Montag, 28. Februar 2022

Einblick in VulPros Arbeit im Februar

Rückblick auf die Arbeit von VulPro im Februar.

Der Monat begann mit der Untersuchung eines verletzten Kapgeiers aus Blouberg. Dem armen Geier geht es leider gar nicht gut. Er kann nicht allein stehen und muss daher in einer Art Schaukel stabilisiert werden. Auf diese Weise können seine Beine entlastet werden, aber er lernt dabei dennoch seine Balance wiederzufinden. Seine Aussichten stehen leider relativ schlecht. Wenn er es schafft, steht ihm eine monatelange Reha bevor.

Die Art der „Schaukeln“ hat sich bei VulPro über die Jahre weiterentwickelt. Die aktuelle Variante mit der Tiertragetasche scheint mir wirklich gelungen und vor allem leicht praktikabel. Früher hatten wir die Geier unter anderem in ein T-Shirt gesteckt und verknotet, was bei jeder Reinigung und Behandlung ein großer Aufwand war.

Auf der Facebookseite von VulPro werden auch immer wieder kurze Wissenshäppchen vermittelt. Diesmal ein kleiner Exkurs über die Augenfarbe von Kapgeier. Jungtiere haben nämlich dunkelbraune Augen, die erst im Alter von 7 Jahren beige-gelb werden, wenn die Geier geschlechtsreif sind.

Am 05.02. rückte ein Rescueteam von VulPro auf einen 14-Stunden-Einsatz aus, um einen verletzten Sekretär einzusammeln. Das arme Tier hatte sich auf einer Farm in einem Stacheldraht verheddert und konnte sich nicht mehr befreien. Zum Glück wurde es vom Landbesitzer entdeckt und aus der tödlichen Lage befreit. Eine Kralle ist schwer verletzt und die Blutzufuhr eines Beines war stark beeinträchtigt. Der Sekretär wird nun täglich mit einer Lasermaschine behandelt und kann dem verletzten Kapgeier in seiner Schaukel Gesellschaft leisten. Gerade bei verletzten Tieren ist Gesellschaft sehr wichtig, damit sie ihren Lebensinstinkt behalten und nicht depressiv werden.

Im vergangenen Jahr konnte VulPros Palmgeier-Pärchen zum ersten Mal ein Jungtier großziehen. Das Jungtier entwickelt sich prächtig und sollte eigentlich in KwaZulu-Natal (KZN) ausgewildert werden. Allerdings stellten sich die dortigen Behörden quer, was eine große Protestkampagne mit sich zog. Mittlerweile hat sich KZN FreeMe eingeschaltet, eine weitere Auffangstation, die das Auswilderungsvorhaben sehr unterstützt. Drücken wir die Daumen, dass die Behörde doch noch von dem Nutzen der Auswilderung überzeugt werden kann!

Dank der großzügigen Spende des Max Planck Instituts konnten alle Jungtiere aus 2021 und einige genesene Jungtiere aus freier Wildbahn mit GPS-Sendern ausgestattet werden. Die Jungtiere sollen in Kürze im Eastern Cape ausgewildert werden, um die dortige Population zu unterstützen. Eine genaue GPS-Analyse ihrer Bewegungen ist daher sehr wichtig, vor allem, um bei Notfällen schneller eingreifen zu können. Früher wurde den Geiern der GPS-Sender wie ein Rucksack umgeschnallt. Bis dieses richtig saß und den Geier möglichst wenig behindert, konnte die Anpassung bis zu 20 min dauern – ziemlicher Stress für den Vogel. Um den Stress zu reduzieren, werden GPS-Sender nun per Beckengurt befestigt, was nicht länger als 5 min pro Vogel dauert.

Kleine Statistik am Rande, um zu zeigen, welchen schrecklichen Einfluss Stromleitungen auf die Geierpopulation in Südafrika haben:

  • Seit 1961 starben über 2.500 Geier in Südafrika an Gift, im Schnitt 41 pro Jahr.
  • Allein seit 1996 starben jedoch bereits über 1.500 Geier durch Stromleitungen und Strommasten von Eskom, im Schnitt 58 pro Jahr.

Und das sind nur die Fälle, die dokumentiert wurden.

