Seit wir das erste, schlupf-bereite Kapgeier-Ei von VulPro eine Geierpaar zurück ins Nest gelegt haben, sind 48 Stunden vergangen. Leider hat es das Geierküken in dieser Zeit nicht geschafft mit seinem Eizahn ein Loch in die harte Eierschale zu picken. Daher braucht es Geburtshilfe. Also Ei wieder aus dem Nest geholt und gegen ein Dummy Ei ausgetauscht. Schnell lauschen, ob das Küken noch fiept. Alles in Ordnung!
Ganz vorsichtig wurde ein kleines Loch in die Eier-Schale gebohrt, damit das Küken genug Sauerstoff bekommt.
Zum Glück hat es fleißig glucksende Geräusche von sich gegeben, wenn auch nicht mehr so kräftig wie vor zwei Tagen. Zunächst ging es für das Ei zurück in den Inkubator, allerdings auf ein "Blech", das das Ei nicht rotieren lässt. Später wurde dann vorsichtig mit einer Pinzette das Loch so groß erweitert, bis das kleine Krummschnäbelchen sichtbar wurde und diesmal wieder kräftig fiepte, als hätte es einen Schluckauf.
Vergrößerung:
Was für ein ergreifender Moment!!! Zum ersten Mal bin ich bei einer Geierküken-Geburt dabei gewesen!!! Bzw. bei der "Vorgeburt", noch ist es ja nicht komplett geschlüpft. Aber ein winziges Geierschnäbelchen in seiner Eier-Schale zu sehen ist wie ein Wunder. Ich hätte niemals gedacht, dass ich sowas einmal miterleben darf!!! Da ist es schwierig die Augenwinkel trocken zu behalten.
Vorsichtig wurde solange die Eierschale und das Ei-Innere entfernt, bis das Schnäbelchen und die winzigen Nasenlöcher befreit wurden und die Sauerstoffzufuhr gesichert ist. Danach ging es wieder zurück in den Inkubator. Morgen werden wir das Ei vermutlich wieder ins Geiernest zurückgeben, damit die Eltern beim vollständigen Schlupf helfen können.
Zu Beginn meiner Geierjahr-Planung war mir klar, dass ich in jedem Fall die Brutsaison bei VulPro miterleben wollte. Daher habe ich praktisch alle anderen Projekte bzw. die Reiseroute auf diese Zeit hin ausgerichtet. Das Brutprogramm begann bei VulPro erst vor drei Jahren mit wenig Eiern im ersten Jahr und mehr Eiern im zweiten Jahr, allerdings noch unerfahrenen Eltern und daher leider einigen Verlusten. Im dritten Jahr müsste also vieles besser laufen, weil die Geiereltern nun wissen, dass irgendwann aus dem Ei im Nest auch mal ein Küken schlüpfen könnte. Mit etwas Glück könnte ich also vielen winzigen Geierküken beim Schlüpfen und Aufwachsen zuschauen! Wie es aussieht, geht es nun endlich los! 11 Eier, bisher nur eines unbefruchtet, zwei Eier sind noch zu frisch zum Testen. Und heute dann der Blick aufs erste winzige Küken!!! Traumhaft!
Selbst wenn wahrscheinlich nicht alle zehn Geierküken überleben werden, für die Kapgeier-Population ist jedes Küken ein kleines Schnäbelchen Hoffnung, da Kapgeier stark bedroht sind. Kapgeier kommen nur im südlichen Afrika vor, haben aber in den letzten Jahrzehnten einen Großteil ihrer Population eingebüßt. Hauptgründe hierfür sind Kollisionen mit Stromleitungen, Stromschläge, Vergiftungen (durch Giftköder für Schakale, etc.) und Nahrungsmangel, da die großen Tierherden fast überall Farmbetrieben gewichen sind. Mittlerweile leben nur noch etwa 3500 Brutpaare (und geschätzte 3000 Einzelgänger bzw. Jungtiere). In Swasiland sind Kapgeier längst ausgestorben und in Namibia sowie Simbabwe gibt es nur noch Schlafplätze, aber keine Brutpaare mehr. Die meisten Kapgeier-Brutpaare leben hier in Südafrika, weitere in Botswana und Lesotho sowie einige wenige in Mosambik.
Vielleicht ist der Kampf um diese wunderschöne Tierart längst verloren, aber Momente wie diese, wenn sich ein kleines Krummschnäbelchen unter der Eierschale zeigt, lassen uns Geierfreunde doch noch hoffen!!! Wenn nicht wir um den Erhalt der Geier auf Erden kämpfen, wer dann???
Montag, 17. Juni 2013
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen