Gänsegeier gehören zu den vier in Europa lebenden Arten der Altweltgeier.
Mit einer Spannweite von bis zu 2,80 m nutzt der Gänsegeier die warme Thermik, um stundenlang scheinbar mühelos im Gleitflug auf Aassuche zu fliegen. Dabei helfen ihm seine guten Augen, die über viele Kilometer hinweg Aas erspähen können. Gänsegeier fliegen häufiger in der Gruppe auf Nahrungssuche, weil sie im Team viel größere Flächen absuchen können als alleine. Dabei bleiben sie immer in Sichtweite, so dass sie über weite Entfernungen erkennen können, wenn andere Geier zu einem Kadaver herabstürzen, und können sich ihnen anschließen.
Beim Fressen nutzen sie ihren langen, Gänse-ähnlichen Hals, um sich tief in den Kadaver zu den köstlichen Eingeweiden zu wühlen. Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass Hals und Kopf unbefiedert sind, damit sie nicht verkleben und der Geier nicht krank wird. Die Halskrause dient dabei zusätzlich als Schlabberlätzchen, damit kein Blut ins Gefieder läuft. Geier sind allgemein sehr reinliche Tiere. Wenn Wasser am Futterplatz vorhanden ist, werden sie immer versuchen sich nach dem Fressen so säubern. Treffen viele Gänsegeier an einem Kadaver zusammen, so ist schon bald lautes Geschnatter und Gefauche zu hören. Die hungrigsten, aggressivsten Geier erkämpfen sich mit Schnabelhieben und Tritten den besten Platz am Aas, während die schwächeren Geier in sicherer Entfernung warten. Häufig sind zwei nackte, teils rot angeschwollenen Hautflecken an der Brust des Geiers zu erkennen, die sonst von Federn bedeckt sind. Das sind die sogenannten „falschen Augen“, die mit zunehmender Aggressivität anschwellen, um der Konkurrenz Angst zu machen.
Gänsegeier sind gesellige Tiere und leben häufig in großen Kolonien. Dabei verpaaren sie sich für ein ganzes Geierleben und legen ab einem Alter von etwa 6 Jahren ein Ei pro Jahr. Aus diesem Ei schlüpft nach gut 54 Tagen ein winziges Geierküken. Nach etwa 4 Monaten sind die Küken zwar ausgewachsen, aber sie lassen sich dennoch leicht von ihren Eltern unterscheiden: Erwachsene Gänsegeier haben eine flauschige, weiße Halskrause, während sie bei Junggeiern noch braun und federig aussieht. Außerdem sind Schnabel und Augen beim Junggeier schwarz, während sie mit zunehmendem Alter beige-gelblich werden.
Insgesamt wird der Gänsegeierbestand zwar nicht als gefährdet gelistet, dennoch sind Gänsegeier aus vielen Ländern bereits verschwunden. Ein trauriges Beispiel ist Kroatien, wo es nur noch eine kleine Population auf einzelnen Inseln gibt. Das Schutzcenter „GRIFON“ (die Wiedereröffnung des ehemaligen „Eko-Centar Caput Insulae, Beli“) setzt sich seit vielen Jahren für den Erhalt der kroatischen Gänsegeier ein. Neben Giftködern gegen Wildschweine etc. und akutem Nahrungsmangel durch abwandernde Farmer ist das größte Problem die Störung der Brutkolonien durch den Tourismus. Gänsegeier brüten gerne hoch in den Klippen direkt am Meer. Kommen (Touristen-)Boote den Klippen zu nah und werden noch flugunfähige oder unerfahrene Junggeier gestört, so stürzen sie häufig ins Meer. Ihre Federn saugen sich schnell voll Wasser und der Geier würde qualvoll ertrinken, wenn er nicht schnellstmöglich gerettet wird. Für viele Junggeier kommt leider jede Hilfe zu spät!
Es ist wirklich ein großes Dilemma, wenn zwar einerseits Touristen auf die gefährdeten Gänsegeier aufmerksam gemacht werden, aber gleichzeitig auch – häufig unbewusst – eine potenzielle Gefahr darstellen. In Kroatien hat dieses Zusammenspiel langfristig leider nicht geklappt, denn mit wachsender Kritik am Tourismus stieg der Widerstand gegen das „Eko-Centar Caput Insulae, Beli“, das bis Ende 2012 noch auf der Insel Cres stationiert war. Es musste leider damals dem politischen Druck nachgeben und wurde geschlossen. Zwar hat sich der Chef Goran Susic nicht unterkriegen lassen und ein neues Schutzcenter unter dem Namen „GRIFON“ auf dem Festland aufgebaut, aber ich befürchte es wird nie mehr das Gleiche sein. Die Entfernungen zu den wenigen, kleinen Brutkolonien ist zu groß, die dringende Hilfe dauert zu lang und das Center wird immer wieder durch fehlendes Equipment oder schlechte Festlang-bedingte Einflüsse zurückgeworfen. So lockt das für die Geier im Schutzcentrum bereitgestellte Aas zum Beispiel Raubtiere an, die nachts Zäune & Co einreißen und mühselige Arbeit zunichtemachen.
Auch im Balkan sind Gänsegeier stark gefährdet, vorwiegend durch Giftköder. Diese dienen nicht gezielt der Vernichtung von Geiern, aber beim immer währenden Nahrungsmangel sind Geier leider nicht wählerisch, wenn sie Aas finden. Viele Zoos unterstützen daher mit ihren Nachzuchten die wilde Population in Bulgarien, auch auf die Gefahr hin, dass trotz Aufklärungskampagnen und Giftspürhunden (vor allem auf dem griechischen Festland) weiterhin Giftköder ausgelegt werden.
Wesentlich besser geht es hingegen den Gänsegeiern, die in den französischen Alpen oder den Pyrenäen wiederangesiedelt werden. Dort ist Gift nicht so weit verbreitet, aber auch hier sind Geier auf die Unterstützung des Menschen durch Geierrestaurant angewiesen, da sie in der freien Natur nicht immer genug zu Fressen finden.
Montag, 29. August 2016
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