Was mir im Umfeld von VulPro richtig gut gefällt: Mittlerweile sind richtig viele Firmen, Organisationen und Privatpersonen vom Geierschutz überzeugt und unterstützen auf ihre Weise das tolle Projekt. Zum Beispiel die Cape Vulture Lodge nahe der Manutsa Kapgeier-Kolonie. Diese Lodge veranstaltete am 13.02. einen Tag der offenen Tür, bei dem Menschen mehr über Kapgeier erfahren und diese von einem Beobachtungspunkt aus bewundern konnten.

Nach dem Regen genießen die Volierenbewohner von VulPro sichtlich das Sonnenbad.

Der Valentinstag bei VulPro stand ganz im Zeichen der Liebe zu Geiern! Dies kann ich nur von ganzem Herzen unterstreichen!!! Liebe Geier, ohne euren unermüdlichen Einsatz wäre diese Welt ein ziemlich dreckiger und stinkender Ort. Außerdem bringt ihr viel Grazie und Schönheit in diese Welt! Schön, dass es euch gibt!!!

Aufgrund der vielfach angesprochenen Stromleitungsproblematik gibt es viel zu viele Geieropfer. Kollidieren Geier im Flug mit Stromleitungen, brechen sie sich dabei oder beim Absturz häufig die Flügel. Diese Verletzungen sind irreparabel und der Geier kann nur überleben, wenn die Flügel teilweise oder komplett amputiert werden. Nach einer solchen Operation können die Geier natürlich nicht mehr ausgewildert werden, sondern bleiben im Zuchtprogramm von VulPro. Seit einigen Jahren gibt es für solche Invalidengeier dort die „offene Voliere“. Weil die Geier nicht wegfliegen können, hat diese Voliere kein Dach. Dies hat den Vorteil, dass wilde Geier in der Voliere landen und mit den Invaliden interagieren können. Besonders spannend wird dies bei den Fütterungen. Die Invaliden müssen lernen, sich beim Fressen gegen die wilden Geier durchzusetzen, die ihnen das Futter streitig machen wollen. Somit wird immer wieder der Lebensgeist geweckt und sie können sich nicht ausruhen oder in Depressionen versinken. Den Geiern scheint es sehr gut zu gefallen. Auch wenn sie häufig vergnügt wirken, der Anblick ihrer ruinierten Flügel bricht mir jedes Mal das Herz!

Etwas wehmütig habe ich festgestellt, dass das VulPro-Webinar leider komplett an mir vorbeigegangen ist. Sonst hätte ich es mir in jedem Fall angehört! Ich finde es nämlich richtig klasse, dass mittlerweile mehr und mehr Geierprojekte Online-Vorträge anbieten und ihr Fachwissen mit Geierinteressierten teilen. Als vor Corona alle Fachvorträge nur in Präsenz stattfanden, war mir eine Teilnahme praktisch nie möglich.

Als ich 2012 zum ersten Mal nach Südafrika geflogen bin, lebten bei VulPro etwa 80 Geier, die nicht mehr freigelassen werden konnten. Mittlerweile sind es 266 und steigend. Immer wieder wurden alte Volieren vergrößert oder neue gebaut. Auch jetzt gibt es Dank zahlreicher Helfer und Sponsoren den Startschuss für vier weitere neue Volieren! VulPro wächst und wächst!

Nach monatelangen Misserfolgen konnte der ersten wilde Weißrückengeier eingefangen und mit GPS besendert wieder freigelassen werden. Er ist der erste Geier einer neuen Studie zum bevorzugten Lebensraum von Weißrückengeiern im Südlichen Afrika und wie man ihren vom Aussterben bedrohten Bestand besser schützen kann. VulPro’s Teammitglied Caroline Hannweg schreibt in Zusammenarbeit mit vielen Projektpartnern und Organisationen hierüber ihren PhD. Ich drücke ihr jetzt schon die Daumen, dass weitere Geier besendert und ihre Studie erfolgreich durchgeführt werden kann.

Nächste Rettungsmission: In Kuruman wurde ein junger Weißrückengeier offenbar von einem Truck angefahren und verletzte sich dabei. Ein anderer Autofahrer sah den Vorfall, rettete den Pechvogel und brachte ihn in Sicherheit. Einige Tage wurde er privat versorgt, bis VulPro ihn auf einer 15-Stunden-Rundfahrt einsammeln konnte. Zum Glück ist der arme nur etwas geschwächt und abgemagert, aber mit der Unterstützung seiner Geierkollegen bei VulPro wird er schnell wieder auf den Beinen sein.

