Mit nur etwa 1,65 m Spannweite ist der Schmutzgeier der kleinste der vier europäischen Geierarten.
Sein Name ist allerdings nicht nett gewählt, denn eigentlich hat der Schmutzgeier ein strahlend weißes Gefieder und verbringt, wie jeder Geier, sehr viel Zeit des Tages mit Gefiederpflege. Da sind die weiteren Bezeichnungen „Hühnchen des Pharaos“ oder „Ägyptischer Geier“ schon schmeichelhafter. Immerhin beweisen sogar Schmutzgeier-Hieroglyphen, dass er zumindest in Afrika und im Orient ein ganz besonderes Tier ist. Dort wurde er in der Antike als heiliges Tier verehrt und stand für Fruchtbarkeit, Mutterschaft und Magie. Auch unter der türkisch muslimischen Bevölkerung der Ostrhodopen genießt der Schmutzgeier einen besonderen Schutz: Der Legende nach soll ein schlauer Schmutzgeier den Propheten Mohammed aus einem Steinadlernest gerettet haben. Als Dankeschön wurde er von Allah mit einem weißen Federkleid belohnt und wird seitdem auch als „weißer Papa“ bezeichnet.
Die wohl herausragende Eigenschaft der Schmutzgeier ist das Nutzen von Werkzeugen, was in der gesamten Tierwelt nur sehr selten vorkommt. Schmutzgeier lieben das Innere von Straußeneiern, könnten aber mit ihren dürren Schnäbeln die harte Schale nicht öffnen. Daher nehmen sie kleine Steinchen in den Schnabel, die sie mit Karacho auf das Straußenei schleudern. Nach einigen Versuchen bricht die Schale und das genüssliche Ei-Ausschlürfen kann beginnen. Ansonsten fressen Schmutzgeier eher kleine Aasfetzen, die andere Geier übrig lassen oder sogar Unrat und Kot.
Schmutzgeier sind Zugvögel und fliegen über die Wintermonate tausende Kilometer nach Afrika. Jungtiere bleiben sogar ein bis zwei Jahre dort, wohingegen die erwachsenen Geier im Frühjahr in ihre Heimat zurückkehren und mit dem Nestbau beginnen. Auf Felsvorsprüngen bauen sie zunächst eine Nestbasis aus Zweigen, die sie später mit Wolle, Gras oder auch Abfällen auspolstern.
Schmutzgeier legen häufig zwei Eier und schaffen es meist beide Küken großzuziehen. Die Junggeier sind zunächst dunkel gefiedert, bevor sie im geschlechtsreifen Alter von etwa 5 Jahren weiß ausgefärbt sind. Die europäischen und afrikanischen Schmutzgeier unterscheiden sich übrigens ein klein wenig von Schmutzgeiern des indischen Subkontinents: Ihre Schnäbel sind schwarz, die der Asiaten weiß-gelblich.
Leider sind auch Schmutzgeier stark gefährdet, aus vielen europäischen und afrikanischen Ländern bereits verschwunden sowie in ganz Asien vom Aussterben bedroht. In Bulgarien und Griechenland setzt sich daher das Projekt „The Return of the Neophron“ (LifeNeophron) für den Schutz der Schmutzgeier im Balkan ein. Zur Erinnerung: „Neophron“ stammt von dem lateinischen Namen des Schmutzgeiers, Neophron percnopterus. Während der Brutsaison werden die Nester praktisch rund um die Uhr beobachtet, um bei eventuell missglückten, ersten Flugversuchen der Junggeier einschreiten zu können. Dabei konnten in den vergangenen Jahren bereits einige abgestürzte Junggeier gerettet und wieder freigelassen werden.
Außerdem wird die Landschaft mit Giftspürhunden abgesucht sowie große Aufklärungskampagnen in der Bevölkerung betrieben. Sollte aber der Einsatz von Gift und Geier-schädlichen Stoffen in der Natur nicht schleunigst vermieden werden, so kommt für den putzigen Schmutzgeier leider jede Hilfe zu spät.
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