Freitag, 7. August 2015

Der frühe Geier findet das Aas

Vorab: Ich habe noch einige Infos und Bilder in meinem gestrigen Artikel ergänzt. Es lohnt sich also noch einmal zurück zu klicken!
Gäääähn, heute früh ging es bei LifeNeophron um 5:45 Uhr los, damit ich gegen 6 Uhr im Beobachtungshaus auf dem Hügel der Futterstelle bin, die ich bisher nur von unten aus beobachtet hatte. Kaum war Vladi abgefahren und kaum im stockdunklen halbwegs eingerichtet, da tauchte um 6:07 Uhr bereits der erste Schmutzgeier am Futterplatz auf! Total genial, so ein weißes Vieh in der Dunkelheit!
Der Geier strahlte ja fast mit den ausgeblichenen Gerippen um die Wette ;-)
Die großen Geierarten wie die hier ansässigen Gänsegeier können erst mit Sonnenaufgang losfliegen, weil sie auf die Thermik angewiesen sind, um Kräfte zu sparen. Schmutzgeier sind offenbar mit Vorliebe vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang an den Futterstellen, was mir absolut neu ist. An einer anderen Futterstelle schlingen sie sich die ersten Aashäppchen des Tages bereits gegen 5 Uhr morgens rein.
Endlich mal die Chance auf ein paar Nahaufnahmen, auch wenn das nicht vorhandene Licht natürlich etwas schwierig war. Aber ganz langsam hing hinter den Bergen die Sonne am wolkigen Himmel auf.
Statt sich gierig über die Kuh herzumachen, schnäbelte der Geier ausgiebig am Boden herum. Dabei bewegte er sich kreuz und quer über die Futterstelle und streckte nach allen paar Bissen einmal neugierig und aufmerksam den Kopf hoch.
 
Dem aufmerksamen Beobachter wird vielleicht aufgefallen sein, dass dieser Schmutzgeier hier im Vergleich zu Bob und Kevin Parahawking in Nepal keinen weißen, sondern einen schwarzen Schnabel hat. Das ist der Unterschied zwischen den Europäischen und Asiatischen Schmutzgeiern.
Dem Kerlchen schien das Aas gut zu schmecken, denn er schnäbelte ganze 45 Minuten unermütlich an der Futterstelle herum.

Kurzes, herzhaftes Gäääääähn und weiter gehts!
 
Irgendwann hatte er plötzlich dieses Häufchen schwarzes Irgendwas im Schnabel. Zuerst dachte ich, dass es ihm aus Versehen am Schnabel hängen geblieben ist. Aber offenbar hat er sich ein paar ganz besondere Funde zur Seite gelegt, um sie später zum Nest zu bringen. Ich beschreibe lieber nicht näher, dass es wie ranzige, halb verweste Eingeweide aussah.
Mit vollem Schnabel machte sich der Schmutzgeier nach einer dreiviertel Stunde auf den Weg Richtung Nest. Ich blieb natürlich weiter in meinem Ausguck und genoss den Sonnenaufgang, der die Umgebung in immer schönere Farben tauchte.
Nach einer Weile entdeckte ich plötzlich einen Schmutzgeier auf der Futterstelle, den ich vorher gar nicht hatte landen sehen. Es könnte sich um einen Geier aus dem Nachbartal handeln, der sich von hinten angeschlichen hat. In dem Moment, wo ich ihn entdeckte, flatterte er allerdings wieder davon, gemeinsam mit einem anderen Schmutzgeier, der über dem Fluss kreiste.
Es dauerte aber nicht lange, bis ich um 7:39 Uhr an den entfernen Felsen einen weiteren Schmutzgeier sah. Dieser nahm zielstrebig Kurs auf die Futterstelle und landete schon bald vor meiner Nase.
Ein majestätisches Tier!
Im schönen Morgendlicht schüttelte er sich kurz nach der Landung erstmal kräftig das Gefieder durch.
Dann ging auch er auf Aassuche, obwohl sein Kropf schon gut genährt war.
Während ich ihm fasziniert 20 Minuten beim Schnäbeln und schwarzem Geschlumsel einsammeln zusehe, knallen plötzlich zwei laute Schüsse durch die Gegend und hallen an den Geierfelsen wieder. Verschreckt ließ der Geier sein schwarzes Zeugs fallen und flatterte davon. Dicht gefolgt von seinem Geierpartner, der vermutlich etwas unterhalb der Futterstelle unbemerkt in den Felsen gewartet hatte.
Wirklich mies, dass mir da irgendwer die Geierbeobachtung vermasselt hat! Die Schmutzgeier waren danach nämlich so verschreckt, dass sie sich die nächsten drei Stunden nicht mehr blicken ließen. Nichtmal überm Fluss oder entlang der Felswand konnte ich sie entdecken - nur ein paar Gänsegeier in weiter Entfernung. Wirklich schade... aber viel später als 8 Uhr treiben sich die Schmutzgeier wohl sowieso nicht an dieser Futterstelle herum.
Nach Ende der Beobachtungszeit ging es einmal kurz zur Futterstelle. Wie ich den lieblichen Duft von muffigem Aas und den Anblick von Knochengerümpel vermisst habe...
Am Ende der Brücke links unten befindet sich übrigens der Geierstützpunkt. Mal sehen, welche geierhaften Begegnungen nach der Mittagszeit auf mich warten werden!

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