Ende Februar dann ein Riesen-Highlight: In toller Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter wurden 14 junge Kapgeier-Nachzuchten von VulPro und 6 wild geborene, genesene Junggeier durch DHL ins Eastern Cape gebracht, wo sich das Geier-Partnercenter von Kate Webster befindet. So viele Geier wurden noch nie Provinz-übergreifend in Südafrika transportiert, vielleicht nichtmal auf dem gesamten Kontinent. Ein tolles Projekt zur Unterstützung der Kapgeier-Population im Eastern Cape und der Sicherstellung genetischer Vielfalt. Ich persönlich bin ja sehr begeistert, wie sich DHL seit Jahren in Südafrika engagiert, während ich hier aktuell im Heimatland nur Scherereien mit verloren gegangener Post und unfreundlichem Kundenservice habe. Hierzulange steht definitiv nicht der Kunde im Vordergrund – aber zum Glück in Südafrika die Geier!

Zu guter Letzt kam kurz vor Monatsende noch ein weiterer verletzter Sekretär nach VulPro, der zwar recht stark und fit ist, aber vermutlich unter einem gebrochenen Schwanz leidet. Sobald es ihm etwas besser geht, wird er beim Tierarzt geröntgt und untersucht.

Wieder ein spannender Monat bei VulPro, den ich gerne vor Ort miterlebt hätte…

Alle Bilder © VulPro, Facebook

Sonntag, 27. Februar 2022

Der Aaston Martin

Eigentlich bin ich kein großer Karneval-Fan, aber als Schwesti vor einigen Wochen die Idee hatte eine kleine Karnevalfeier mit eigenem Karnevalzug zu planen, war ich sofort dabei. Vor allem für ihre Kinder finde ich es selber flunschig, dass dieses Jahr erneut unser regionale Umzug aufgrund von Corona ausgefallen ist. Der wenige Tage vorher ausgebrochene Krieg in der Ukraine war jetzt auch nicht eingeplant, aber es tut niemandem weh, wenn man trotz allem etwas schönes erlebt.

Der Tag fing schon mit einem tollen Sonnenaufgang an, der Riesen-Gustav um den Schnabel schien.

Schnell alle Klamotten und das Kostüm ins Auto verfrachtet und schon konnte die Feier beginnen. Es ist schwer zu erraten, dass ich mich als Geier verkleidet habe und nach viel zu langer Zeit endlich wieder die tollen Flügel anziehen konnte, die Schwesti mir vor einigen Jahren gebastelt und damals zu Weihnachten geschenkt hatte. Mittlerweile habe ich sogar einen passenden Schnabel dazu.

Auch für meinen Karnevalswagen wusste ich sehr schnell, welche Geier mitfahren durften. Ich musste also nur noch die Deko passend zu den Geiern drum herum basteln. Die Entscheidung fiel auf eine Schatztruhe voller Golddublonen, Silbermünzen, Rubine, Perlen und abgenagten Aasknochen. Dazu der Schriftzug "AAS ALAAF" und das ganze auf einer Rollpalette dekoriert mit Goldnuggets. Hier redet ganz sicher niemand mehr von Pleitegeiern! Ich weiß der Name passt nicht wirklich, aber irgendwie kam mir der Name "Aaston Martin" für das Geiergefährt in den Sinn. ;-)


Pünktlich um 11:11 Uhr brachten wir kostümiert die Trööötzungen zum Glühen und gingen dann raus, um stolz unsere selbstgebastelten Wagen mit der passenden Musik durch die Einfahrt zu ziehen. Die beiden Geier in ihrer Schatzkisten waren natürlich die Stars!

Ansonsten durfte das ausgiebige Vorführen der Kostüme natürlich nicht fehlen. Ich glaube Karneval habe ich zuletzt mit 18 gefeiert, daher war es trotz aller Umstände ein wirklich schöner Tag! Und ich bin jedesmal aufs Neue glücklich, wenn ich eine Gelegenheit habe in die Geierflügel zu schlüpfen, mit denen sich Schwesti so viel Mühe gemacht hatte!!!




