Die schrecklichen Bilder des Krieges in Israel flackern täglich über unsere Bildschirme und sind uns allgegenwärtig. Worüber allerdings kaum gerichtet wird, sind die geierhaften Tragödien des Landes.
Erst Anfang des Monats wurden zwei vergiftete Gänsegeier auf ihrem Brutfelsen in der Judäischen Wüste gefunden. Beide Geier waren von der Israel Nature and Parks Authority zu Forschungszwecken mit GPS-Sendern ausgestattet, die plötzlich nur noch sehr geringe Mobilität anzeigten. Immer ein schlechtes Zeichen. Als die Naturschützer sich auf die Suche machten, konnten sie in der Brutklippe leider nur noch den traurigen Tod der markierten Geier feststellen, ein 20jähriger Brutvogel und sein 6jähriger Partnergeier.
Vergiftete Gänsegeier auf seinem Brutfelsen. © Israel Nature and Parks Authority |
Auch ein zweiter Gänsegeier starb an Gift. © Israel Nature and Parks Authority |
Sofort ging ein Team mit Spürhunden auf die Suche nach dem vermeintlichen Giftköder, der zum Tod der Geier geführt hat. Außerdem wurde sicheres Futter in der Gegend ausgelegt, um weitere Geier vom Verzehr des Gifts abzulenken. Es wurde auch nach dem Nest der beiden Brutvögel geschaut, mit herzzerreißendem Ergebnis: Auch das winzige Küken war gestorben, nachdem es kontaminierten Aasbrei gefuttert hatte.
Toter Elterngeier mit totem Küken. © Ohad Hatzofe |
Toter Elterngeier mit totem Küken. © Ohad Hatzofe |
Die toten Geier wurden zur weiteren Untersuchung ins Veterinärinstitut des Landwirtschaftsministeriums in Beit Dagan gebracht. Erste Vermutungen deuten auf eine Vergiftung durch Medikamente hin, die in der Tiermedizin eingesetzt wurden.
Seit einigen Jahren wird viel Geld in den Geierschutz investiert und die Zahlen stiegen von 110 im Winter 2012 auf 184 im Winter 2020. Es gibt viele (Freiwilligen-)Teams, die Geiernester beschützen, teils Eier in Inkubatoren ausbrüten bzw. in Brutcentren geschlüpfte Junggeier auswildern und zusätzlich Farmern bei der geierfreundlichen Beseitigung von durch Medikamente kontaminierte Nutztierkadaver helfen. Aber dennoch bleibt die Existenz der Geier in Israel weiter bedroht. Vor allem weil geierschädliche Medikamente und Gift (für Köder gegen Raubtiere) weiterhin für jeden frei erhältlich ist und der Verkauf nicht kontrolliert wird.
Die Hiobsbotschaften gingen im März leider in die Verlängerung. Kurz nach dem Fund der toten Geierfamilie wurde ein weiterer toter Geier gefunden, der mit einem elektrischen Zaun kollidiert war.
Nur eine Woche später dann ein schreckliches Großereignis: In der Negev Wüste wurden die Kadaver von 8 Gänsegeier, 2 Schmutzgeiern, einem Milan und einer Krähe gefunden.
Toter Gänsegeier © Israel Nature and Parks Authority Toter Schmutzgeier © Israel Nature and Parks Authority Toter Gänsegeier © Israel Nature and Parks Authority
Auch in diesem Fall wurde das Verbrechen nur aufgedeckt, weil einige der Geier GPS-Sender trugen und plötzlich keine aktuellen Bewegungsdaten mehr lieferten. Ebenfalls ist hier Gift die Todesursache.
Traurige Opfer der neuesten Massenvergiftung © Israel Nature and Parks Authority |
Traurige Opfer der neuesten Massenvergiftung © Israel Nature and Parks Authority |
Es wurde sofort ein Suchtrupp losgeschickt, um eventuelle Küken aus den Nestern zu retten, da ein Elterngeier allein kein Küken großziehen kann. Ob Küken umgekommen sind, ist derzeit noch nicht bekannt. Das Ministerium für Umweltschutz kündigte die sofortige Bereitstellung weiterer 4 Mio. $ an, um den Geierschutz zu verstärken.
Bereits 2021 gab es einen ähnlich schlimmen Vorfall im Süden Israels, bei dem 14 Geier in Nahal Kina und Nahal Kamrir starben. Die Vergiftung war auf die illegale Verwendung von organischem Phosphor zurückzuführen, wahrscheinlich gegen streunende Hunde oder Schakale. Es wurden nämlich auch zwei tote Hunde in der Nähe gefunden.
Überreste vergifteter Gänsegeier in Nahal Kina. © Arie Rosenberg, Israel Nature and Parks Authority |
Vergifteter Gänsegeier in Nahal Kina. © Gal Margalit |
Vergifteter Gänsegeier in Nahal Kina. © Arie Rosenberg, Israel Nature and Parks Authority |
Vergifteter Gänsegeier in Nahal Kina. © Avichai Masliker |
Laut Ohad Hatzofe, einem bekannten Geierschützer, wurden im Jahr 2007 mindestens 15 Geier an verschiedenen Orten in Israel vergiftet. In den Jahren 2010-2020 wurden insgesamt 31 Geier vergiftet aufgefunden, darunter allein 8 tote Geier 2019 in den Golanhöhen… und nun dieser schreckliche Vorfall mit 14 weiteren Geiern in 2021. Allerdings sind das nur die Fälle, die Dank GPS-Sendern überhaupt erst aufgefallen sind. Die Dunkelziffer der Giftopfer dürfte wesentlich höher liegen.
Ging man Anfang des Jahres noch von ca. 190 verbliebenen Geiern in Israel aus, sind es nach den neuesten Ereignissen nur noch etwa 170. Damit rückt der Zeitpunkt immer näher, wenn Geier als Brutvögel aus Israel verschwinden.
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