Donnerstag, 11. März 2021

Rettungen und Verluste

Leider kam es in den letzten Wochen wieder zu einigen traurigen Vorfällen in der Geierwelt.

Im November 2020 wurde in Portugal ein geschwächter, abgemagerter und dehydrierter Gänsegeier gefunden und in eine Auffangstation gebracht. Bei der Röntgen-Untersuchung des jungen Patienten stellte sich heraus, dass er illegal angeschossen wurde. In seinem gesamten Körper konnten nicht weniger als 38 Bleikügelchen entdeckt werden.

(c) Samuel Infante/CERAS, VCF-Webseite

Glück im Unglück, die vielen Geschosse hatten keine wichtigen Organe verletzt. Allerdings war der Bleigehalt in seinem Blut so hoch, dass dies bereits dramatische Auswirkungen auf seinen Körper hatte. Es musste schnell gehandelt werden. Zwar konnte der Geier mit wichtiger Flüssigkeit und Vitaminen versorgt werden, aber das bei Bleivergiftung bevorzugt eingesetzte Calcium-Dinatrium-EDTA war in Portugal leider nicht verfügbar. Daraufhin wurde die Vulture Conservation Foundation (VCF) informiert und das Mittel bereitgestellt.

Drei Monate später, nach einem langen Kampf ums Überleben, konnte der Gänsegeier Ende Februar wieder nahe seines Fundortes und einer Gänsegeierkolonie ausgewildert werden. Er bekam den Namen Tiroteo und wurde mit einem Erkennungsring und einer Flügelmarkierung ausgestattet.

(c) Samuel Infante/CERAS, VCF-Webseite

Illegaler Abschuss ist allerdings nicht die einzige Gefahr, denen Geier ausgesetzt sind. Leider werden sie auch viel zu häufig Opfer illegal ausgelegter Giftköder. Diesmal traf es ausgerechnet die einzige Mönchsgeier-Kolonie im Balkan, in Dadia/Griechenland.

© Έλα Κρετ/WWF Greece, VCF-Webseite

Nachdem der GPS-Sender eines Mönchsgeiers beunruhigende Signale lieferte, machte sich am vergangenen Wochenende ein Suchteam des Dadia-Lefkimi-Soufli Forest National Parks und des WWF Griechenland auf den Weg, um dem Signal zu folgen. Dabei wurden die Kadaver mehrerer geschützter Tierarten gefunden, darunter zwei Mönchsgeier, ein Schelladler und eine Wildkatze. Das Suchteam wurde von einem Giftköder-Spürhund begleitet, der ebenfalls die Umgebung nach Giftködern absuchte. Um weitere Todesopfer zu vermeiden, wurde diese Suche in den folgenden Tagen fortgesetzt. Dabei wurden viele Proben gesammelt und zur Untersuchung in ein Tiermedizinisches Labor geschickt. Dort wird die genaue Substanz identifiziert, die zum Tod der Tiere führte. Solche Beweise sind wichtig, wenn ein Kriminalfall wegen illegaler Vergiftung geschützter Tierarten – sogar innerhalb eines Nationalparks – eröffnet wird.

Aktuell leben in Dadia ca. 30-35 Mönchsgeier-Brutpaare und etwa 130 Individuen. Der Verlust der beiden Mönchsgeier Marios und Vangelis ist besonders dramatisch, da es sich hierbei um Bruttiere aus zwei verschiedenen Nestern handelt. Damit hat die einzige Mönchsgeier-Kolonie im Balkan nun auf einen Schlag zwei wichtige Brutpaare weniger.

Hoffentlich wird der Vorfall schnell aufgelöst und die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen, auch wenn die Hoffnungen hier leider eher gering sind.

Und als wären die Verluste aufgrund illegaler Giftköder nicht schon schlimm genug, kam jetzt noch die Nachricht, dass ein weiterer Mönchsgeier tot aufgefunden wurde.

(c) FWFF, VCF-Webseite

Das ursprünglich aus Spanien stammende und 2018 im Rahmen des Vultures Back to LIFE Projektes in Bulgarien wiederangesiedelte Weibchen Marina wurde seit Monaten vermisst, nachdem der GPS-Sender keine Daten mehr geliefert hatte. Das ist normalerweise kein gutes Zeichen. Als dann plötzlich doch ein Signal gesendet wurde, rückte ein Suchteam vom Fund for Wild Flora and Fauna (FWFF) aus. Leider konnten nur noch ihre sterblichen Überreste und der GPS-Sender geborgen werden. Die Arme war nämlich während eines starken Sturms Ende 2020 von einer umgestürzten Riesenbuche erschlagen worden. Ein Großteil ihres Kadavers war bereits vermutlich von einem Fuchs gefressen worden.

(c) FWFF, VCF-Webseite

(c) FWFF, VCF-Webseite

Die Gegend um diese Buche wurde zuvor über viele Monate von Marina und dem ebenfalls aus Spanien stammenden Männchen Zlosten aufgesucht worden. Wirklich traurig, da die beiden eines von drei Mönchsgeier-Pärchen waren, die sich nach dem Start des Wiederansiedlungsprojektes in Bulgarien gefunden hatten. Die Hoffnungen waren sehr groß, dass Marina und Zlosten in 2021 das erste Mönchsgeier-Ei seit dem Aussterben der Mönchsgeier in den 90er-Jahren in Bulgarien legen würden.

Ein etwas positiverer Vorfall ereignete sich vor einigen Wochen in Spanien, wo ein schwerverletzter Bartgeier gefunden wurde, nachdem er mit einer Hochgebirgsstromleitung kollidiert war. Der fast 3 Jahre alte Bartgeier mit dem Namen Aquilón wurde vor zwei Jahren im Rahmen des Wiederansiedlungsprojektes im Nationalpark Picos de Europa freigelassen. Bei seinem Unfall erlitt er eine schwere Verletzung an seiner linken Kralle, die zu einer fortgeschrittenen Infektion führte. Aufgrund der Schwere der Infektion musste die Kralle leider amputiert werden. Zum Glück erholte sich der Pechvogel in seiner viermonatigen Genesungsphase ganz gut von dem Trauma und bestand letztendlich die Tests seiner kognitiven und motorischen Fähigkeiten, die eine erneute Auswilderung ermöglichten. Anfang März wurde er nun im Nationalpark Picos de Europa wieder freigelassen.

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