Wie sammelt ein Geier artgerecht Aas-Kamelle? Mit einer Steak-Tasche!!!

Schwesti, du bist einfach die Beste!!!

Freitag, 25. Februar 2022

Eine besondere Begegnung

Ist es tatsächlich 8 Monate her, seit ich meinen Geierblog zuletzt aktualisiert habe? Wirklich erschreckend. Eine so lange Schreibpause habe ich noch nie hingelegt. Leider gab es sogar zwischendurch lange Phasen, in denen ich kaum an meinen Blog gedacht habe, was mich dann umso trauriger gemacht hat. Ich würde jetzt natürlich gerne (mal wieder) versprechen, dass ich mich bessere, aber das wäre allen treuen Lesern gegenüber nicht fair, die hoffentlich doch noch hin und wieder hier vorbeischauen. Daher versuche ich einfach ab jetzt wieder das Beste aus der Situation zu machen, Blogartikel zu schreiben, wenn mir danach ist und vielleicht sogar die Lücken zwischen Juni 2021 und Februar 2022 mit Nachträgen zu füllen. Immerhin waren meine letzten Blogartikel vor der langen Schreibpause ganz besondere, da ich im Juni 2021 bei der ersten Geierauswilderung in Deutschland mit dabei war, als die beiden Bartgeier Bavaria und Wally im Nationalpark Berchtesgaden in toller Zusammenarbeit der LBV und VCF freigelassen wurden. Immer wieder erhielt ich Lesermails zu meinem Stoffbartgeier Barty, der die Auswilderung seiner Artgenossen mit begleitet hatte. Und für mich persönlich war es immerhin ein Geierurlaub in den zwei frustrierenden Corona-Jahren, in denen das Reisen und der Geiereinsatz kaum möglich war... Und wer weiß wie lange die Einschränkungen noch anhalten.

Heute nach der Arbeit bin ich zum Sonnenuntergang an den Rhein gefahren. Zum Sonnenuntergang an einen Ort mit schöner Aussicht zu gehen und den Moment bewusst zu genießen ist eine Sache, die ich durch Corona gelernt habe. Bei allem Chaos und Ärger ist das wenigstens eine Sache, die bei passendem Wetter immer möglich ist und selbst Corona nicht vermiesen kann. Bei blauem Himmel kam ich am Deich an, konnte über dem Rhein die tief stehenden Sonne beobachten, dem Geschnatter hunderter Wildgänse lauschen und dabei zusehen, wie sich der Himmel verfärbte und ein Regenschauer anrückte. Weit und breit bietet an dieser Stelle nur ein Baum halbwegs Unterschlupf. Umso mehr habe ich mich gefreut, als ich dort nicht allein war, sondern noch einem weiteren Sonnenuntergang-Genießer begegnet bin.

Wir kamen schnell ins Gespräch und aufgrund ähnlicher Interessen wurden schon bald die Geier und mein Blog Thema. Ich glaube diese nette Begegnung hat mir endgültig den nötigen Ruck gegeben meinen Laptop nach Monaten wiederzubeleben, drei Tage Updates laufen zu lassen und mich wieder mit dem Blog vertraut zu machen. Ich kann sagen, dass mich bereits nach wenigen Sätzen die üble Performance meines Laptops ärgert und dass ich gefühlt jeden Satz dreimal tippen muss, weil die Tastatur nicht so mitmacht, wie ich es will. Aber ich bin gerade total motiviert wieder über meine Faszination für Geier zu schreiben und meine Begeisterung zu teilen. Manchmal ist ein nettes Gespräch einfach viel motivierender als eigene Vorsätze - daher vielen Dank für diese besondere Begegnung und Inspiration!!!

Donnerstag, 24. Februar 2022

Mallorcas Mönchsgeier-Population verdreifacht

Auf Mallorca wird im Rahmen des Schutzprogrammes zur Erhaltung der Mönchsgeier-Population etwa alle zehn Jahre eine Zählung durchgeführt. Im Oktober 2021 war es wieder soweit und 68 Helfer hielten an 15 Beobachtungspunkten in der Serra de Tramuntana zwei Tagen lang Ausschau nach den wunderschönen Riesengeiern. Dabei wurden sage und schreibe 332 Individuen entdeckt!!! Im Vergleich dazu waren es bei der letzten Zählung in 2008 nur 123 Exemplare. Die Mönchsgeier-Population hat sich also seitdem fast verdreifacht! Ein super Erfolg, der ohne das jahrzehntelange Engagement der Geierschützer auf Mallorca und der Vulture Conservation Foundation nicht möglich gewesen wäre.

