nicht gut. Er hat drei Tage lang neben der Straße gelegen, weil er schon für tot gehalten wurde, bevor ein Notruf an VulPro abgegeben wurde. Er kann sich kaum auf den Krallen halten und sieht sehr deprimiert aus. Daher durfte er erstmal eine Weile in der Schaukel abhängen, um seine Balance zu finden. So richtig glücklich wirkte er darin aber auch nicht, daher wurde er nach einer Stunde wieder befreit.
Aber immerhin hat er gierig gefressen und getrunken.
Rockys Henne lief den ganzen Tag munter mit ihren vier Küken nahe meines Zimmers herum. Sie hat ihr übrigen beiden Eier offensichtlich aufgegeben, um sich ganz um diese süße Kükenschar zu kümmern. Leider wurde sich auch heute immer wieder von dem frechen, weißen Jungendhahn angefallen. Unverschämtes Vieh. Kann nichtmal krähen, aber anderer Hahns Hennen belästigen...
Da der Sekretär sich noch immer nicht von alleine aufrichten kann, darf ich jetzt mehrmals täglich ein Lauftraining mit ihm absolvieren!
Dazu wird das Vieh vorsichtig aus seiner Box rausgeholt. Er ist nicht so bissig wie die Geier, daher brauche ich seinen Kopf nicht gezielt festhalten. Es reicht seine Flügel zu umschließen, allerdings sind seine kräftigen Beine mit Vorsicht zu genießen. Ich werde mich auch nicht schlängelnd in seiner Nähe bewegen oder zischen, sonst hält er mich für eine Schlange und tritt mich zusammen ;-)
Damit der Hübsche das Laufen wiedererlernen kann, richten wir ihn vorsichtig auf, indem wir ihn auf seine Beine stellen, seinen Oberkörper aber mit den Oberschenkeln erstmal festhalten.
Schafft er es die Balance zu halten, dann lassen wir den Druck nach, damit er sein gesamtes Gewicht tragen muss. Das ist für ihn noch sehr anstrengend, aber von Training zu Training schafft er es länger stehen zu bleiben.
Gehen wir vorsichtig einen Schritt zurück, so versucht er nach vorne zu laufen. Leider klappt das noch immer nicht gut, denn bei der kleinsten Bewegung klappen seine noch schwachen Beine in sich zusammen und er robbt wieder nur auf den Knöcheln und Knien durch die Voliere. Allerdings hat er nach 4 Trainingseinheiten a 5 Laufversuchen bereits zwei ganze, große Schritte geschafft! Daher sind wir guter Dinge, dass er mit gründlichem Training bald wieder im wahrsten Sinne des Wortes auf die Beine kommt!
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