Mönchsgeiernest auf Mallorca © Jordi Muntaner, VCF-Webseite

Seit 1973 werden die Mönchsgeier auf Mallorca eng überwacht. In den 80er-Jahren war mit nur noch etwa 20 verbliebenen Geiern der traurige Tiefpunkt erreicht und der Mönchsgeier schien auf Mallorca auszusterben. Durch Schutzprojekte, Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung, Bekämpfung von Gift(ködern) und Bereitstellung von Futter konnte der negative Trend in letzter Sekunde aufgehalten werden. Seit etwa 2010 vermehren sich die Geier immer deutlicher.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gab es auf den Balearen nur zwei Geierarten: Mönchsgeier auf Mallorca und Schmutzgeier auf Menorca. Aufgrund starker westlicher Winde wurden allerdings 2008 über hundert Gänsegeier vom spanischen Festland nach Mallorca geweht, die meisten von ihren Jungtiere. Doch anstatt später wieder abzureisen, machten sie es sich auf der Insel bequem und blieben einfach dort. Einige Jahre später wurden sie geschlechtsreif und 2012 schlüpfte schließlich das erste Küken in der Serra de Tramuntana.

Gänsegeier und Mönchsgeier bei Fressen auf Mallorca © Manuel de la Riva

Die Neuankömmlinge wurden die ganze Zeit über von Geierschützern beobachtet, um eventuelle Auswirkungen auf die Mönchsgeier-Population frühzeitig zu erkennen. Die beiden Geierarten schienen sich allerdings gut zu verstehen bzw. sich nicht gegenseitig in die Quere zu kommen.

Stand Februar 2020 gab es übrigens rund 39 Mönchsgeier-Brutpaare und 15 Gänsegeier-Brutpaare auf Mallorca. Das dürften mittlerweile bestimmt ein paar mehr sein. Um die Geierarten besser studieren zu können, bekamen damals sechs Geier einen GPS-Sender.

Gänsegeier und Mönchsgeier bei Fressen auf Mallorca © Manuel de la Riva

Mönchsgeier mit GPS-Sender © Manuel de la Riva

Im Sommer 2021 gelang den Mönchsgeiern auf Mallorca übrigens noch eine Besonderheit: Nach einem Fehlversuch im Vorjahr baute ein Pärchen erneut sein Nest nicht wie bei Mönchsgeiern üblich auf abgelegenen Pinienbäumen entlang der Küste, sondern auf einer Felsklippe. Und in diesem Jahr schlüpfte tatsächlich ein Küken, das sich sehr gut entwickelt. Diese Tiere überraschen uns immer wieder!!!

Mönchsgeier haben von allen Greifvögeln Europas die längst Brutzeit, nämlich 55-60 Tage. Die Baumnester können einen Durchmesser von 254 cm und eine Höhe von 129 cm erreichen. Zwischen Ende Februar und Mitte März legen die Brutpaare ein einzelnes Ei, aus dem Ende April bis Mitte Mai ein süßes Küken schlüpft. Die Eltern kümmern sich rund 100-115 Tage um das Küken, bevor es Ende August bzw. Anfang September das sichere Nest verlässt.

Dienstag, 15. Februar 2022

Bartgeier-Brutprogramm in Südafrika

Auf der Webseite der Vulture Conservation Foundation (VCF) wurde heute eine tolle Fotostrecke von einem Bartgeier-Brutprogramm in Südafrika geteilt mit spannenden Informationen zum Bruterfolg aus 2021.

In Europa haben sich einige Bartgeier-Brutcentren seit vielen Jahren etabliert und liefern wertvolle Nachzuchten zur Wiederansiedlung des Bartgeiers in freier Natur. Hierzu gibt es viele erfahrene Brutpaare und Ammengeier, die sich liebevoll um den Nachwuchs kümmern. Im Brutcenter in Südafrika gibt es hingegen derzeit kein Brutpaar. Wie also kann so ein Brutprogramm erfolgreich sein?

Die Bartgeier-Unterart Gypaetus barbatus meridionalis, die nur in Südafrika und Lesotho beheimatet ist, gilt als kritisch vom Aussterben bedroht. Nachdem die Population in jüngsten Jahren um über 30 % zurückgegangen ist, musste endlich gehandelt werden, um die noch verbliebene isolierte Population in den Maloti-Drakensberg Mountain zu erhalten. Hierbei entstand auch das Bartgeierschutz- und Brutprogramm.

2015 beschloss das bilaterale (Südafrika/Lesotho) Bearded Vulture Recovery Programme der Bearded Vulture Task Force die Gründung einer Zuchtpopulation im Süden Afrikas. Hierzu startete das African Raptor Centre nahe Durban schließlich das Programm Bred4theWild. Dieses Programm folgt den gleichen Richtlinien wie das Europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk, das durch die VCF koordiniert wird.

Ziel des Programmes im südlichen Afrika ist die Bildung einer genetisch vielfältigen Zuchtpopulation von 20-30 nicht verwandten Gründergeiern in den nächsten Jahren. Die Nachzuchten dieser Geier sollen ausgewildert werden und zum Erhalt der wilden Population beitragen. In 2015 gab es nur einen erwachsenen Bartgeier in Gefangenschaft, der aus dem Besitz eines Wunderheilers konfisziert wurde. Das Weibchen erhielt des Namen Lesli. Um trotzdem ein Brutprogramm starten zu können, werden nun Eier aus Nestern wilder Bartgeier entfernt und in dem Brutcenter künstlich bebrütet. Dies ist möglich, da Bartgeier normalerweise zwei Eier legen, aber nur ein Küken großziehen. Bei Bartgeiern ist nämlich der Kainismus weit verbreitet, bei dem das ältere Küken das jüngere tötet, um selber genug Nahrung von seinen Eltern zu erhalten.

Im folgenden Text werden die Geier durch eine Brutsaison begleitet.

Start der Brutsaison in freier Natur

In der südlichen Hemisphäre ist die Paarungs- und Nestbauzeit im April und Mai. Mitte Juni werden die Eier gelegt, aus denen nach rund 54tägiger Brutphase die Geierküken schlüpfen. In dieser Zeit suchen die Mitglieder des Bearded Vulture Recovery Programme nach wilden Nestern in den Maluti-Drakensberg Mountain und beobachten die Brutaktivitäten.

Nest-Cam-Foto eines bekannten Bartgeier-Brutpaares © Dr Sonja Krüger/ Ezemvelo KZN Wildlife

Sammeln der Eier

Ende Juli beginnt die Zeit, in der die Zweitgelege der Bartgeier eingesammelt werden. Hierzu klettern die erfahrenen Geierschützer in unwegsamem Gelände zu den wilden Geiernestern und entfernen jeweils ein Ei. Auf sicherstem und schnellstem Weg werden die Eier in das African Raptor Centre zwecks künstlicher Inkubation gebracht. Entgegen aller Erwartungen konnten 2021 sogar sieben statt erhoffter sechs Eier gesammelt werden.

Abseilen zum Geiernest und Bild eines Nests mit zwei Eiern © African Raptor Centre

Bebrütung der eier

Da es derzeit keine Geiereltern für eine natürliche Bebrütung im Brutzentrum gibt, müssen die Geier künstlich im Inkubator bebrütet werden. Viermal täglich werden die Eier von den Geierschützern zwecks Temperaturschock herausgeholt und für kurze Zeit der Außentemperatur ausgesetzt. Dies ist eine Vorgabe der VCF und dient dem Gasaustausch (CO2 und O2) sowie der Entwicklung des Embryos. Es simuliert den Moment, bei dem Geiereltern in freier Wildbahn den Platz im Nest auf dem Ei tauschen und dabei ebenfalls das Ei für kurze Zeit ungeschützt lassen.

Eier bei Außentemperatur zwecks Temperaturschock © African Raptor Centre

Beobachtung der Eier

Jeden Abend werden die Eier durchleuchtet, um die Entwicklung des Embryos zu untersuchen. Diese Beleuchtung wird im Englischen „candled“ genannt. Hierbei wird am breiten Ende des Eies eine spezielle Lampe angehalten und somit Entwicklung und Bewegungen des Embryos sichtbar gemacht. Dabei kann nach einigen Tagen auch herausgefunden werden, ob das Ei überhaupt befruchtet ist. 2021 war eines der sieben Eier leider unbefruchtet.

Die Beleuchtung des Eies zeigt den dunklen Embryo und den gut entwickelten Luftsack rechts im Bild © African Raptor Centre

Der Schlupf

Sobald das Küken den Luftsack durchbricht, kann man es aus dem Ei heraus fiepen hören. Ich kann mich noch richtig gut an diesen magischen Moment vor vielen Jahren in Südafrika erinnern, als zum ersten Mal ein Ei mit mir „gesprochen“ hat. Das süßeste Geräusch, das ich je gehört hatte! Ein ganz besonderes Erlebnis!!! Nun muss das Ei rund um die Uhr beobachtet werden, um beim Durchbrechen der Eischale notfalls unterstützt zu werden.

Drei Küken versuchen gleichzeitig die harte Eierschale zu durchbrechen © African Raptor Centre

Winzige Geierküken © African Raptor Centre

Kükenaufzucht

Um die Küken gesund und munter großzuziehen, werden drei Techniken angewendet: Fütterung mit einer Geierhandpuppe, Sozialisierung mit weiteren Geierküken und Bekanntschaft mit einem erwachsenen Geier.

Fütterung mit einer Geierhandpuppe

Eine Woche nach dem Schlupf können Geierküken registrieren, wer sie füttert. Damit sie sich nicht auf Menschen prägen, werden sie von nun an mit einer Geierhandpuppe gefüttert, die einem Elterngeier nachempfunden ist. Den Menschen können sie dabei nicht sehen.

Fütterung mittels Geierhandpuppe © African Raptor Centre

Sozialisierung mit weiteren Geierküken

Geierküken fühlen sich wohler, wenn sie Artgenossen um sich haben. Daher werden die Geierküken jeweils in Sichtweite aufbewahrt, allerdings mit Barrieren, damit sie sich nicht gegenseitig verletzen können.

Mehrere Geierküken in Sichtweite © African Raptor Centre

Bekanntschaft mit einem erwachsenen Geier

Im Alter von 20 Tagen können Geierküken selber ihre Körperwärme regulieren. Dies ist der Moment, wenn sie in eine Außenvoliere umziehen dürfen. Dort sitzen sie dann in einer nachgebauten Felshöhle und können – sicher geschützt durch eine Plexiglaswand – einen erwachsenen Bartgeier beobachten und Verhaltensmuster von ihm erlernen.

Erwachsener Geier in Sichtweite © African Raptor Centre

Geschlechtsbestimmung

Mittels Blutprobe kann das Geschlecht der Geierküken bestimmt werden. Von den sechs geschlüpften Küken wurden drei Männchen und drei Weibchen identifiziert. Gerade in Brutprogrammen ist eine halbwegs gleiche Verteilung von Männchen und Weibchen sehr wichtig, wenn es um die spätere Verpaarung möglicher Bruttiere geht. Aktuell befinden sich etwas mehr Weibchen als Männchen in diesem Brutprogramm.

Beobachtung der Entwicklung

Jede Woche werden die flauschigen Küken gewogen, ihre physische Entwicklung bewertet und mit den Idealgewichten der VCF-Vorgaben verglichen.

Wiegen und Dokumentation der Kükenentwicklung © African Raptor Centre

Je weiter die Entwicklung, desto mehr geht der Flaum in graue und weiße Federn über. An Nacken und Hinterkopf hält sich der Flaum etwas länger. Außerdem wird die Lederhaut der Augen sichtbar, der charakteristische rote Ring.

Im Alter von 4-5 Wochen kann das Küken stehen © African Raptor Centre

Mehr Federn statt Flaum © African Raptor Centre

Endlich flügge

Im Alter von 3 Monaten sind die Geierküken so weit entwickelt, dass sie untereinander und mit dem erwachsene Geier zusammengeführt werden können.

Die Junggeier sind endlich flügge © African Raptor Centre

Anfang Dezember verlassen die Junggeier ihr Nest und sind endlich flügge.

Bartgeierkinder im Alter von 6 Monaten © African Raptor Centre

Die Brutsaison 2021 war für die Programm-Partner ein Riesenerfolg! Meinen herzlichen Glückwunsch!!!